Isabella Rossellinis "Link Link Circus"

Von Menschen und Tieren

Von Andreas Robertz · 19.05.2018
Isabella Rossellini ist Schauspielerin, Filmemacherin und Tierliebhaberin. In Kurzfilmen hat sie sich mit Reproduktion und Aufzuchtverhalten von Tieren beschäftigt. Ihr neues Werk "Link Link Circus" handelt nun von deren Intelligenz und kommunikativen Fähigkeiten.
Eine kleine Holzeisenbahn mit Stofftieren, eine Kinderschulbank mit einem kleinen roten Klavier, ein rundes Zirkuspodest – Isabella Rossellini versetzt uns als dozierende Zirkusdirektorin in ihrer neusten Produktion "Link Link Circus" in unsere Kindheit zurück, als wir noch wie selbstverständlich mit unseren Stofftieren sprachen und spielten, ihnen unsere Stimme liehen und unsere Geheimnisse anvertrauten.

Tiere waren immer ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens

Tiere seien immer ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens gewesen, erklärt sie mit charmantem Lächeln. Als Beweis zeigt sie einen Film, in dem ein quirliger Hund mit dem Rock der kleinen Isabella spielt, ein Schaf mit ihr knuddelt und ein Huhn ihr hinterherläuft. Ein Kind würde wahrscheinlich nicht anzweifeln, dass Tiere denken, fühlen und sogar auf ihre Weise sprechen können. Doch für die Wissenschaft scheint das bis heute ein schwieriges Thema zu sein. Bei der Uraufführung in der Teatre Akadèmia, ihrem Kooperationspartner in Barcelona, vor wenigen Wochen erklärte sie:
"Bis Darwin haben wir immer geglaubt, wir hätten mit Tieren nichts gemeinsam. Dann kam seine revolutionäre Entdeckung, dass wir mit Affen einen gemeinsamen Vorfahren haben. Doch bis heute erkennen wir nur einen physischen Zusammenhang an, aber keinen mentalen. Obwohl Darwin der Meinung war, der Unterschied sei nur graduell und nicht grundsätzlich."
Und dann ruft Isabella Rossellini ihren kleinen Hund Pan auf das Podest und erklärt, wie sie am besten mit ihm oder besser ihr - ihr richtiger Name ist nämlich Dorothy - kommunizieren kann, sei es durch Gesten, Worte, Tonfall oder einfach, weil sich sich gemerkt hat, was jetzt gerade gemacht werden muss.

Rossellini lebt als Biobäuerin in New York

Das ist natürlich furchtbar niedlich, gerade auch, weil Pan ständig in wechselnden Kostümen auftritt, sei es als Schaf, Löwe oder Dinosaurierknochen. Ein Puppenspieler ganz in Schwarz ergänzt das Trio auf der Bühne. Im Unterschied zu ihrer Produktion "Green Porno" dreht sich ihr neues Stück um ein scheinbar trockeneres Thema:
"Die vorherige Show war ein Monolog und es ging ausschließlich um tierische Fortpflanzung, also alles unterhalb der Gürtellinie. Jetzt ist es oberhalb; es geht um tierische Intelligenz und Kommunikation."
70 Minuten lang erklärt Professor Dr. Rossellini, die Tierverhalten studiert hat und als Biobäuerin in der Nähe von New York lebt, wie Tiere miteinander kommunizieren, Gefühle ausdrücken, lernen und sich sogar absichtlich verstellen können. Sie steckt ihren Kopf durch ausgeschnittene Pappmaché-Büsten von Philosophen wie Aristoteles, Descartes oder Darwin und erklärt den jeweiligen Stand des Wissens oder zeigt in kleinen Kurzfilmen, wie Hühner mehr als 100 Individuen in einer Gruppe unterscheiden, Wale über Hunderte von Kilometern Mitteilungen singen und Bienen tanzend Distanzen zu Blüten mitteilen können.

Im Entenkostüm von einer Horde Erpel attackiert

Das sind zwar keine Neuigkeiten, aber in dem Zusammenhang von messbaren elektrischen und chemischen Vorgängen im Gehirn weisen sie auf den bloß graduellen Unterschied zwischen Menschen und Tieren hin: quod erat demonstrandum. Und damit es nicht zu verkopft wird, schweift sie auch gerne mal ab und zeigt zum Beispiel in einem ungeheuren witzigen Kurzfilm, wie Enten sich im Laufe der Evolution auf das brutale Paarungsverhalten von Erpeln angepasst haben und labyrinthartige Eierstöcke entwickeln haben, die ihnen erlauben, eintretende Samen von ihren Eiern wegzuhalten.
Grinsend wird sie da im Entenkostüm von einer Horde Erpeln mit ausgefahrenen Penissen attackiert, während sie sich überlegt, welcher Erpelsamen zu ihren Eierstöcken gelangen darf und welcher nicht. Paarungsverhalten ist dann doch unterhaltsamer als Kommunikationsverhalten – das ist ja bei Menschen genauso.
Doch trotz all dieser skurrilen Elemente und lustigen Episoden fragt man sich nach einer Weile ob die süße Verniedlichung wirklich dem Thema dient. Ist es nicht gerade die Tendenz Tiere zu vermenschlichen, die zu einer nicht-artgerechten Haltung führen. Dazu nochmal Isabella Rossellini:
"Es gibt so viele traurige Geschichten, aber ich wollte, dass mein Abend positiv ist, mit dem geheimen Wunsch vielleicht, dass wir uns in Tiere verlieben und sie deshalb besser behandeln."
Da kann man ihr nur viel Erfolg wünschen. Das Publikum im ausverkauften Baryshnikov Art Center dankt ihr jedenfalls mit Standing Ovation.
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