Fünf Jahre Istanbul-Konvention

Gewalt gegen Frauen: Kleine Fortschritte reichen nicht

06:15 Minuten
Auf dem Markptplatz in Tübingen wurden aus Protest gegen Femizide rote Schuhe verteilt.
Protest gegen Femizide auf dem Tübinger Marktplatz: Öffentlichkeitswirksame Aktionen sind wichtig, damit die alltägliche Gewalt gegen Frauen nicht in Vergessenheit gerät. © Imago / ulmer
Elke Ferner im Gespräch mit Ute Welty  · 01.02.2023
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Trotz Istanbul-Konvention: Gewalt gegen Frauen ist in Deutschland noch immer ein großes Problem. Jeden Tag versucht ein Mann, seine Partnerin zu töten. Elke Ferner von UN Women Deutschland fordert einen Aktionsplan von Bund und Ländern.
Vor fünf Jahren ist in Deutschland die Istanbul-Konvention des Europarates in Kraft getreten. Das internationale Abkommen zielt darauf ab, Frauen besser vor Gewalt zu schützen und Betroffenen Schutz und Unterstützung anzubieten.

Die Gewalt hält an

Doch die Fortschritte sind klein. "Es sind sehr bedrückende Zahlen", sagt Elke Ferner, Vorsitzende von UN Women Deutschland. Im statistischen Mittel werden demnach jede Stunde 13 Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt, jeden Tag versuche ein Mann, seine Partnerin zu töten. "Deshalb muss mehr getan werden", betont Ferner.
Auf der juristischen Ebene ist schon einiges passiert. Die ehemalige Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfamilienministerium erinnert daran, dass 2016 das Sexualstrafrecht in Deutschland geändert wurde. Damals sei das Prinzip "Nein heißt nein" im Vergewaltigungsparaphen verankert worden. Auch bei sexuellen Belästigungen und digitaler Gewalt gebe es neue, verschärfte Regelungen.

Gleichklang zwischen Bund und Ländern

Wo also ansetzen? In den Bundesländern sei die Finanzierung von Frauenhäusern sehr unterschiedlich geregelt, berichtet Ferner. Deshalb sei es notwendig, eine bundesweite gemeinsame Leitlinie zu entwickeln, am besten einen Aktionsplan von Bund und Ländern. "Wir brauchen so etwas wie eine Awareness-Kampagne, die sich auch an Männer richtet."
Wer in Gefahr sei, könne sich an das Hilfetelefon unter der Nummer 08000116016 wenden, das rund um die Uhr erreichbar sei, sagt Ferner. Dort könnten sich mögliche Opfer melden, aber auch Außenstehende, die um jemand fürchteten. Im Zweifel sei es auch richtig, die Polizei anzurufen.
(gem)
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