Johann Sebastian Bach und die Oboe

"Stumme Seufzer, stille Klagen"

Johann Sebastian Bach, 1746 porträtiert von Elias Gottlob Haußmann, seit 2015 im Besitz des Bach-Archivs in Leipzig
Gefühl und Verstand: Johann Sebastian Bach © picture alliance /dpa / Bachhaus Eisenach
Gast: Saskia Fikentscher, Oboistin; Moderation: Ilona Hanning · 17.12.2017
Rund 200 Kantaten sind von Johann Sebastian Bach überliefert. Etwa ebenso oft bedachte er die Oboe in seinem Schaffen mit solistischen Aufgaben, besonders in der geistlichen Musik. Ein etwas anderer Blick auf das Werk des Thomaskantors.
Von allen Blasinstrumenten kommt die Oboe der menschlichen Stimme wohl am nächsten – vor allem dann, wenn es sich um die noble Klangfarbe der barocken Oboe handelt. Es kann jedenfalls kein Zufall sein, dass in Bachs zahlreichen Kantaten die Oboe eine besondere Rolle spielt. Vielleicht war dieses Instrument ja sogar eine Art "heimliche Liebe", für das er ganz anders komponierte als etwa für die Orgel oder andere Tasteninstrumente, die Bach selbst überragend beherrschte.
Es fällt jedenfalls auf, dass Bach – nach einer Untersuchung des Oboisten Bruce Haynes – nicht weniger als 216 Solo-Partien für Oboe komponiert hat. Grund genug, der Sache einmal genauer nachzugehen. Die Sendung konzentriert sich dabei auf zwei Arien, in denen die Oboe der menschlichen Stimme gleichwertig gegenüber gestellt wird: Zuerst "Stumme Seufzer, stille Klagen". Bach schrieb sie für seine Kantate "Mein Herze schwimmt im Blut" BWV 199, die 1714 in Weimar zum 11. Sonntag nach Trinitatis entstand. Danach geht es um die Arie "Ich habe genung" (oder, modernisiert ausgedrückt: "Ich habe genug") aus der gleichnamigen Kantate BWV 82, die Bach 1727 in Leipzig zum Fest Mariä Reinigung am 2. Februar komponierte und die somit am traditionellen Ende der Weihnachtszeit steht.

Melodie und Gefühl

Der Bach, der uns in diesen Werken begegnet, ist weder der spekulative Fugen-Erfinder der Klaviermusik noch der beschwingte Musikant der Solokonzerte. Hier ist ein Meister der Melodie, der enthüllten Emotion am Werk, dessen Eingebungen man jedoch keineswegs "gefühlig" gerecht werden kann. Vielmehr ist hier eine genaue Kenntnis rhetorischer, musikalischer und spieltechnischer Möglichkeiten erforderlich. Dafür steht unser Studiogast, die renommierte Barock-Oboistin und Blockflötistin Saskia Fikentscher, die das Bach-Spiel mit spezialisierten Ensembles wie der Musica Antiqua Köln ebenso pflegt wie in gemeinsamen Auftritten mit Solisten der Berliner Philharmoniker.