Soundtrack für den Bond-Film "Dr. No"

Geburt einer musikalischen Erfolgsformel

06:26 Minuten
Ein gemaltes Plakat zum ersten James-Bond-Film "Dr. No" mit Sean Connery in der Hauptrolle und Ursula Andress als Bond-Girl
"Dr. No" war der erste James-Bond-Film und kam am 5. Oktober 1962 in die Kinos. © imago images
Von Vincent Neumann · 05.10.2022
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James Bond war cool, männlich und überhaupt großartig, doch wie sollte er klingen? Der Komponist John Barry erfand den Sound für den ersten Film „Dr. No“ und machte die Musik damit zu einem elementaren Bestandteil des Erfolgsrezepts der Serie.
Cool, kaltblütig, entschlossen – schon nach wenigen Tönen war klar, mit wem man es zu tun hatte. Noch bevor James Bond tatsächlich das erste Mal auf der Leinwand zu sehen war, verrieten es die schreienden Bläser, die knarzige Gitarre, der lässige Groove: Mit diesem Mann ist nicht zu spaßen. Ein britischer Geheimagent mit der Lizenz zum Töten, der im Auftrag ihrer Majestät die Welt retten soll, musikalisch untermalt mit Monty Normans Komposition „Dr. No – Gun Barrel“.

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Doch was wäre gewesen, wenn das erste 007-Leinwand-Abenteuer stattdessen anders angefangen hätte? Etwa mit einem leicht verträumten Mambo oder einer ruhigen instrumentalen Variante von „Under The Mango Tree“? Das waren durchaus ernst gemeinte Vorschläge des mit der Musik beauftragten britischen Komponisten Monty Norman, als die Produzenten von ihm ein echtes Titelthema für den Film, beziehungsweise für die ganze geplante Filmreihe, verlangten.

Verworfene Varianten mit Karibik-Flair

Die Dimensionen, die dieses Projekt hatte, waren ihm aber offensichtlich nicht bewusst; ihm war das lokale Karibik-Flair – der Film spielte ja auf Jamaika – wichtiger als ein angemessenes Thema für die Hauptfigur. Darüber hinaus fehlte es ihm schlicht und einfach an Zeit und Inspiration.
Letztendlich einigte man sich dann auf ein anderes Stück, dass er bereits ein Jahr zuvor für ein unveröffentlichtes Musical geschrieben hatte. Doch auch da war noch eine Menge Arbeit nötig, um aus ein paar gefälligen, aber wenig dynamischen Melodie-Schnipseln ein wiedererkennbares Titelthema zu machen, in dem all das mitschwang, was die Figur des charismatischen Geheimagenten und Frauenhelden ausmachen sollte.
In der Not wandte man sich deshalb an den damals erst 28-jährigen John Barry. In seiner britischen Heimat hatte er schon seit einigen Jahren mit seiner Instrumental-Band „The John Barry Seven“ sehr erfolgreich Rock’n’Roll-, Jazz- und filmmusikalische Elemente vereint. Mit dem Arrangement des „James Bond Themas“ lieferte er nun sein Meisterstück ab.
Seine Instrumentierung, die Dynamik, dieser typische Barry-Sound hob die Musik auf ein anderes Level und machte sie zu einem elementaren Bestandteil des James Bond-Erfolgsrezepts – was auch den Produzenten schnell klar wurde: Denn statt wie ursprünglich geplant nur im Vorspann tauchte das Thema auch im weiteren Verlauf des Films immer wieder auf.

Beförderung zum Filmkomponisten

Für John Barry selbst war die Arbeit am James Bond-Thema – zumindest aus finanzieller Sicht – erst einmal kein großer Erfolg. Er wurde mit einem moderaten Honorar abgespeist. Die üppigen Tantiemen flossen in den folgenden Jahrzehnten trotz mehrerer Rechtsstreitigkeiten an den offiziellen Urheber des Stücks, an Monty Norman.
Doch John Barry hatte das perfekte Bewerbungsschreiben abgeliefert: Schon ein Jahr später durfte er bei „Liebesgrüße aus Moskau“ den kompletten Soundtrack übernehmen.

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Zehn weitere James Bond-Abenteuer folgten, in denen Barry – mittlerweile ein angesehener Hollywood-Komponist – ein nahezu perfektes System schuf aus dem berühmten Thema, einem neuen, radiotauglichen Song und einem Orchester-Score, in dem immer wieder Elemente aus Thema und Song auf unterschiedlichste Art und Weise verarbeitet wurden. Ein Erfolgsrezept mit hohem Wiedererkennungswert, an das sich die musikalischen Erben von John Barry bis heute halten.

Das meistzitierte Motiv der Filmmusikgeschichte

Auch wenn sich einige Teile der erfolgreichen Bond-Formel erst in den folgenden Filmen entwickelt oder verfestigt haben: Am 5. Oktober 1962 fiel nicht nur – in diesem Fall sogar im wahrsten Sinne des Wortes – der Startschuss für eine der erfolgreichsten und langlebigsten Filmreihen aller Zeiten, es war auch die Geburtsstunde des vielleicht bekanntesten und meistzitierten Motivs der Filmmusikgeschichte.
Den stilistischen Verirrungen, den inhaltlichen Tiefschlägen einiger Filme hat es erfolgreich getrotzt. Und so hat das James Bond-Thema – egal in welchem Kontext – auch 60 Jahre nach seiner offiziellen Premiere nichts von seiner Faszination verloren.
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