Jack Whites neues Album "Fear of the Dawn"

Ein Puzzle, das kein Bild ergibt

10:50 Minuten
Jack White ist von der Hüfte an aufwärts zu sehen. Er hat die Haare hellblau gefärbt, sein Sakko ist in hellblau und  schwarz länggestreift, darunter trägt ein in dem hellen Raum ein schwarzes Oberteil. Vor dem Bauch hält er eine Bassgitarre.
Jack White © David James Swandon
Claudia Gerth im Gespräch mit Martin Böttcher · 11.04.2022
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Jack White erneuerte einst mit den "White Stripes" das Rockgenre, inzwischen ist er mit anderen Bands oder solo unterwegs. Sein neues Album "Fear of th Dawn" ist voller Ideen - und trotzdem inhaltlich und musikalisch oberflächlich, meint unsere Kritikerin.
Mit „Seven Nation Army“ schrieb Jack White einst als Teil von „The White Stripes“ eine Riesen-Hymne, der bluesorientierte Garagenock des Duos verpasste dem Genre Rock Anfang der Nullerjahre eine Frischzellenkur. Während es die White Stripes nicht mehr gibt, ist Jack White inzwischen mit mehreren anderen Bands aktiv. Nun hat er ein neues Soloalbum veröffentlicht. Unsere Kritikerin Claudia Gerth findet "Fear of The Dawn“ allerdings nicht wirklich gelungen.

Hairmetal-Soli und Flamenco-Gitarren

White wolle vermutlich zeigen, dass die Rockmusik lebendig sei, weil das Genre immer wieder für tot erklärt werde, sagt Gerth: Er will wohl das Gegenteil beweisen, indem er seine neue Rockplatte mit tausend Ideen zupflastert und dabei gewöhnliche Songstrukturen aufbricht. Dabei kombiniert er dann Hairmetal-Soli mit Flamenco-Gitarren oder mit dubbigen Momenten.“
Durch viele der Songs auf dem Album ziehe sich ein Effekt, der wie "digitale Spratzer" klinge. White – der erneut fast alle Instrumente selbst eingespielt hat – reite auf einer Welle der verzerrten Gitarren. „All das soll unbedingt den Anschein erzeugen, dass Rockmusik nicht verstaubt oder gar abgehangen klingen muss“, glaubt Gerth.
Trotzdem bietet auch das neue Album den "Jack-White-Sound": „Mit Sicherheit hat er sich um einen eigenen Signature-Sound mit hohem Wiedererkennungswert verdient gemacht, auch durch seinen speziellen, raukehligen Gesang“, sagt Gerth.

„Die meisten Songs klingen irre brutal“

Das hole das Rock-Genre aber nicht gerade aus der Ecke der toxischen Männlichkeit: „Die meisten Songs klingen irre brutal.“ Außerdem habe der Musiker sein Lied „Taking Me Back“ für den Soundtrack des Ego-Shooter-Spiels "Call of Duty" bereitgestellt – der Song laufe also, während im Computerspiel herumgeballert werde: „Das finde ich mehr als bedenklich.“
"Mein Eindruck ist, er will oder kann sich nicht öffnen", sagt unsere Kritikerin. Das merke man auch an seinen Songtexten, die oft aus Phrasen bestünden. „Das klingt mehr als plakativ, da gibt es keine richtige Geschichte oder ein tiefgehendes Gefühl.“
Die Texte blieben oberflächlich, und auch die Platte wirke musikalisch so - in dem Sinne, dass White einfach nur viele Ideen hektisch nebeneinanderstelle. „Die Songs wirken konstruiert, wie ein zusammengesetztes Puzzle, das dann aber kein ganzes Bild ergibt.“
(mfu)
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