Italienischer als die Italiener
Hierzulande ist die Oper "Salvator Rosa" des brasilianischen Komponisten Antônio Carlos Gomes nahezu unbekannt, obwohl sie in seiner Heimat vor mehr als hundert Jahren große Erfolge feierte. Nun hat Uwe Schwarz "Salvator Rosa" am Staatstheater Braunschweig inszeniert. Die Oper ist in ihrer Konventionalität irritierend modern – und verspricht ein Publikumserfolg zu werden.
Giuseppe Verdi hat zwar über den brasilianischen Komponisten Antonia Carlos Gomes gemeint, Gomes fange dort an, wo er selbst aufgehört habe, und doch erscheint die 1874 uraufgeführte Oper "Salvator Rosa" fürs erste ganz vom frühen und mittleren Verdi, insbesondere von Verdis grand opera "Don Carlo" bestimmt. Doch im Gegensatz zu Verdi selbst, der sich in seinem Alterswerk weiter entwickelte, scheint Gomes auf dieser Entwicklungsstufe stehen geblieben zu sein.
Aber ist Konventionalität nach 135 Jahren ein Argument gegen eine Wiederentdeckung? Auch diesmal ist wieder – wie bei der letzten Braunschweiger Ausgrabung, Spohrs "Alchemysten" – mit einem Publikumserfolg zu rechnen: Kraftvolle Chorszenen, Arien und Lieder, die sich schnell einprägen, wirkungsvolle dramatische Effekte. Regisseur Uwe Schwarz bemüht sich nicht um historische Rekonstruktion, sondern zeigt den neapolitanischen Aufstand gegen die spanische Besatzung von 1647 und die Rolle des später wahnsinnig werdenden Anführers Masaniello sowie des mit ihm befreundeten Malers Salvator Rosa als zeitlosen Konflikt. Moderne Kostüme spielen auf die Diktatur Francos an.
Die dankbaren Opernrollen: ein Bösewicht (Dae Bun Lee), ein wahnsinniger Rebell (Malte Roesner), ein Künstler und Liebhaber, die Titelrolle (Ray M. Wade) und eine unschuldige Tochter des Bösewichts (Mária Porbucinová) werden effektvoll präsentiert. Die mühevolle Wiederherstellung der Partitur unter Dirigent Georg Menskes hat eine konventionelle Oper voller Leben wiedererweckt, auch wenn sie musikalisch ganz im Schatten von Verdis Meisterwerken steht.
Außerdem gibt es einige Irritationen, die die Aufführung auch über den bloßen Operngenuss hinaus kulturhistorische interessant werden lassen: Die Rolle des Künstlers etwa, die schon auf spätere Künstleropern, etwa Puccinis "Tosca", hinauszuweisen scheint. Vor allem aber die außereuropäische Herkunft! Antonio Carlos Gomes gilt in Brasilien noch immer als eine oft gespielte Größe der eigenen Musikgeschichte, doch hat man ihm bereits im 20. Jahrhundert den Vorwurf gemacht, dass er seine Herkunft an den Kolonialismus verraten habe.
Gerade in "Salvator Rosa" scheint Gomes italienischer als die Italiener: Er lässt die neapolitanische Freiheitsbewegung, die Sehnsucht nach Italien als "patria" besingen, und hat ein italienisches Volkslied für Beginn und Ende erfunden. Doch während Gomes nach der italienischen Einigung von der Neuen Welt in die Alte Weg zog, exportierten gleichzeitig umgekehrt die Italiener weltweit, Verdi zum Beispiel nach St. Petersburg oder nach Kairo. Der Librettist von "Salvator Rosa" kann für gegenseitigen Wechsel ein Beispiel sein. Antonio Ghislanzoni schrieb nach 1870 für den Italiener Verdi ein Libretto mit einem außereuropäischen Stoff ("Aida"), für den Brasilianer aber mit einem italienischen. So macht die globale Austauschbarkeit die Konventionalität von Gomes irritierend "modern".
Aber ist Konventionalität nach 135 Jahren ein Argument gegen eine Wiederentdeckung? Auch diesmal ist wieder – wie bei der letzten Braunschweiger Ausgrabung, Spohrs "Alchemysten" – mit einem Publikumserfolg zu rechnen: Kraftvolle Chorszenen, Arien und Lieder, die sich schnell einprägen, wirkungsvolle dramatische Effekte. Regisseur Uwe Schwarz bemüht sich nicht um historische Rekonstruktion, sondern zeigt den neapolitanischen Aufstand gegen die spanische Besatzung von 1647 und die Rolle des später wahnsinnig werdenden Anführers Masaniello sowie des mit ihm befreundeten Malers Salvator Rosa als zeitlosen Konflikt. Moderne Kostüme spielen auf die Diktatur Francos an.
Die dankbaren Opernrollen: ein Bösewicht (Dae Bun Lee), ein wahnsinniger Rebell (Malte Roesner), ein Künstler und Liebhaber, die Titelrolle (Ray M. Wade) und eine unschuldige Tochter des Bösewichts (Mária Porbucinová) werden effektvoll präsentiert. Die mühevolle Wiederherstellung der Partitur unter Dirigent Georg Menskes hat eine konventionelle Oper voller Leben wiedererweckt, auch wenn sie musikalisch ganz im Schatten von Verdis Meisterwerken steht.
Außerdem gibt es einige Irritationen, die die Aufführung auch über den bloßen Operngenuss hinaus kulturhistorische interessant werden lassen: Die Rolle des Künstlers etwa, die schon auf spätere Künstleropern, etwa Puccinis "Tosca", hinauszuweisen scheint. Vor allem aber die außereuropäische Herkunft! Antonio Carlos Gomes gilt in Brasilien noch immer als eine oft gespielte Größe der eigenen Musikgeschichte, doch hat man ihm bereits im 20. Jahrhundert den Vorwurf gemacht, dass er seine Herkunft an den Kolonialismus verraten habe.
Gerade in "Salvator Rosa" scheint Gomes italienischer als die Italiener: Er lässt die neapolitanische Freiheitsbewegung, die Sehnsucht nach Italien als "patria" besingen, und hat ein italienisches Volkslied für Beginn und Ende erfunden. Doch während Gomes nach der italienischen Einigung von der Neuen Welt in die Alte Weg zog, exportierten gleichzeitig umgekehrt die Italiener weltweit, Verdi zum Beispiel nach St. Petersburg oder nach Kairo. Der Librettist von "Salvator Rosa" kann für gegenseitigen Wechsel ein Beispiel sein. Antonio Ghislanzoni schrieb nach 1870 für den Italiener Verdi ein Libretto mit einem außereuropäischen Stoff ("Aida"), für den Brasilianer aber mit einem italienischen. So macht die globale Austauschbarkeit die Konventionalität von Gomes irritierend "modern".