IT-Wissenschaftlerin über das Geschäft mit Personendaten

Komplexe Systeme errechnen, wer wir angeblich sind

Indische Studentinnen nutzen ihre Smartphones. Aufgenommen 2015 in Kalkutta, Indien
Dass es in Ländern wie Indien keine Datenschutzgesetze gibt, nutzen westliche Firmen aus © dpa / picture alliance / Piyal Adhikary
Frederike Kaltheuner im Gespräch mit Stephan Karkowsky · 21.09.2018
Wann ist jemand kreditwürdig? Normalerweise wird das durch Finanzdaten errechnet. Viele haben aber kein Bankkonto oder es gibt nicht genug Daten über sie, kritisiert die IT-Expertin Frederike Kaltheuner. Sie setzt sich deshalb für mehr Datengerechtigkeit ein.
Was Staaten und Firmen mit unseren Daten machen – darum geht es bei der "Das ist Netzpolitik!"-Konferenz in Berlin. Ein wichtiges Thema dabei: die besondere Rolle von Entwicklungs- und Schwellenländern bei der Erprobung von Bewertungssystemen.
"Es geht grundsätzlich darum, dass wir zunehmend durch komplexe und immer undurchsichtigere Systeme vermessen und kategorisiert werden", sagte die IT-Wissenschaftlerin Frederike Kaltheuner im Deutschlandfunk Kultur. Kaltheuner setzt sich bei der Organisation Privacy International für den Schutz der Privatsphäre der Bürger gegenüber Staat und Wirtschaft weltweit ein.

Staaten mit lockerem Datenschutz als Versuchslabore

Komplexe, undurchsichtige Systeme würden zunehmend dazu benutzt, uns Identitäten zuzuschreiben, "quasi zu sagen wer wir sind", sagte die Aktivistin.
So habe etwa die britische Firma Cambridge Analytica über ihre Mutterfirma jahrelang in Ländern des globalen Südens – in Afrika, in Mexiko und in Indien – Erfahrung bei der Analyse von Personendaten gesammelt. Hintergrund sei hier, dass es in diesen Ländern keine Datenschutzgesetze gebe. Deshalb arbeite Privacy International in diesen Staaten mit Partnern zusammen, die sich auf Länderebene für neue Gesetzesvorhaben engagieren.
Cambridge Analytica wurde bekannt als Dienstleiter im Wahlkampf von Donald Trump in den USA oder der Pro-Brexit-Kampagne in Großbritannien.

(huc)

Frederike Kaltheuner, Expertin für Technologiepolitik, arbeitet für die international tätige Menschenrechtsorganisation Privacy International in London. Dort leitet sie das Programm der Organisation zu Datenschutz und -sicherheit. Kaltheuner analysierte mit ihrem Team u.a. das systemische Problem von Daten-Ausbeutung bei Wahlen, zum Beispiel in Kenia. Kaltheuner studierte Philosophie, Politik- und Internetwissenschaften in Oxford und Maastricht.

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