Jan Assmann

Faszination altes Ägypten

Der Heidelberger Ägyptologe, Religions- und Kulturwissenschaftler Jan Assmann.
Der Ägyptologe, Religions- und Kulturwissenschaftler Jan Assmann. © imago / Leemage
Jan Assmann im Gespräch mit Susanne Führer · 14.11.2016
Seit vielen Jahrzehnten ist Jan Assmann in der Götterwelt Altägyptens zu Hause. Doch er arbeitet auch in vielen anderen Disziplinen: etwa als Kulturtheoretiker und Religionswissenschaftler. Einige seiner Bücher beschäftigen sich mit dem Zusammenhang zwischen Religion und Gewalt.
Als Kind buddelte er in den Trümmern der zerstörten Stadt Lübeck erste archäologische Fundstücke aus. Aus dem Spiel wurde eine Berufung: Er wurde Archäologe, lernte ägyptische Hieroglyphen sowie zwei altägyptische Sprachen. Bei seiner ersten Ägyptenreise wurde er Zeuge der letzten Nilüberschwemmung, bevor der Staudamm von Assuan in Betrieb genommen wurde.
"Ich hatte das große Glück, die letzten Nilüberschwemmungen mitzuerleben. Es ist unglaublich, wenn das ganze Niltal ein See ist, zwischen Wüste und Wüste ein See, das heißt zwischen Licht und Licht noch mehr Licht, der Himmel auf Erden. In diesem See schwimmen dann Inseln, die Dörfer, die Tempel, das war unbeschreiblich."

"Raffi schloss einem die Gräber auf, einfach so"

Sehr gerne erinnert er sich auch an seine ersten Besuche der Gräber im Tal der Könige bei Luxor:
"Damals war das eben wunderbar, man holte sich den Schlüsselbund im Büro des Inspektors, ging in die Wüste, rief 'Raffi!' und dann kam dieser Raffi, der Wächter und schloss einem die Gräber auf, einfach so. Das ist heute völlig undenkbar. Heute müssen Sie einen Antrag stellen in 13-facher Ausfertigung und zwar immer nur für ein Grab. Damals habe ich Hunderte von Gräbern gesehen, habe Hunderte von Texten abgeschrieben und habe da wirklich - sagen wir es mal pathetisch -Entdeckungen gemacht, die heute noch meine Arbeit bestimmen."
Seit 50 Jahren ist Jan Assmann nun von der polytheistischen Götterwelt Altägyptens umgeben. Kürzlich erhielt er den Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa.

Frage nach der Entstehenung des Monotheismus

In den letzten Jahren galt seine besondere Aufmerksamkeit dem Alten Testament und der Figur des Mose, der die Israeliten aus Ägypten führte. Ihn beschäftigt die Frage nach der Entstehung des Monotheismus sowie dem Zusammenhang zwischen Gewaltbereitschaft und dem Absolutheitsanspruch einer Religion, die sich auf nur einen Gott bezieht. Ein heikles Thema wie er erfahren musste. Den Antisemitismusvorwurf, mit dem er sich zwischenzeitlich konfrontiert sah, konnte entkräften.
"Ich habe unterschieden zwischen Notwendigkeit und Möglichkeit und habe gesagt, dieses Anhaften ist eine Potenzialität, das kann in Gewalt umschlagen. Es ist gewissermaßen ein schlummerndes Dynamit und mir ging es immer drum, das zu entschärfen. Und ich wollte es in keiner Weise betonen, sondern ich wollte es isolieren und historisieren und in einer bestimmten historischen Situation verankern, in der man es dann getrost auch ad acta legen kann."
Zwei seiner Bücher widmen sich diesem Thema: "Exodus - Die Revolution der alten Welt" und "Totale Religion".
Jan Assmann
Der Ägyptologe Jan Assmann ist zu Gast im Deutschlandradio Kultur.© Deutschlandradio / Jana Demnitz
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