Jazzfest Berlin

01.11.2012
"Jazz is a Spirit" ist die Kernformel, nach der Bert Noglik, neuer Künstlerischer Leiter des Jazzfest Berlin, seine Programmauswahl getroffen hat. Drei Projekte, die speziell für das Festival entstehen oder im Haus der Berliner Festspiele ihre deutsche Premiere erleben, reflektieren Jazz und Gesellschaft. Remembering Jutta Hipp ist eine Widmung an die herausragende deutsche Jazzpianistin der fünfziger Jahre.
Remembering Jutta Hipp
Die Pianistin Jutta Hipp (1925-2003) schrieb ein ungewöhnliches Kapitel in den Annalen deutsch-amerikanischer Musikgeschichte. Schon als Kunst-Studentin während der Nazi-Zeit jammte sie in Leipzig heimlich mit befreundeten Jazzern, gleich nach Kriegsende zog sie zuerst nach München und dann nach Frankfurt und galt Anfang der fünfziger Jahre als wichtigste Instanz auf dem deutschen Jazzpiano. 1955 zog sie nach New York, arbeitete dort mit Charles Mingus und Zoot Sims und spielte als erste Europäerin Schallplatten für Blue Note ein.

Doch die von ständigem Lampenfieber geplagte Pianistin hielt dem permanenten Erfolgsdruck nicht Stand. Unfähig, ihren Lebensunterhalt mit ihrer Musik zu bestreiten entsagte sie Ende der Fünfziger der Musik um sich wieder ihrer ersten Liebe, der Malerei, zuzuwenden. Ihren Lebensunterhalt verdiente sie seitdem als Arbeiterin in einer Textilfabrik – das Piano rührte sie zeitlebens nicht mehr an und ihr musikalisches Talent geriet in Vergessenheit.
Mit Julia Hülsmann und Rolf Kühn erinnern zwei Vertreter verschiedener Epochen des deutschen Jazz an die große, zu Unrecht in Vergessenheit geratene Jutta Hipp. Das New Yorker Saxofon-Schwergewicht Joe Lovano steuert die amerikanische Perspektive bei.

Geri Allen & Timeline
Ohne Mary Lou Williams (1910-1981) wäre der Jazz vermutlich nicht das, was er heute ist. Sie öffnete nicht nur die bis dahin überaus maskulin geprägte Jazzszene für weibliche Instrumentalisten, sondern entwickelte sich musikalisch auch selbst kontinuierlich weiter.

Für die Pianistin Geri Allen ist diese Spielhaltung zum Vermächtnis geworden. In Robert Altmans Kansas City schlüpfte sie sogar in die Rolle der Mary Lou Williams. Wie viel sie ihrer Vorläuferin zu verdanken hat, und was uns das lehren kann, veranschaulicht die Jazz-Professorin Geri Allen mit ihrem hochkarätig besetzten Trio.
berlinerfestspiele.de



Jazzfest Berlin 2012
Live aus dem Haus der Berliner Festspiele

"Remembering Jutta Hipp"
Julia Hülsmann, Piano
Rolf Kühn, Klarinette
Joe Lovano, Tenorsaxofon
Greg Cohen, Bass
Christian Lillinger, Schlagzeug

"Timeline"
Geri Allen, Piano
Kenny Davis, Bass
Kassa Overall, Schlagzeug
Maurice Chestnut, Tap Dance

Moderation: Lothar Jänichen

ca. 21:15 Uhr Konzertpause mit Nachrichten