Island Art Festival Reykjavik
Bob Dylan, Led Zeppelin, Stephane Grapelli, Luciano Pavarotti, Wolf Biermann – die Künstlerliste ist erstaunlich vielfältig, die das 30. Kunst- Festival von Reykjavik vorweisen kann. Seit 1970 lädt die Stadt Reykjavik jedes Jahr von Mitte Mai bis Anfang Juni international bekannte Künstler zu sich auf das wichtigste Festivals von Island ein.
Waren es in den vergangenen Jahren eher Musiker, Orchester und darstellende Künstler wie Sasha Waltz, Ingmar Bergman, die Berliner Schaubühne oder Victoria Chaplin liegt der Schwerpunkt des diesjährigen Kunst Festivals das erste Mal auf der bildenden Kunst. Im Mittelpunkt steht eine Retrospektive von Dieter Roth, der seit den 50er Jahren auf Island lebte und arbeitete.
Um Dieter Roth kommt man in diesem Jahr nicht herum auf Island. Wenn das Festival am 5. Juni endet, wird sein Todestag genau sieben Jahre her sein – und Island verbeugt sich. Gut 50 Jahre verbrachte der Wahlisländer Roth hier in einer einfachen Hütte samt Atelier – unbehelligt von der europäischen Kunstszene. Dort schuf er Werke über den Inselstaat, die keinen richtig interessierten, auch nicht interessieren sollten. Tausende von Fotos knippste er in den 70er Jahren von Reykjaviks Häusern, in den 90ern machte er sich noch einmal auf den Weg von früher. Wie besessen sammelte er auf Müllkippen den Unrat der Zivilisation. Ein Workoholic, den die Stadtoberen und ihr Festival jetzt erst richtig schätzen lernen wollen:
In dem hellgrauen Holzhaus, von wo aus Thorunn Sigurdardottir das Festival leitet, kann man den Stolz nicht verhehlen:
„Es war jetzt einfach Zeit für eine umfangreiche Dieter Roth-Ausstellung auf Island. Sein Sohn Björn und auch die Familie haben sie angeregt. Björn war ja bei den letzten Ausstellungen seines Vaters immer dabei, kannte ihn am besten. Er entschied sich auch für das Thema der Retrospektive Train. Wenn der eine den Zug verlässt steigt ein anderer auf. Wir wollen nicht nur die Werkevon Dieter Roth zeigen, sondern auch die Entwicklung seiner Ideen, seiner Arbeitsweise. Ich denke, dass mussten wir jetzt tun und ich bin wirklich sehr froh, dass wir diese Ausstellung jetzt hier haben auf Island.“
„Ich bin ein Erfinder von Maschinen, die der zentraleuropäischen Zivilisation in Erinnerung bringen sollen, dass sie in Plunder watet“, so das Selbstverständnis Dieter Roths. Sein Schimmelmuseum in Hamburg, die Schimmelbilder aus den 60er Jahren, seine „Selbstbildnisse aus Essbarem“, dazu seine berühmte Literaturwurst aus gehäxelten Romanen, Fett und Gewürzen, – auf der Insel der Sagen und Feen revolutioniert er den Begriff von Kunst.
Doch während der Workoholic Roth in Deutschland, Italien und der Schweiz mit seiner Konzeptkunst Erfolge feierte, blieben seine Arbeiten in seiner Wahlheimat Island praktisch unbekannt, aus persönlichen Gründen so sein Sohn Björn Roth:
" Vielleicht hätte er gern in den ersten Jahren, als er nach Island kam, hier seine Werke ausgestellt, aber als er später, in den 70er Jahren in Zentraleuropa schon sehr bekannt war, seine Werke dort überall gezeigt wurden, da suchte er auf Island eher die Ruhe. Er brauchte hier einfach nicht auszustellen und sich zu präsentieren wie in Deutschland oder der Schweiz. All die Partys, Trinkgelage, Sessions und High Society konnte er auf Island hinter sich lassen. Hier konnte er zu sich zurückfinden und er genoss es, sich hier als relativ Unbekannter bewegen zu können.“
In drei umfangreichen, von Björn Roth kuratierten Ausstellungen würdigt das isländische Kunst-Festival nun sein Werk. Auch aus einer Art Experimentierlaune heraus. Das Kunstfestival von Island soll parallel zur derzeit boomenden Hauptstadt Reykjavik ein Spiegelbild werden der rasanten Entwicklung Islands: vom Niveau eines dritte Welt Landes mit Zwischenlandeplatz gen Europa und Amerika hin zum Hightech- und Genforschungsstandort am Nordpol. Um gut 20.000 Menschen wächst Reykjavik derzeit jährlich, in Windeseile hochgezogene Neubauten prägen das Stadtbild. Warum also nicht auch dem altehrwürdigen Kunst Festival ein radikales Facelifting verpassen? Und warum nicht gleich eine Kuratorin der Londoner Tate Modern nach Island holen samt PR-Agentur aus New York?
„Als ich eingeladen wurde, hier die Ausstellung von einem Festival zu kuratieren, dass vorher nur Tanz, Theater und Musik gemacht hat, wusste ich, dass Dieter Roth im Mittelpunkt stehen soll. Roth hat mich schon immer sehr interessiert aufgrund seiner zentralen Rolle in den 60er und 70er Jahren. Für mich war es logisch, dass ich der Unmenge von Werken Roths auch eine relative große Zahl von Künstlern gegenüberstellen musste. Dabei wollte ich auf der einen Seite die jüngsten und aktuellsten Künstler einladen, auch wenn es zwischen ihnen und Dieter Roth auf den ersten Blick keine Verbindung gibt. Auf der anderen Seite sollten auch Künstler aus Roths Generation dabei sein, ich wollte verschiedene Künstlergenerationen zeigen.“
Ihren Auftrag als Facelifter hat die britische Kuratorin Jessica Morgan gleich auf hohem Niveau erfüllt. In einer auch für sie experimentellen Gruppenausstellung von 33 Künstlern, darunter Turner-Preisträger Jeremy Deller, Islandikone Olafur Eliasson, wie auch Peter Fischli, David Weiss und das deutsche Trio Jonathan Meese, John Bock und Christoph Schlingensief hat sie versucht, biografische oder stilistische Bezüge zu Dieter Roth herzustellen. Wer sich zu Christoph Schlingensief und seine Installationsperformance „Animatograf“ begibt, den empfangen am Eingang – ganz konsequent – ein Dutzend verschimmelnde Trockenfische:
Die Reaktionen auf Werke wie Schlingensiefs „Animatograph“, Jonathan Meese oder John Bocks Videoinstallationen sind nahezu durchweg positiv. Wie der Deutsche Christoph Schlingensief das Heiligtum der Isländer, die Eddasagen und Thingvellir, den Gründungsort der ältesten exisitierenden Demokratie Europas fleddert, das imponiert eher, als es irritiert. Die Isländer so scheint es haben kein Problem damit, ihre Traditionen in Frage zu stellen, sie fordern es nahezu heraus. Warum sonst hätten sie erst vor wenigen Wochen einem Münchner Kurator die Stelle des Repräsentanten der isländischen Kunst anvertrauen sollen?
Um Dieter Roth kommt man in diesem Jahr nicht herum auf Island. Wenn das Festival am 5. Juni endet, wird sein Todestag genau sieben Jahre her sein – und Island verbeugt sich. Gut 50 Jahre verbrachte der Wahlisländer Roth hier in einer einfachen Hütte samt Atelier – unbehelligt von der europäischen Kunstszene. Dort schuf er Werke über den Inselstaat, die keinen richtig interessierten, auch nicht interessieren sollten. Tausende von Fotos knippste er in den 70er Jahren von Reykjaviks Häusern, in den 90ern machte er sich noch einmal auf den Weg von früher. Wie besessen sammelte er auf Müllkippen den Unrat der Zivilisation. Ein Workoholic, den die Stadtoberen und ihr Festival jetzt erst richtig schätzen lernen wollen:
In dem hellgrauen Holzhaus, von wo aus Thorunn Sigurdardottir das Festival leitet, kann man den Stolz nicht verhehlen:
„Es war jetzt einfach Zeit für eine umfangreiche Dieter Roth-Ausstellung auf Island. Sein Sohn Björn und auch die Familie haben sie angeregt. Björn war ja bei den letzten Ausstellungen seines Vaters immer dabei, kannte ihn am besten. Er entschied sich auch für das Thema der Retrospektive Train. Wenn der eine den Zug verlässt steigt ein anderer auf. Wir wollen nicht nur die Werkevon Dieter Roth zeigen, sondern auch die Entwicklung seiner Ideen, seiner Arbeitsweise. Ich denke, dass mussten wir jetzt tun und ich bin wirklich sehr froh, dass wir diese Ausstellung jetzt hier haben auf Island.“
„Ich bin ein Erfinder von Maschinen, die der zentraleuropäischen Zivilisation in Erinnerung bringen sollen, dass sie in Plunder watet“, so das Selbstverständnis Dieter Roths. Sein Schimmelmuseum in Hamburg, die Schimmelbilder aus den 60er Jahren, seine „Selbstbildnisse aus Essbarem“, dazu seine berühmte Literaturwurst aus gehäxelten Romanen, Fett und Gewürzen, – auf der Insel der Sagen und Feen revolutioniert er den Begriff von Kunst.
Doch während der Workoholic Roth in Deutschland, Italien und der Schweiz mit seiner Konzeptkunst Erfolge feierte, blieben seine Arbeiten in seiner Wahlheimat Island praktisch unbekannt, aus persönlichen Gründen so sein Sohn Björn Roth:
" Vielleicht hätte er gern in den ersten Jahren, als er nach Island kam, hier seine Werke ausgestellt, aber als er später, in den 70er Jahren in Zentraleuropa schon sehr bekannt war, seine Werke dort überall gezeigt wurden, da suchte er auf Island eher die Ruhe. Er brauchte hier einfach nicht auszustellen und sich zu präsentieren wie in Deutschland oder der Schweiz. All die Partys, Trinkgelage, Sessions und High Society konnte er auf Island hinter sich lassen. Hier konnte er zu sich zurückfinden und er genoss es, sich hier als relativ Unbekannter bewegen zu können.“
In drei umfangreichen, von Björn Roth kuratierten Ausstellungen würdigt das isländische Kunst-Festival nun sein Werk. Auch aus einer Art Experimentierlaune heraus. Das Kunstfestival von Island soll parallel zur derzeit boomenden Hauptstadt Reykjavik ein Spiegelbild werden der rasanten Entwicklung Islands: vom Niveau eines dritte Welt Landes mit Zwischenlandeplatz gen Europa und Amerika hin zum Hightech- und Genforschungsstandort am Nordpol. Um gut 20.000 Menschen wächst Reykjavik derzeit jährlich, in Windeseile hochgezogene Neubauten prägen das Stadtbild. Warum also nicht auch dem altehrwürdigen Kunst Festival ein radikales Facelifting verpassen? Und warum nicht gleich eine Kuratorin der Londoner Tate Modern nach Island holen samt PR-Agentur aus New York?
„Als ich eingeladen wurde, hier die Ausstellung von einem Festival zu kuratieren, dass vorher nur Tanz, Theater und Musik gemacht hat, wusste ich, dass Dieter Roth im Mittelpunkt stehen soll. Roth hat mich schon immer sehr interessiert aufgrund seiner zentralen Rolle in den 60er und 70er Jahren. Für mich war es logisch, dass ich der Unmenge von Werken Roths auch eine relative große Zahl von Künstlern gegenüberstellen musste. Dabei wollte ich auf der einen Seite die jüngsten und aktuellsten Künstler einladen, auch wenn es zwischen ihnen und Dieter Roth auf den ersten Blick keine Verbindung gibt. Auf der anderen Seite sollten auch Künstler aus Roths Generation dabei sein, ich wollte verschiedene Künstlergenerationen zeigen.“
Ihren Auftrag als Facelifter hat die britische Kuratorin Jessica Morgan gleich auf hohem Niveau erfüllt. In einer auch für sie experimentellen Gruppenausstellung von 33 Künstlern, darunter Turner-Preisträger Jeremy Deller, Islandikone Olafur Eliasson, wie auch Peter Fischli, David Weiss und das deutsche Trio Jonathan Meese, John Bock und Christoph Schlingensief hat sie versucht, biografische oder stilistische Bezüge zu Dieter Roth herzustellen. Wer sich zu Christoph Schlingensief und seine Installationsperformance „Animatograf“ begibt, den empfangen am Eingang – ganz konsequent – ein Dutzend verschimmelnde Trockenfische:
Die Reaktionen auf Werke wie Schlingensiefs „Animatograph“, Jonathan Meese oder John Bocks Videoinstallationen sind nahezu durchweg positiv. Wie der Deutsche Christoph Schlingensief das Heiligtum der Isländer, die Eddasagen und Thingvellir, den Gründungsort der ältesten exisitierenden Demokratie Europas fleddert, das imponiert eher, als es irritiert. Die Isländer so scheint es haben kein Problem damit, ihre Traditionen in Frage zu stellen, sie fordern es nahezu heraus. Warum sonst hätten sie erst vor wenigen Wochen einem Münchner Kurator die Stelle des Repräsentanten der isländischen Kunst anvertrauen sollen?