Jenseits von Wind und Sonne

Von Michael Engel |
Nicht nur Windräder und Solarplatten sind die Zukunft unserer Energieversorgung. Aussteller auf der Messe Hannover zeigen, wie man mit Brennstoffzellen im Taschenformat und sogar mit präparierten Parkettböden Strom erzeugt.
Die Zukunft gehört den regenerativen Energien. Diese Strategie wird von Forschern und Entwicklern auch jenseits von Windkraft, Wasser- und Solarenergie verfolgt. So präsentiert die Fraunhofer Gesellschaft ein Stück „energetische Autonomie“ in Form eines Akkuladegerätes, das allein durch Handwärme betrieben wird. Christina Tulli legt dazu einfach ihre Hand auf eine zehn mal zehn Zentimeter große Metallplatte und richtet ihren Blick auf ein Voltmessgerät.

„Wenn ich jetzt die Hand da drauflege, muss ich natürlich noch einen Moment warten, bis die Wärme aus der Hand auf die Metallplatte zum Sensor kommt. Und dann sieht man: Man erzeugt quasi einen ungefähren Wert von 250 Millivolt. Das ist dann für ein Handy zum Aufladen geeignet, wobei momentan der Wirkungsgrad da im Bereich eines Tages liegt, dass man das Handy in der Hand haben müsste, das man es aufladen könnte.“

Na ja – der Anfang ist gemacht. Aber auch „Millivolt-Mengen“ können sich rechnen, vor allem dann, wenn die Miniwerte millionenfach multipliziert werden. So hatte Steffen Rosshirt von der TU München die ungewöhnliche Idee, einen Parkettfußboden für die Stromerzeugung umzufunktionieren. Einen ähnlichen Versuch gab es schon mal in einer holländischen Disko – mechanisch mit Zahngestänge und Generator. Im Parkett der TU München befinden sich dagegen spezielle Folien, die bei jedem Schritt etwas deformiert werden.

„Und wenn diese Piezo-Folie durch Druck gestaucht wird, gibt es da eine Ladungstrennung, und dann kann man eben da den Strom abgreifen, um es mal ganz einfach zu sagen. Je fester man auf den Boden stampft, desto mehr Strom wird erzeugt. Der eine wiegt mehr, der andere wiegt weniger. Der eine hat mehr Wut im Bauch und stampft mehr auf, und der andere tänzelt mehr über das Parkett, erzeugt weniger Strom. Und deswegen können wir eben auch nur von Durchschnittswerten von einer Milliwattsekunde pro Schritt reden. Aber wir haben es zumindest geschafft, pro Schritt ein Licht zum Leuchten zu bekommen.“

Eine sportliche Familie mit drei „quietschfidelen“ Kindern wird mit dem Parkett höchstens ein Handy aufladen können, hat Steffen Rosshirt ausgerechnet. Aber im Eingangsbereich von Kaufhäusern, in Messehallen, Museen, Sportarenen, überdachten Einkaufszentren addieren sich Millionen von Schritte zu beachtlichen Energiemengen. Der entstehende Strom kann mit Kondensatoren gesammelt und gespeichert werden und zum Beispiel für die Beleuchtung sorgen. Die Weltneuheit ist noch nicht auf dem Markt. Mit der billigen Folientechnologie, so Steffen Rosshirt, könne es aber in absehbarer Zeit eine preiswerte Lösung für Jedermann geben

„Ich komme mir fast so vor wie bei der Entwicklung der ersten Solarmodule, die am Anfang total teuer sind und später kamen sie dann in jeden kleinen Taschenrechner, in Uhren und so weiter. Und ich glaube, an so einer Entwicklungsstufe befinden wir uns gerade. Gerade an der Schwelle, dass es kostengünstig für Jedermann eigentlich gemacht werden könnte.“

Ebenfalls noch nicht auf dem Markt ist eine Brennstoffzelle im Taschenformat. Sascha Kühn von „eZelleron“ denkt hier an den Freizeitbereich: Handys oder MP3-Player draußen – ohne Stromanschluss in der Nähe – aufzuladen. In einer Brennstoffzellen reagieren energiereiche Gase wie zum Beispiel Wasserstoff mit Sauerstoff. Dabei entsteht allerdings keine Flamme. Das Ganze bleibt kalt. Reaktionsenergie wird nur in Form von elektrischer Energie freigesetzt. So entwickelte das 20-Mann-Unternehmen aus Dresden eine handliche Brennstoffzelle, die mit einem ganz normalen Gasfeuerzeug betrieben wird. Auch hier keine Flamme. Das Feuerzeug dient lediglich als Gaskartusche: Klappe auf, Feuerzeug rein – und dann kann es auch schon losgehen.

„Das Feuerzeug ist die chemische Energie, die in der Brennstoffzelle bereit gestellt wird. Es ist ein sehr effektiver Speicher im Gegensatz zu Wasserstoff oder Methanol-Kartuschen und kann so im Gesamtsystem natürlich auch eine sehr viel höhere Energiedichte erreichen als man das mit klassischen Akkus könnte. Man legt das Feuerzeug ein. Die Schublade schließt sich, und innen wird das Feuerzeuggas abgegriffen – automatisch – und dann weiter geführt an die Brennstoffzelle.“

Es gibt zwei USB-Stecker für den Stromanschluss. Mit dem Gasinhalt eines Feuerzeugs lassen sich Handys 15 bis 20 Mal laden. Milli statt Giga: Viele Unternehmen erkennen, dass auch ungewöhnliche Konzepte wie Strom erzeugende Parkettböden oder Brennstoffzellen in der Summe zur Energieversorgung beitragen können. Nur: Wind, Sonne, Wasserkraft und Bioenergie bleiben nach wie vor die tragenden Säulen der regenerativen Energie und Hoffnungsträger, dass wir eines Tages vielleicht ohne Kohle, Öl oder Uran auskommen können.