Japanischer Animationsfilm "Your name. Gestern, heute und für immer"

Postmodernes Märchen mit Körpertausch

Dinah Zank im Gespräch mit Gesa Ufer · 11.01.2018
Ein Mädchen und ein Junge tauschen in dem japanischen Animationsfilm "Your name" ihre Körper – zunächst ohne davon zu wissen. Alles beginnt mit dem Traum von einem anderen Leben. Die Japanologin Dinah Zank erklärt, warum er nicht nur etwas für Anime-Fans ist.
Die gelangweilte Oberschülerin Mitsuha, die in den Bergen bei ihrer Großmutter lebt, träumt davon, als Junge in Tokio zu leben. Der hübsche Taki, der ein aufregendes Leben in Tokio führt, wünscht sich umgekehrt, möchte ein Mädchen in den Bergen sein.
In Japan ist "Your name. Gestern, heute und für immer" von Makoto Shinkai der erfolgreichste Animationsfilm der Kinogeschichte. Er ist auch in China ein Kassenschlager. Auch die Berliner Japanologin Dinah Zank ist begeistert:
"Mich hat der Film total mitgerissen. Er kommt im ersten Moment ganz unschuldig daher und entwickelt dann eine unheimliche Tiefe und sehr viel, was einen zum Nachdenken bringt. Das ist fantastisch."

Was darf ein Junge, was ein Mädchen

Was die beiden Teenager verbindet, ist die Suche nach ihrer Identität und der Sprung von der Schule in den Beruf. Als sich ihre Leben zu überlappen beginnen, begreifen sie erst allmählich, wie ihnen geschieht. Nach und nach beginnen sie daran Gefallen zu finden, wenn sie gerade wieder im anderen Körper angekommen sind und sich via Handy Nachrichten schreiben. Durch den Perspektivwechsel profitieren beide in ihrer Persönlichkeitsentwicklung, sagt Dinah Zank:
"Es ist natürlich eine Gender-Thematik, die hier angesprochen wird. Was darf ein Junge, was darf ein Mädchen und welche Auswirkungen hat das auf die eigene Art zu leben. (...) Mitsuha lernt durch Taki, sich in ihrem Körper zu emanzipieren von den Strukturen in ihrer Welt."

Auch Fukushima spielt eine Rolle

Darüber hinaus streift der Film auch wissenschaftliche Themen wie die Quantenphysik, die Meteorologie, einen Meteoriteneinschlag oder das Phänomen der asynchronen Zeit. Auch die Katastrophe von Fukushima spielt eine Rolle:
"Das alles wird verpackt in eine Art postmodernes Märchen – verknüpft mit der japanischen Mythologie, so dass der Zuschauer in Europa oder der junge japanische Zuschauer wieder einen viel stärkeren Bezug bekommen kann zwischen den wissenschaftlichen Phänomenen und der alten schamanistischen Religion und Tradition in dem Land."

Nicht nur für Anime-Fans

"Your name" sei sowohl für sehr junge Zuschauer wie auch für Erwachsene geeignet, sagt Dinah Zank, und empfiehlt ihn uneingeschränkt:
"Der Film ist eine sehr große Produktion. Er wirkt sehr real, er ist sehr fotorealistisch. Man merkt nach einer ganzen Weile gar nicht mehr, dass das ein Anime ist. Ich denke, das ist ein Marketingproblem bei uns, dass das immer in diese Schiene Zeichentrickfilm geschoben wird. Aber es ist ein sehr ernsthafter, sehr tiefgehender Film, der sehr existenzielle Thematiken und alle Schichten anspricht. Definitiv nicht nur etwas für Anime-Fans!"
Allerdings kommt das Meisterwerk nur für zwei Tage in Deutschland ins Kino: heute und am Sonntag.
(cosa)
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