Jenseits von Mittelerde
Schauplatz des Buchs "Die Dämonen" ist das Land Orison mit düsteren Trutzburgen und verwunschenen Wäldern. Zwei Schattenwesen nehmen Menschengestalt an, nähren ihre Kraft von den Ängsten und Albträumen der Bewohner und treiben ihr Unwesen. Tobias O. Meißner ist ein unkonventioneller Fantasy-Roman gelungen.
Tobias O. Meißner legt sich nicht fest. Nach seinem Debüt "Starfish Rules" aus dem Jahre 1997 veröffentlichte er unter anderem den politischen Thriller "Todestag", das Cyberpunk-Abenteuer "Neverwake" und die ersten beiden Bände einer monumentalen Neubearbeitung des "Hiob"-Stoffes.
Die einzige Konstante in seiner unübersichtlichen Veröffentlichungsliste ist das Genre der Fantasy-Literatur, und auch sein neuer Roman "Die Dämonen" gehört dazu. Schauplatz ist ein fernes Land namens Orison mit düsteren Trutzburgen und verwunschenen Wäldern.
Bis auf gelegentliche Einfälle "hornbewehrter" Nomaden aus dem Norden haben die Einwohner dieses archaischen Landstrichs nichts zu befürchten. Doch eines Tages wird Orison zum Gegenstand eines wahrhaft monströsen Experiments. Nach ihrer Flucht aus dem finsteren "Dämonenschlund" schlüpfen zwei Schattenwesen namens Gäus und Irathindur in die Körper des Königs und einer Fürstin, um sich in Gestalt der Mächtigen dem "köstlichen Spaß" der menschlichen Existenz hinzugeben.
Zunächst vergnügen sie sich auf eher harmlose Art und Weise, mit absurden politischen Reformen und wilden Orgien. Bald müssen die Dämonen allerdings erkennen, dass die begrenzte Menge der "Lebenskraft", die sie in Orison aus den Albträumen und Ängsten der Menschen gewinnen, nur für einen von ihnen beiden reicht. Und damit beginnt ein grausamer, "alles entscheidender Kampf".
Diese Spielart der phantastischen Literatur mit ihrer Mischung aus schwarzer Magie und mittelalterlichen Kulissen wurde bis vor kurzem vor allem von verträumten Teenagern und spät pubertierenden Mittelalter-Freaks gelesen. Mittlerweile hat das Genre auch den Mainstream erreicht. Der Erfolg der Harry-Potter-Romane hat dazu geführt, dass die Nachfrage nach Fantasy sprunghaft angestiegen ist – und potentielle Bestseller wie Christopher Paolinis "Eragon"-Saga in Startauflagen von über einer halben Million Exemplaren an den deutschen Buchhandel ausgeliefert werden.
Literarisch gesehen hat sich durch den Boom jedoch bemerkenswert wenig getan. Jenseits der familienfreundlichen "all-age"-Literatur von Joanne K. Rowling oder Cornelia Funke wird der Markt weiterhin von den altbewährten Epen in der Tradition Tolkiens beherrscht, mit streitlustigen Zwergen, sanftmütigen Elben und blutrünstigen Orks.
Das ist vielleicht das Interessanteste an den "Dämonen": Tobias O. Meißner hat sich gegen das dominierende ausufernde Format entschieden und legt trotz eines Umfangs von gut 400 Seiten mit seinem neuen Roman eine schlank erzählte Parabel vor. Der Streit seiner Protagonisten um die Ressource "Lebenskraft" mündet schnell in einem "alles zermalmenden, endlosen Krieg", der das friedliche Orison in ein einziges Schlachtfeld verwandelt. Irinthindur und Gäus, die doch eigentlich zu Menschen werden wollten, gelangen angesichts der Gewalt und der Zerstörung zu der Einsicht, dass sie dem Schicksal ihrer "dämonischen Natur" wohl niemals entkommen werden.
Damit ist Tobias O. Meißner nicht nur ein unkonventioneller Fantasy-Roman gelungen, sondern auch die Neubearbeitung eines klassischen Motivs: "Nach dem Gesetz, wonach du angetreten / So musst du sein, dir kannst du nicht entfliehen", schrieb Goethe vor 200 Jahren in einem Gedicht über den "Daimon".
Rezensiert von Kolja Mensing
Tobias O. Meißner: "Die Dämonen"
Piper Taschenbuch, München 2008
459 Seiten, 14,90 Euro
Die einzige Konstante in seiner unübersichtlichen Veröffentlichungsliste ist das Genre der Fantasy-Literatur, und auch sein neuer Roman "Die Dämonen" gehört dazu. Schauplatz ist ein fernes Land namens Orison mit düsteren Trutzburgen und verwunschenen Wäldern.
Bis auf gelegentliche Einfälle "hornbewehrter" Nomaden aus dem Norden haben die Einwohner dieses archaischen Landstrichs nichts zu befürchten. Doch eines Tages wird Orison zum Gegenstand eines wahrhaft monströsen Experiments. Nach ihrer Flucht aus dem finsteren "Dämonenschlund" schlüpfen zwei Schattenwesen namens Gäus und Irathindur in die Körper des Königs und einer Fürstin, um sich in Gestalt der Mächtigen dem "köstlichen Spaß" der menschlichen Existenz hinzugeben.
Zunächst vergnügen sie sich auf eher harmlose Art und Weise, mit absurden politischen Reformen und wilden Orgien. Bald müssen die Dämonen allerdings erkennen, dass die begrenzte Menge der "Lebenskraft", die sie in Orison aus den Albträumen und Ängsten der Menschen gewinnen, nur für einen von ihnen beiden reicht. Und damit beginnt ein grausamer, "alles entscheidender Kampf".
Diese Spielart der phantastischen Literatur mit ihrer Mischung aus schwarzer Magie und mittelalterlichen Kulissen wurde bis vor kurzem vor allem von verträumten Teenagern und spät pubertierenden Mittelalter-Freaks gelesen. Mittlerweile hat das Genre auch den Mainstream erreicht. Der Erfolg der Harry-Potter-Romane hat dazu geführt, dass die Nachfrage nach Fantasy sprunghaft angestiegen ist – und potentielle Bestseller wie Christopher Paolinis "Eragon"-Saga in Startauflagen von über einer halben Million Exemplaren an den deutschen Buchhandel ausgeliefert werden.
Literarisch gesehen hat sich durch den Boom jedoch bemerkenswert wenig getan. Jenseits der familienfreundlichen "all-age"-Literatur von Joanne K. Rowling oder Cornelia Funke wird der Markt weiterhin von den altbewährten Epen in der Tradition Tolkiens beherrscht, mit streitlustigen Zwergen, sanftmütigen Elben und blutrünstigen Orks.
Das ist vielleicht das Interessanteste an den "Dämonen": Tobias O. Meißner hat sich gegen das dominierende ausufernde Format entschieden und legt trotz eines Umfangs von gut 400 Seiten mit seinem neuen Roman eine schlank erzählte Parabel vor. Der Streit seiner Protagonisten um die Ressource "Lebenskraft" mündet schnell in einem "alles zermalmenden, endlosen Krieg", der das friedliche Orison in ein einziges Schlachtfeld verwandelt. Irinthindur und Gäus, die doch eigentlich zu Menschen werden wollten, gelangen angesichts der Gewalt und der Zerstörung zu der Einsicht, dass sie dem Schicksal ihrer "dämonischen Natur" wohl niemals entkommen werden.
Damit ist Tobias O. Meißner nicht nur ein unkonventioneller Fantasy-Roman gelungen, sondern auch die Neubearbeitung eines klassischen Motivs: "Nach dem Gesetz, wonach du angetreten / So musst du sein, dir kannst du nicht entfliehen", schrieb Goethe vor 200 Jahren in einem Gedicht über den "Daimon".
Rezensiert von Kolja Mensing
Tobias O. Meißner: "Die Dämonen"
Piper Taschenbuch, München 2008
459 Seiten, 14,90 Euro