IWF steigt bei Griechen-Rettung aus

Europa muss seine Probleme selbst lösen

Das Logo des Internationalen Währungsfonds
Das Logo des Internationalen Währungsfonds © picture alliance / dpa / Jim Lo Scalzo
Von Michael Braun · 12.06.2015
Der Internationale Währungsfonds verabschiedet sich aus der Griechenlandrettung, weil sich das verschuldete Land seinen Auflagen entzieht. Damit haben die Euroländer ihren Prügelknaben verloren - und müssen selbst auf die Einhaltung der Regeln pochen.
Sein Geld wurde gern genommen, für Griechenland etwa 30 Milliarden Euro. Aber dass der Internationale Währungsfonds in die Eurorettung vor allem auf deutsches Drängen hin einbezogen wurde, lag weniger am Geld. Man wollte die Expertise, mehr noch die politisch unabhängigere Rolle des Internationalen Währungsfonds dabei haben, vielleicht auch die Chance, sich hinter ihm zu verstecken:
"Es ist einfacher für den IWF, die Rolle des Prügelknaben als für die Regierungen im Euroraum."
So definierte Ulrich Leuchtmann, Volkswirt bei der Commerzbank, vor zwei Jahren die Rolle des IWF in der Griechenlandrettung, etwas genauer:
"Das andere ist: Der IWF ist halt politisch auch objektiver. Er ist weniger unter politischen Restriktionen, wie das die EU-Kommission ist. Und daher kann er eine objektivere Sichtweise einnehmen bei der Kontrolle von Hilfsprogrammen. Und das ist etwas, was diese Hilfsprogramme effektiver macht."
Austausch und Handel begünstigen
Die Rolle erklärt sich aus der Geschichte des IWF. Die Weltwirtschaftskrise der späten 1920er-Jahre stand Pate, als der Internationale Währungsfonds aus der Taufe gehoben wurde. Vergleichbares wollte man vermeiden nach dem zweiten Weltkrieg: Das globale politische Misstrauen sollte möglichst nicht auf die Wirtschaftsbeziehungen wirken. Austausch und Handel zu ermöglichen, zu begünstigen, das war die Idee des IWF, der seine Tätigkeit im Mai 1946 in Washington aufnahm. Seine Gründungsidee: Vertrauen in die Konvertierbarkeit von Währungen zu schaffen, Vertrauen darauf zu schaffen, dass eine Währung bei Bedarf in eine andere umgetauscht werden kann. Jeder Exporteur sollte wissen, welche Gegenleistung er bekommt, wenn er seine Waren im Ausland verkauft. Daraus entwickelte sich eine Art Bank-Funktion. Der IWF hilft seinen Mitgliedern, ihre Haushalte in Ordnung zu bringen, also quasi ihre Rechnungen zu bezahlen. Aber das nicht ohne Auflagen.
Weil er diese Rolle nicht mehr wahrnehmen zu können glaubt, weil Griechenland sich den Auflagen entzieht, die der IWF als Helfer für sinnvoll erachtete, ist der IWF gestern ausgestiegen aus den Verhandlungen mit Griechenland. Und auch wenn unter Christine Lagarde als IWF-Chefin der IWF seine Rolle etwas verwässert hat, ist sein Rückzug doch ein Zeichen, dass die Europäer ihre Probleme erst einmal selbst lösen sollen. Holger Bahr, leitender Volkswirt bei der Deka Bank.
IWF sieht Basis für Gespräche gestört
"Wenn der IWF mit seinen strengen Regularien jetzt austritt, hat das auch sicherlich einen Grund darin, dass seine Unterstützungsbedingungen sehr, sehr eng sind und dass er die gefährdet sieht in dem Gebaren, wie die griechische Regierung im Moment verhandelt oder eben gerade nicht verhandelt. Und so sieht der IWF im Moment zumindest die Basis für Gespräche gestört, und die EU muss alleine dafür sorgen, dass es mit Griechenland weitergeht."
Noch besteht die Hoffnung, dass alle Euroländer nun die Konsequenz zeigen, für die der IWF in die Griechenland-Hilfe hineingeholt worden war. Die andere Variante: Die sogenannten "politischen Lösungen", womöglich weit weg von den Lösungen in der Sache, gewinnen Oberhand. Das schlösse ein, den IWF aus europäischen Geldtöpfen auszubezahlen.
Mehr zum Thema