IS-Terroristen

Der "digitale Dschihad" ist ein gesellschaftliches Problem

Der netzpolitische Aktivist und Journalist Markus Beckedahl bei der Internetkonferenz Republica in Berlin.
Markus Beckedahl verteidigt die Freiheit des Netzes und appelliert an die Nutzer. © dpa / Britta Pedersen
Moderation: Anke Schaefer und Christopher Ricke · 06.11.2014
Die grausamen Enthauptungsvideos des IS einfach nur zu löschen, greift zu kurz, meint der Netzaktivist Markus Beckedahl. Überhaupt sei der "digitale Dschihad", also die Nutzung der Sozialen Medien zur Verbreitung der Propaganda, weniger ein Problem des freien Internets. Man müsse sich viel mehr fragen, woher es komme, dass sich junge Menschen dadurch rekrutieren ließen.
Die Wirklichkeit hat die Fiktion von Ballerspielen überholt, seit der IS Propaganda mit grausamen Hinrichtungsvideos macht. Bei Plattformen wie Youtube werden solche Clips recht schnell gelöscht, doch wer so etwas wirklich sehen will, findet die Filme irgendwo in den Weiten des Netzes. Und so können sie zu einer Art Einstiegsdroge für diejenigen werden, die dann irgendwann zu den Waffen greifen. Der IS führt einen "digitalen Dschihad" und nutzt die Möglichkeiten des Internets für sich.
Von einer Sperrung solcher Inhalte hält der Netzaktivist Markus Beckedahl allerdings wenig. Er meint, die Gesellschaft solle sich eher fragen, wie es sein kann, dass sich Menschen von solchen Videos angezogen fühlen und sich darüber rekrutieren lassen. Was bewegt einen jungen Menschen, wegen eines Paradiesversprechens in den Krieg zu ziehen?
Keine langweilige politische Propaganda
Der IS nutzt moderne PR-Strategien und lässt seine Inhalte durch Soziale Medien verbreiten, sagt Beckedahl. Die Clips ähneln eher einem Quentin-Tarantino-Trailer und nicht langweiliger politischer Propaganda - und der IS setze darauf, dass sie massenhaft weiterverteilt werden. Bisher erfolgreich. Nötig sei also mehr Bewusstsein bei den Nutzern darüber, dass sie auch eine gewisse Verantwortung tragen, wenn sie sie weiterverbreiten, weil sie das irgendwie "cool" finden.
Auch die Geheimdienste seien nicht die richtigen, um für Ordnung im Netz zu sorgen - denn um die Terroristen im Netz zu finden und sie gezielt zu blockieren, müsste man auch akzeptieren, dass die Dienste das gesamte Netz überwachen. Das aber sei mit den demokratischen Grundsätzen nicht vereinbar, mahnt Beckedahl. Sinnvoller seien mehr Akzeptanz von Menschen mit Migrationshintergrund und Investitionen in Bildung, meint er. Deshalb sei der so genannte digitale Dschihad auch eher ein gesamtgesellschaftliches Problem als ein Netzthema.
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