Jährlich 76 Millionen Menschen mehr
Der Demograph Rainer Münz und der Politikwissenschaftler Albert F. Reiterer legen sowohl Ursachen als auch die Folgen des Wachstums der Erdbevölkerung dar. Derzeit sind es 6,6 Milliarden, im Jahr 2050 werden es neun Milliarden sein.
Die interdisziplinäre, allgemeinverständliche Studie gliedert sich in zehn Kapitel und umfasst rund 300 Seiten. Ein Glossar und eine umfangreiche Tabelle über die Weltbevölkerung mit detaillierten Zahlen aus fast allen Ländern der Erde etwa zur Dichte der Bevölkerung und deren Lebenserwartung, zur Kinderzahl pro Frau und zur Kindersterblichkeit runden den gut lesbaren Band ab.
Zunächst zeichnen die Wissenschaftler die Entwicklung der Erdbevölkerung von der Urgeschichte bis zum Jahr 2050 nach. Derzeit wächst die Zahl der Menschen jährlich um etwa 76 Millionen. Rund 95 Prozent davon leben in Entwicklungs- und Schwellenländern. Auch in 40 Jahren wächst die Weltbevölkerung weiterhin, doch ist dann immerhin mit einer Verlangsamung des Wachstums zu rechnen.
In weiteren Kapiteln gehen die Autoren auf bevölkerungsabhängige Themen wie Mobilität und Urbanisierung ein; sie betrachten die Einflüsse von Bevölkerungspolitik und Familienplanung auf kommende Entwicklungen und widmen sich den Faktoren Gesundheit, Krankheit und Tod, die heute in Europa, aber auch weltweit anders zur Geltung kommen wie etwa noch vor zweihundert Jahren.
Beispiel 1: In Deutschland gab es bis ins 19. Jahrhundert hinein kein "Sterben vor der Zeit". Inzwischen ist "der Tod vor dem 60. Lebensjahr sehr selten geworden." Ferner wurde, da die Hälfte aller Verstorbenen hierzulande über 75 Jahre alt ist, "Lebensplanung, wie wir sie heute verstehen, überhaupt erst möglich."
Beispiel 2: Der Einfluss des HI-Virus wirkt sich auf die globale Bevölkerungsdynamik bisher nur wenig aus. Verheerende Folgen sind jedoch bereits im Blick auf die demographische und soziale Entwicklung insbesondere in Afrika zu konstatieren. Dort findet man rund 25 Millionen Infizierte, in Süd(ost)asien sind es 8 Millionen, in West- und Mitteleuropa lediglich 740.000. In Botswana etwa, das keineswegs zu den armen Ländern der Welt, zählt liegt die durchschnittliche Lebenserwartung derzeit bei 34 Jahren. Ohne AIDS läge sie bei rund 70 Jahren.
Das Schlusskapitel widmet sich der Frage "Zu viele Menschen?" Die Lebensbedingungen für zukünftig neun Milliarden Menschen sind unterschiedlich – und in den Entwicklungs- und Schwellenländern "vielfach dramatisch schlecht." Hinzu kommt: Das westliche Wohlstandsmodell ist zu ressourcenaufwendig und keinesfalls für die Gesamtbevölkerung der Erde realisierbar.
Die wichtigsten Herausforderungen für die Zukunft sind Münz/Reiterer zufolge: Armut aufgrund von Unterentwicklung und Unterbeschäftigung, internationale Migration, globale Alterung und "die Schaffung menschenwürdiger Lebensverhältnisse, die mit nachhaltiger Entwicklung vereinbar sind."
Vieles von dem, was die Autoren zusammentragen, ist so neu nicht. Wer regelmäßig überregionale Zeitungen liest, ist bereits auf ähnlichem Kenntnisstand. Dennoch: Die Zusammenschau ist gut gelungen, wartet mit übersichtlichem Zahlenmaterial, Tabellen und Grafiken auf. Zudem werden die Probleme, Dilemmata und Erfordernisse für eine global gelingende Zukunft klar benannt. Bei den Angaben zu Online-Ressourcen und Links vermisst man den Hinweis auf die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung. Doch kann das den äußerst positiven Gesamteindruck nicht schmälern.
Rezensiert von Thomas Kroll
Rainer Münz / Albert F. Reiterer: Wie schnell wächst die Zahl der Menschen? Weltbevölkerung und weltweite Migration
Reihe Forum für Verantwortung
S. Fischer Verlag, Frankfurt a.M. 2007
345 Seiten, 9,95 Euro
Zunächst zeichnen die Wissenschaftler die Entwicklung der Erdbevölkerung von der Urgeschichte bis zum Jahr 2050 nach. Derzeit wächst die Zahl der Menschen jährlich um etwa 76 Millionen. Rund 95 Prozent davon leben in Entwicklungs- und Schwellenländern. Auch in 40 Jahren wächst die Weltbevölkerung weiterhin, doch ist dann immerhin mit einer Verlangsamung des Wachstums zu rechnen.
In weiteren Kapiteln gehen die Autoren auf bevölkerungsabhängige Themen wie Mobilität und Urbanisierung ein; sie betrachten die Einflüsse von Bevölkerungspolitik und Familienplanung auf kommende Entwicklungen und widmen sich den Faktoren Gesundheit, Krankheit und Tod, die heute in Europa, aber auch weltweit anders zur Geltung kommen wie etwa noch vor zweihundert Jahren.
Beispiel 1: In Deutschland gab es bis ins 19. Jahrhundert hinein kein "Sterben vor der Zeit". Inzwischen ist "der Tod vor dem 60. Lebensjahr sehr selten geworden." Ferner wurde, da die Hälfte aller Verstorbenen hierzulande über 75 Jahre alt ist, "Lebensplanung, wie wir sie heute verstehen, überhaupt erst möglich."
Beispiel 2: Der Einfluss des HI-Virus wirkt sich auf die globale Bevölkerungsdynamik bisher nur wenig aus. Verheerende Folgen sind jedoch bereits im Blick auf die demographische und soziale Entwicklung insbesondere in Afrika zu konstatieren. Dort findet man rund 25 Millionen Infizierte, in Süd(ost)asien sind es 8 Millionen, in West- und Mitteleuropa lediglich 740.000. In Botswana etwa, das keineswegs zu den armen Ländern der Welt, zählt liegt die durchschnittliche Lebenserwartung derzeit bei 34 Jahren. Ohne AIDS läge sie bei rund 70 Jahren.
Das Schlusskapitel widmet sich der Frage "Zu viele Menschen?" Die Lebensbedingungen für zukünftig neun Milliarden Menschen sind unterschiedlich – und in den Entwicklungs- und Schwellenländern "vielfach dramatisch schlecht." Hinzu kommt: Das westliche Wohlstandsmodell ist zu ressourcenaufwendig und keinesfalls für die Gesamtbevölkerung der Erde realisierbar.
Die wichtigsten Herausforderungen für die Zukunft sind Münz/Reiterer zufolge: Armut aufgrund von Unterentwicklung und Unterbeschäftigung, internationale Migration, globale Alterung und "die Schaffung menschenwürdiger Lebensverhältnisse, die mit nachhaltiger Entwicklung vereinbar sind."
Vieles von dem, was die Autoren zusammentragen, ist so neu nicht. Wer regelmäßig überregionale Zeitungen liest, ist bereits auf ähnlichem Kenntnisstand. Dennoch: Die Zusammenschau ist gut gelungen, wartet mit übersichtlichem Zahlenmaterial, Tabellen und Grafiken auf. Zudem werden die Probleme, Dilemmata und Erfordernisse für eine global gelingende Zukunft klar benannt. Bei den Angaben zu Online-Ressourcen und Links vermisst man den Hinweis auf die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung. Doch kann das den äußerst positiven Gesamteindruck nicht schmälern.
Rezensiert von Thomas Kroll
Rainer Münz / Albert F. Reiterer: Wie schnell wächst die Zahl der Menschen? Weltbevölkerung und weltweite Migration
Reihe Forum für Verantwortung
S. Fischer Verlag, Frankfurt a.M. 2007
345 Seiten, 9,95 Euro