Jenseits des Dudelfunks

Von Christian Schmitt |
In Sachsen und Sachsen-Anhalt hat der Dudelfunk der Privatradios eine Vormachtstellung. Einzig der Uni-Sender „Mephisto 97,6“ aus Leipzig sticht aus dem Einheitsbrei hervor. Das einzige Lokalradio einer Uni mit eigener Sendelizenz bietet ein Programm mit Anspruch, mit Hintergrundberichten und aktuellen Informationen aus dem Stadtgeschehen, und das seit nunmehr zehn Jahren.
„31. Mai, 18 Uhr. Hier ist mephisto 97.6. Ab heute sind wir täglich zu hören, von 10 bis 12 Uhr und von 18 bis 20 Uhr.“

Das waren die aller ersten Worte, vor zehn Jahren. Mit dieser Anmoderation begann in Leipzig der Sendebetrieb des ersten terrestrisch ausgestrahlten Universitäts-, Ausbildungs-, und Lokalradios. Seitdem hat sich Mephisto 97,6 zu Deutschlands erfolgreichstem Lokalradio einer Universität entwickelt. Vier Stunden am Tag wird live und direkt aus dem Studio mitten in der Stadt gesendet.

Nur die Programmdirektion und zwei Techniker sind Pofis, inhaltlich wird das gesamte Programm allein von Studenten auf die Beine gestellt.

Der selbst gesetzte Anspruch ist hoch. Informativ und unterhaltend soll das Programm sein, das einen beachtlichen Wortanteil von 40% hat. Im Morgenmagazin „Faustschlag“ werden lokale Themen präsentiert. Ein Kommentar zum Kneipenfestival, oder ein kritisches Feature zum Leipziger Quelle Versandzentrum. Das Magazin ist Spielwiese für Macher und Hörer. Die Stunde ab 18 Uhr ist für aktuelle Informationen aus Leipzig reserviert.

Die Anglistik-Studentin Uta Stamm ist in diesem Semester Chefredakteurin des Senders. Sie gibt einen Teil des Erfolgsrezeptes preis.

„Wir haben sehr viele Redakteure, die Beiträge schreiben, recherchieren, die also für dieses Programm wirklich sehr hart arbeiten. Inhaltlich sind es alle Themen, Politik, Wirtschaft, Kultur, Literaturrezensionen, Kino, Theater. Also alles, was man sich so vorstellen kann und wir legen eben Wert darauf, dass man auch tatsächlich diesen hohen Wortanteil einhält.“

Dieser hohe Anspruch ans Programm bedeutet für viele der freiwilligen Mitarbeiter, dass die Uni hinten ansteht. 150 Köpfe zählt die Redaktion. Ein Mephisto-Reporter hat nicht selten einen 14-Stunden Arbeitstag, der dem professionellen Redaktionsalltag in nichts nachsteht. Und das ohne einen Cent Lohn. Zeitdruck, Stress und Seminarausfälle, all das kann die angehenden Journalisten aber nicht davon abhalten, sich für den Sender zu engagieren.

Der Sender hat sich in der Medienwelt weit über Leipzig hinaus einen Namen gemacht. In den 10 Lebensjahren des Senders gab es 55 Chefredakteure, 100 Moderatoren, 200 Ressortleiter und mehr als eintausend Reporter.

Die Mehrzahl ist mittlerweile bei renommierten Medienunternehmen untergekommen. Denn bei Mephisto können Studenten aller Fachrichtungen ihre journalistische Kompetenz stärken. Es gibt keine besseren Möglichkeiten, das Radiomachen so praxisnah zu lernen.

Der Ausbildungsgedanke wurde nun noch um eine Dimension erweitert. Seit diesem Jahr können Leipziger Journalistik-Studenten ein Redaktions-Volontariat absolvieren, eine Ausbildung zum Hörfunkredakteur.

Um Erfahrungen in der Medienpraxis zu sammeln, ist Mephisto 97.6 der ideale Betrieb, findet auch Ressortleiter Johannes Schiller:

„Der Vorteil von Mephisto ist, dass der Sender vergleichsweise klein ist, es gibt flache Hierarchien. Das heißt, wenn man eine eigene Idee hat, kann man sich hier sehr schnell selbst verwirklichen, kann eigene Projekte auf die Beine stellen, kann sich einfach mal ausprobieren und gucken, wie weit man gehen kann. Man kann auch einfach mal richtig kreativ sein, das ist der große Vorteil von Mephisto.“

Und der Studentensender braucht sich tatsächlich nicht zu verstecken. Über 30.000 Hörer schalten täglich ein. Grund dafür dürften nicht zuletzt die Sondersendungen sein. Highlight in diesem Jahr war eine zweistündige Live-Schaltung aus dem Rathaus zur Leipziger Bürgermeisterwahl. Der mehrfach mit Preisen ausgezeichnete Sender sticht hervor im radiophonen Leipziger Einheitsbrei. Private Formatradios haben die Vormachtstellung, lokale Informationen sind da eher lästige Begleiter.

Mephisto-Programmdirektor Prof. Rüdiger Steinmetz streicht die journalistische Qualität seines Uni-Senders heraus:

„Mephisto setzt sich ab von den anderen Radios dadurch, dass es mit sehr hohem Personalaufwand bestimmte Programminhalte füllt. Also Nachrichten hintergründig recherchieren kann, O-Töne einbauen kann in den Nachrichten; Magazinsendungen bestreiten kann mit sehr vielfältigen Themen, direkt am Abend informieren kann über das lokale Geschehen in der Stadt.“

Und das wird in diesen Tagen gefeiert. Mit 10 Jahren ist es das älteste, das größte, und das einzige Lokalradio einer Uni mit eigener Sendelizenz. Als Geburtstagsgeschenk lassen es sich die Nachrichten-Profis aus der Rundfunkwelt nicht nehmen, selbst die Lokalnachrichten für Leipzig zu sprechen:

Gundula Gause: „Nachrichten mit Gundula Gause, die Themen...“

Die Chance ist groß, dass Gundula Gause bald einen ehemaligen Mephisto-Redakteur im Kollegenkreis hat.