Jan Schweitzer: "Fragen Sie weder Arzt noch Apotheker"

Arztbesuche mit unerwünschten Nebenwirkungen

Eine Frau niest in ein Taschentuch.
Nicht bei jedem Zipperlein gleich in die nächste Arztpraxis laufen, rät Medizin-Journalist Jan Schweitzer. © imago stock&people
Jan Schweitzer im Gespräch mit Axel Rahmlow und Julius Stucke · 12.04.2017
Erkältung, Rückenschmerzen, Magendrücken? Nicht gleich zum Arzt rennen, rät Medizin-Journalist Jan Schweitzer - vieles renke sich mit Geduld und dem richtigen Schmerzmittel von selbst wieder ein. Der Besuch in der Arztpraxis dagegen setze oft eine nicht gewollte Maschinerie mit Nebenwirkungen in Gang.
Sind wir erkältet, schlucken wir ein Antibiotikum – auch wenn das bei Viruserkrankungen zunächst gar nichts bringt. Bei einem Bandscheibenvorfall lassen wir uns vorschnell operieren, weil der Orthopäde dazu rät. Und um Krebs fernzuhalten, gehen wir regelmäßig zur Vorsorge. Wir tun viel, um gesund zu werden oder zu bleiben, rennen zum Arzt oder in die Apotheke. Aber ist das auch richtig? Nein, meint der Medizin-Journalist Jan Schweitzer, oft sei es besser, nichts zu tun. Denn Studien belegen, dass rund 20 Prozent der Ärzte Fehldiagnosen stellen.

Wenig schmeichelhafter Blick

Schweitzer ist approbierter Arzt. Gemeinsam mit seiner Frau, ebenfalls Ärztin, jetzt Journalistin, hat er ein Buch geschrieben: "Fragen Sie weder Arzt noch Apotheker". Es ist ein wenig schmeichelhafte Abrechnung mit Medizinern, die bei Rückschmerz-Patienten per Röntgenbild sofort dramatische Abnutzungserscheinungen diagnostizieren – und dann "die große Spritze hervorholen – und einem irgendwas – manche haben dann ja auch so einen richtigen Cocktail für sich selber entwickelt – in die Rückmuskulatur jagen. Und wenn man Pech hat, dann landen sie nicht da, wo sie landen sollten."
Fast alle Behandlungsmethoden hätten potenzielle Nebenwirkungen – man müsse sich genau überlegen, ob man die unbedingt in Kauf nehmen wolle. Oder ob man etwa Rückenschmerzen zunächst nicht besser selbst mit gezielten Schmerzmitteln und normaler Bewegung begegnen wolle. In der Regel seien die Beschwerden nach spätestens sechs Wochen verschwunden.

Schwerkranke sollten selbstverständlich zum Arzt gehen

Schweitzer sagte weiter, chronisch und Schwerkranke seien von seinem Rat, lieber einen Bogen um Arztpraxen zu machen, selbstverständlich ausgenommen. Das gelte auch für Kranke, deren Symptome sich nicht besserten, sondern verschlimmerten oder die hohes Fieber hätten, das trotz der Medikamente aus der Hausapotheke nicht sinke.
Und: "Wer sich große Sorgen macht, der sollte natürlich auch zum Arzt gehen. Wir wollen mit unserem Buch erreichen, dass die Leute sich zumindest vorher mal Gedanken darüber machen, ob sie jetzt wirklich zum Arzt gehen sollten."

Jan Schweitzer, Ragnhild Schweitzer: "Fragen Sie weder Arzt noch Apotheker"
KiWi-Paperback, Köln 2017
272 Seiten, 14,99 Euro

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