Italiens Energiepolitik

Renzi wird von Volksentscheid bedrängt

2640404 06/10/2015 Italian Prime Minister Matteo Renzi attending the National Day of Russia at Expo Milano 2015. Sergey Guneev/RIA Novosti
Matteo Renzi, Italiens Ministerpräsident © picture alliance / dpa / Sergey Guneev
Von Tilmann Kleinjung · 17.04.2016
Neun italienische Regionen haben ein Referendum initiiert: Die Italiener sollen darüber abstimmen, ob vor den Küsten des Landes nach Gas und Öl gebohrt werden soll. Die Gegner der Plattformen fordern eine Energiewende in Italien.
Der Vergleich mit den Laufzeiten deutscher Atomkraftwerke drängt sich förmlich auf. Auch die Konzessionen für italienische Öl- und Gasförderplattformen im Mittelmeer sind befristet. Bei neun von 26 Anlagen, die innerhalb der Zwölf-Meilen-Zone liegen, sind sie bereits abgelaufen. Alle anderen müssten bis zum Jahr 2027 den Betrieb einstellen. Das will die Regierung Renzi verhindern und hat per Dekret entschieden, dass auf den bestehenden Plattformen so lange gefördert werden darf, bis die Lager leer sind. Die Anlagen müssen dafür nicht aktuellen Umweltstandards angepasst und nachgerüstet werden. Umweltschutzorganisationen halten das für höchst riskant. Giorgio Zampetti von der "Legambiente":
"Die Ölbohrungen sind tatsächlich immer riskant. In der Basilikata, der Region mit den meisten Aktivitäten, werden häufig Unfälle bestätigt, wenn zum Beispiel Rohre ein Leck haben. Das sind Risiken, die es on- und offshore gibt. Aber in einem Meer wie der Adria, einem empfindlichen Ökosystem, wo aktuell die meisten Plattformen sind, dort würde ein Unfall Schäden anrichten, die schwerlich wieder behoben werden könnten."
Neun italienische Regionen haben dieses Referendum initiiert, bei dem die Italiener darüber abstimmen sollen, ob Bohrgenehmigungen vor den Küsten unbefristet gültig sein sollen. Die Gegner der Plattformen fordern eine Energiewende – weg von fossilen, hin zu erneuerbaren Energien.

Beim Solarstrom ist Italien führend in Europa

Für die Versorgung in Italien spielen die Anlagen ohnehin nur eine untergeordnete Rolle. Gefördert wird vor allem Gas, das deckt allerdings nur drei Prozent des nationalen Bedarfs. Beim Öl stammt gerade mal nur ein Prozent aus heimischen Quellen. Beim Solarstrom ist das Sonnenland Italien dagegen führend in Europa. Francesco Borelli ist Abgeordneter in der Region Kampanien, die das Referendum mitangestrengt hat.
"So schafft ihr für ein paar Jahre Jobs. Und dann zerstört ihr das Ökosystem, die Umwelt, das Meer, die Fische. Was bleibt da noch für alle, die danach kommen? Wer diese Bohrungen fordert, der denkt doch nur an die Gegenwart und seine eigenen Angelegenheiten."
Die Regierung von Ministerpräsident Matteo Renzi denkt vor allem an eine Studie von BP, wonach Italien über die drittgrößten nachgewiesenen Öl- und Gas Reserven des Kontinents verfügt, nach Norwegen und Großbritannien. Renzi will zwar keine neuen Konzessionen erteilen, aber die heimische Produktion bis zum Jahr 2020 verdoppeln.

Hälfte der Italiener müsste abstimmen

Renzi: "Ein bisschen Energie brauchen wir schon. Ich will das, was wir haben, nicht verschwenden. Ich hoffe, dass dieses Referendum, was 11.000 Arbeitsplätze gefährdet, scheitert."
Damit das Referendum gültig ist, muss mindestens die Hälfte der 49 Millionen wahlberechtigten Italiener abstimmen. Renzis Empfehlung, die Abstimmung zu boykottieren und auf diese Weise scheitern zu lassen, wurde von der Opposition, aber auch von eigenen Parteikollegen als undemokratisch kritisiert.
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