Iran

Hoffnungsschimmer für die iranische Wirtschaft

Daniel Bernbeck im Gespräch mit Ute Welty |
Heute finden erneut Atomgespräche mit dem Iran statt. Nicht nur das gibt den Menschen im Iran Anlass zu Optimismus, glaubt Daniel Bernbeck, Geschäftsführer der deutsch-iranischen Industrie- und Handelskammer in Teheran.
Ute Welty: Das geistige Oberhaupt des Iran ist und bleibt skeptisch. Ajatollah Ali Chamenei glaubt nicht, dass die Verhandlungen in Wien über das iranische Atomprogramm irgendwohin führen werden, aber immerhin lehnt Chamenei diese Verhandlungen auch nicht rundheraus ab. Vielleicht ist er sich bewusst, was erfolgreiche Verhandlungen für sein Land bedeuten könnten, die den Verdacht ausräumen, Iran baue eine Atombombe, die dazu führen, dass Sanktionen aufgehoben werden, die neue Wirtschaftskraft ins Land lassen.
Wir werden wohl nicht so schnell erfahren, wie Chamenei die Lage einschätzt, dafür lernen wir die Meinung von Daniel Bernbeck kennen, Geschäftsführer der deutsch-iranischen Industrie- und Handelskammer. Guten Morgen nach Teheran!
Daniel Bernbeck: Guten Morgen!
Welty: Viel ist schon berichtet worden über die wirtschaftlichen Sorgen, die der Iran zweifellos hat. Wie wirkt sich das auf die Handelskammer aus?
Bernbeck: Natürlich haben wir als deutsch-iranische Industrie- und Handelskammer in Teheran auch ein Ohr an der Basis in der iranischen Wirtschaft. Der größte Teil unserer 2200 Mitglieder sind iranische Unternehmen, also im Iran ansässige Firmen. Und dort spüren wir natürlich sehr nahe und sehr deutlich, wo der Schuh so drückt.
Welty: Wo drückt der denn?
Bernbeck: Natürlich sind die Inlandsfaktoren wie beispielsweise Inflation, Arbeitslosigkeit, Wechselkurse, vor allem für Importeure von europäischen und deutschen Produkten die schwierigsten Hürden. Dazu kommen aus den Sanktionen heraus die Hindernisse beim Transfer von Geld ins Ausland oder auch ins Inland - also in beiden Richtungen ist es schwierig, weil viele Banken die Zusammenarbeit mit iranischen Banken verweigern.
Das ist gar nicht unbedingt im engeren Sinne Sanktionsrecht, das ist häufig auch politisch oder Unternehmensentscheidung, aber für die Firmen faktisch eine Behinderung der Handelsbeziehungen mit dem Ausland, insbesondere Richtung Europa.
"Wir beraten ausschließlich im Bereich legaler Lieferungen"
Welty: Was bedeutet das für Ihren Spielraum als Geschäftsführer? Wo können Sie gestalten und wo müssen Sie dann im übertragenen Sinne vielleicht sagen, also Kinder, da muss ich mal die Waffen strecken?
Bernbeck: Natürlich haben wir nicht den goldenen Schlüssel, sag ich mal, in dem Sinne, dass wir eine Bank haben, die alles abwickelt. Wir sind als Handelskammer ein Beratungsunternehmen in dem Sinne. Wir zeigen den Firmen auf, wo es Möglichkeiten gibt, beispielsweise mit ihren eigenen Banken noch zu sprechen und vielleicht Wege zu finden gemeinsam. Oder auch, wo es nicht möglich ist. Das spielt natürlich dann immer in diese juristischen Beschränkungen hinein - in dem Sinne, dass wir keinerlei Unterstützung geben natürlich im Sinne von einer Umgehung, einer juristischen Umgehung des Sanktionsrechts.
Wir beraten ausschließlich im Bereich legaler Lieferungen, die in den Iran zulässig sind. Darunter fallen natürlich Themen, die auch in der deutschen Presse bereits thematisiert wurden, nämlich pharmazeutische Produkte, medizinische Produkte, Lebensmittel teilweise sind ja ausdrücklich ausgenommen von den Sanktionen. Dort ist das Beraten natürlich sehr viel stärker im Sinne von Ermöglichung von Handel, aber in anderen weisen wir auch ganz klar darauf hin, wo die Grenzen sind, die nicht überschritten werden dürfen.
Welty: Viele Hoffnungen waren und sind verbunden mit dem Namen Rohani, seit August letzten Jahres iranischer Präsident. Haben sich diese wirtschaftlichen Hoffnungen ausländischer Unternehmer erfüllt bislang? Wie fällt Ihre Bilanz aus?
"Diese Stimmungsänderung spielt natürlich eine Rolle"
Bernbeck: Ich würde mal sagen, zunächst ist es natürlich, wie fast überall, kann man sagen, auf der Welt, eine innenpolitische Wirkung einer neuen Regierung. Die außenpolitische oder außenwirtschaftliche Wirkung kommt etwas verzögert hinterher. Man kann schon feststellen, dass beispielsweise der Wechselkurs zum Euro, der iranische Rial zum Euro deutlich an Wert gewonnen hat im Vergleich zu den Monaten zuvor, vor der Wahl und vor dem Amtsantritt von Herrn Doktor Rohani. Da kann man bereits sagen, 20 Prozent Aufwertung. Das hat natürlich eine innenpolitische, auch eine innenwirtschaftliche Wirkung zumindest für die Leute, die auf Importe gegen Euro, gegen Dollar angewiesen waren. Das hat auch die Wirtschaft insgesamt entlastet. Das hat auch den Inflationsdruck etwas verringert.
Für die außenpolitischen Beziehungen oder auch insbesondere für die wirtschaftlichen Beziehungen mit den europäischen Lieferanten hat das indirekt selbstverständlich eine Wirkung, denn die Iraner haben jetzt eben mehr die Möglichkeit, aufgrund ihrer finanziellen Möglichkeiten dann in Europa einzukaufen. Nur jetzt, dass das bereits sich in Handelszahlen ausdrückt, das wäre etwas verfrüht in meinen Augen. Aber in der Tat, die Stimmung alleine durch den Amtsantritt von Doktor Rohani ist natürlich auch ein Effekt, denn wie Sie sicher wissen oder wie die Hörer auch wissen, es ist letztlich auch natürlich immer eine psychologische, eine sehr menschliche Entscheidung: Liefere ich in das Land, reise ich in das Land, nehme ich Kontakt zu Geschäftspartnern auf?
Wenn ich ein gutes Gefühl habe und alleine durch die mediale Stimmung, auch die Darstellung oder auch die Möglichkeiten, die der Herr Rohani und sein Team in der Regierung, Doktor Sarif als Außenminister und so weiter, auch in der UN und in Genf und in Davos erreicht haben, diese Stimmungsänderung, die hat natürlich auch für die Wirtschaft eine Rolle.
Welty: Erleben Sie, dass diese Stimmungsaufhellung bei allen ankommt, oder ist das beschränkt auf bestimmte gesellschaftliche Bereiche?
Bernbeck: Man kann natürlich feststellen, dass es auch gegenläufige Strömungen im Iran gibt. Es gibt Gruppierungen oder Teile der Bevölkerung, die mit diesen jüngsten Veränderungen nicht einverstanden sind. Die Motive sind da sehr vielfältig. Der Iran ist ein sehr pluralistisches Land. Die Menschen denken durchaus sehr verschieden über bestimmte Situationen in der Wirtschaft, in der Politik, in der Kultur, im Sozialen. Das ist deutlich zu sehen und zu hören, und so sind Äußerungen in der Öffentlichkeit auch immer so zu verstehen im jeweiligen Kontext, aber grundsätzlich würde ich sagen, ganz allgemein kann man sagen, dass das iranische Volk natürlich daran interessiert ist als Volk, als Mitglied der Weltgemeinschaft mit dem Ausland in gutem und friedlichem Kontakt zu stehen.
Das ist traditionell so, das ist hier eine ganz alte Bevölkerung – also nicht im Lebensalter, sondern im geschichtlichen Sinn, ein altes Volk, ein altes Land, und das hat natürlich immer im Kontakt gestanden mit den Nachbarn im näheren Umfeld oder auch im weiteren Umfeld. Und das ist durchaus ein positiver Effekt, der, sag ich mal, alle Teile der Bevölkerung erfasst hat.
Über das internationale Engagement deutscher Firmen
Welty: Engagieren sich deutsche Unternehmen im internationalen Vergleich ausreichend?
Bernbeck: Das möchte ich nicht bewerten. Ich denke, die deutschen Unternehmen sind in ihrer Methode, wie sie an Themen herangehen, an Märkte herangehen, auch ganz ausdrücklich, im Vergleich beispielsweise mit Ländern, wo die Wirtschaft staatlicher gesteuert wird oder gelenkt wird, sind die deutschen Unternehmen, klassische Mittelständler, Exporteure, Familienunternehmen, kleine bis mittlere Unternehmen natürlich eben etwas diskreter, vielleicht weniger in der medialen Präsenz vertreten.
Sie gehen auf eigenes Risiko, auf eigene Kappe in die Märkte hinein, analysieren, sondieren, bewerten und entscheiden dann entsprechend. Das entzieht sich einer Bewertung meinerseits. Ich denke, wir machen das auf eine uns genehme Form und Methode und sind damit aber immer ganz gut anerkannt und auch weltweit bisher gut gefahren, wie man an den Exportzahlen in Deutschland insgesamt sehen kann. Also insofern denke ich, muss man sich da keine Sorgen machen, aber ich denke, wir als Handelskammer hier vor Ort stehen den Unternehmen eben mit Rat und Tat zur Seite und versuchen, was möglich ist, auch zu ermöglichen.
Welty: Live aus Teheran, Daniel Bernbeck, Geschäftsführer der deutsch-iranischen Industrie und Handelskammer. Ich danke für dieses Gespräch - und ich wünsche einen erfolgreichen Tag!
Bernbeck: Danke, ebenso!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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