Iran, Islam und der Nahost-Konflikt
Jeder, der die Ereignisse der letzten Jahre aufmerksam verfolgt hat, müsste die Befürchtung hegen, dass wir mit zunehmendem Tempo auf eine Katastrophe ungekannten Ausmaßes zusteuern. Der Wahlsieg von Hamas in Palästina, der Einmarsch der israelischen Armee in den Gazastreifen und bald darauf die Öffnung eines neuen Kriegsschauplatzes in Libanon haben jede Hoffnung auf eine baldige Lösung des Nahost-Konflikts zunichte gemacht. Damit aber nicht genug.
Syrien und vor allem Iran stehen im Visier. Denn sowohl Israel als auch die USA haben mehrmals erklärt, dass die eigentlichen Drahtzieher der Unruhen und des Terrors in Damaskus und Teheran sitzen.
Die Brisanz der Konflikte im Nahen und Mittleren Osten liegt vor allem darin, dass die Kontrahenten sie ideologisch verbrämt haben, angefangen von den Neokonservativen in den USA, die den Kreuzzüglern gleich sich dazu berufen fühlen, die islamischen Länder zu zivilisieren und demokratisieren, über israelische Fundamentalisten, die ihren Staat als jüdischen Staat betrachten bis hin zu den im Iran herrschenden Radikalislamisten, die ihren Gottesstaat auf die gesamte islamische Welt ausbreiten möchten. Soll nun der von Samuel Huntington einst beschworene "Zusammenprall der Kulturen" oder besser Zusammenprall der Religionen zur bitteren Realität werden?
Sicher ist, dass es keine Zwangsläufigkeit gibt, mit der sich ein solcher Zusammenprall gleichsam unvermeidbar ereignete. "Der Westen" und "der Islam" sind alles andere als monolithische Blöcke, deren Grundüberzeugungen unvermeidbar gegeneinander stünden; sowohl historisch wie auch aktuell gibt es ungezählte Beispiele eines friedlichen Zusammenlebens. Es gibt allerdings auch machtvolle Gruppierungen, die die Option eines solchen "Kulturkampfes" provozierend im Schilde führen – nicht primär, wie sie vorgeben, um die "Ungläubigen" zu bekämpfen oder Menschenrechten und Demokratie zum Durchbruch zu verhelfen, sondern vor allem, um eigene Interessen durchzusetzen oder die eigene Machtbasis zu festigen.
Für die Radikalislamisten ist alles, was aus dem Westen kommt dekadent, verderblich, sündhaft. Jede Kritik ist ein Angriff gegen den Islam, jeder Versuch der Aufklärung eine Verletzung der nationalen Ehre. Kein Wunder, wenn der Atomkonflikt eine religiös-nationale Aura bekommt und das Atomprogramm wie ein Heiligtum als unantastbar erklärt wird.
Auch die christlichen Fundamentalisten in Washington haben den Atomstreit mit so vielen Irrationalismen und Emotionen aufgeladen, dass er nun für nahezu alle Probleme herhalten muss, die zwischen dem christlichen Abendland und dem islamischen Morgenland existieren oder auch nur denkbar wären.
Die gegenseitige Dämonisierung trübt den Blick, verhindert Differenzierungen. Es ist nicht zu leugnen, dass die herrschenden Islamisten im Iran eine Gefahr für den Frieden in der Region darstellen. Dieses Regime kann nur durch Provokationen, Herausforderungen und künstlich erzeugte Krisen überleben.
Für die Radikalislamisten ist mithin jede Zuspitzung des Konflikts mit dem Westen und mit Israel willkommen. Denn in einem Krieg, der das Vaterland und den Glauben bedroht, kann die Märtyrerideologie voll zum Zug kommen, dem Volk können mehr Opfer abverlangt werden und jeder Widerstand und jede Kritik kann als Kollaboration mit dem Feind mit Höchststrafen geahndet werden.
Aber Ahmadinedschad und die Radikalislamisten sind nicht mit der iranischen Gesellschaft gleichzusetzen. In Wahrheit bilden die Islamisten eine Minderheit, umgeben von einer weit entwickelten Zivilgesellschaft, die nach Freiheit und Demokratie strebt und sich einen Regimewechsel herbeiwünscht. Das Regime gleicht einer flachen Insel, um die das Wasser immer höher und höher steigt, bis es irgendwann die Insel überflutet.
Doch Sanktionen, gar ein militärischer Angriff würden die Zivilgesellschaft spalten und Millionen, die ihr Land vor äußeren Angriffen schützen wollen, dazu zwingen, sich hinter das Regime zu stellen. Eine kluge Politik, die Frieden will und ernsthaft im Iran einen demokratischen Wandel anstrebt, sollte versuchen, durch die Unterstützung der Zivilgesellschaft die Isolierung der Radikalen zu beschleunigen. Mit Dämonisierungen des Islam und Androhungen von Sanktionen erreicht man genau das Gegenteil.
Der Journalist und Schriftsteller Bahman Nirumand stammt aus dem Iran, lebt aber seit langer Zeit in Deutschland. Aus dem Iran musste er zweimal fliehen: während der Schah-Herrschaft und unter dem Regime des Geistlichen Khomeini. Nirumand hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, darunter "Leben mit den Deutschen", "Hinter den Gittern verdorren die Blumen", zuletzt "Iran. Die drohende Katastrophe". Nirumand lebt in Berlin.
Die Brisanz der Konflikte im Nahen und Mittleren Osten liegt vor allem darin, dass die Kontrahenten sie ideologisch verbrämt haben, angefangen von den Neokonservativen in den USA, die den Kreuzzüglern gleich sich dazu berufen fühlen, die islamischen Länder zu zivilisieren und demokratisieren, über israelische Fundamentalisten, die ihren Staat als jüdischen Staat betrachten bis hin zu den im Iran herrschenden Radikalislamisten, die ihren Gottesstaat auf die gesamte islamische Welt ausbreiten möchten. Soll nun der von Samuel Huntington einst beschworene "Zusammenprall der Kulturen" oder besser Zusammenprall der Religionen zur bitteren Realität werden?
Sicher ist, dass es keine Zwangsläufigkeit gibt, mit der sich ein solcher Zusammenprall gleichsam unvermeidbar ereignete. "Der Westen" und "der Islam" sind alles andere als monolithische Blöcke, deren Grundüberzeugungen unvermeidbar gegeneinander stünden; sowohl historisch wie auch aktuell gibt es ungezählte Beispiele eines friedlichen Zusammenlebens. Es gibt allerdings auch machtvolle Gruppierungen, die die Option eines solchen "Kulturkampfes" provozierend im Schilde führen – nicht primär, wie sie vorgeben, um die "Ungläubigen" zu bekämpfen oder Menschenrechten und Demokratie zum Durchbruch zu verhelfen, sondern vor allem, um eigene Interessen durchzusetzen oder die eigene Machtbasis zu festigen.
Für die Radikalislamisten ist alles, was aus dem Westen kommt dekadent, verderblich, sündhaft. Jede Kritik ist ein Angriff gegen den Islam, jeder Versuch der Aufklärung eine Verletzung der nationalen Ehre. Kein Wunder, wenn der Atomkonflikt eine religiös-nationale Aura bekommt und das Atomprogramm wie ein Heiligtum als unantastbar erklärt wird.
Auch die christlichen Fundamentalisten in Washington haben den Atomstreit mit so vielen Irrationalismen und Emotionen aufgeladen, dass er nun für nahezu alle Probleme herhalten muss, die zwischen dem christlichen Abendland und dem islamischen Morgenland existieren oder auch nur denkbar wären.
Die gegenseitige Dämonisierung trübt den Blick, verhindert Differenzierungen. Es ist nicht zu leugnen, dass die herrschenden Islamisten im Iran eine Gefahr für den Frieden in der Region darstellen. Dieses Regime kann nur durch Provokationen, Herausforderungen und künstlich erzeugte Krisen überleben.
Für die Radikalislamisten ist mithin jede Zuspitzung des Konflikts mit dem Westen und mit Israel willkommen. Denn in einem Krieg, der das Vaterland und den Glauben bedroht, kann die Märtyrerideologie voll zum Zug kommen, dem Volk können mehr Opfer abverlangt werden und jeder Widerstand und jede Kritik kann als Kollaboration mit dem Feind mit Höchststrafen geahndet werden.
Aber Ahmadinedschad und die Radikalislamisten sind nicht mit der iranischen Gesellschaft gleichzusetzen. In Wahrheit bilden die Islamisten eine Minderheit, umgeben von einer weit entwickelten Zivilgesellschaft, die nach Freiheit und Demokratie strebt und sich einen Regimewechsel herbeiwünscht. Das Regime gleicht einer flachen Insel, um die das Wasser immer höher und höher steigt, bis es irgendwann die Insel überflutet.
Doch Sanktionen, gar ein militärischer Angriff würden die Zivilgesellschaft spalten und Millionen, die ihr Land vor äußeren Angriffen schützen wollen, dazu zwingen, sich hinter das Regime zu stellen. Eine kluge Politik, die Frieden will und ernsthaft im Iran einen demokratischen Wandel anstrebt, sollte versuchen, durch die Unterstützung der Zivilgesellschaft die Isolierung der Radikalen zu beschleunigen. Mit Dämonisierungen des Islam und Androhungen von Sanktionen erreicht man genau das Gegenteil.
Der Journalist und Schriftsteller Bahman Nirumand stammt aus dem Iran, lebt aber seit langer Zeit in Deutschland. Aus dem Iran musste er zweimal fliehen: während der Schah-Herrschaft und unter dem Regime des Geistlichen Khomeini. Nirumand hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, darunter "Leben mit den Deutschen", "Hinter den Gittern verdorren die Blumen", zuletzt "Iran. Die drohende Katastrophe". Nirumand lebt in Berlin.