Intonations - Kammermusikfestival

15.05.2014
Vor sechzehn Jahren hätte niemand geglaubt, dass das möglich ist: In der Stadt Jerusalem, die von religiösem Eifer und politischem Starrsinn gezeichnet ist, ein Festival zu gründen, dass allein der Kammermusik gewidmet ist und nur die Klänge, nicht irgendeinen Kontext zum Gegenstand eines rauschenden, und zugleich anspruchsvollen Festes macht. Und vor drei Jahren hätte niemand erwartet, dass ein Sprössling dieses Festivals im karg-rauhen Sandboden der Bundeshauptstadt Wurzeln Schlagen könnte. Nun ist es gelungen – schon zum dritten Mal finden die "Intonations", wie der Ableger des Jerusalemer Kammermusikfestivals heißt, im Jüdischen Museum Berlin statt.
Eine Person steht als "Alma Mater" hinter dem Jerusalem International Chamber Music Festival und hinter "Intonations": Die in Berlin lebende Pianistin Elena Bashkirova. Sie nennt das Festival stolz ihr drittes Kind, zwei erwachsene echte Söhne hat sie ja schon. Auch dieses Jahr versammeln sich wieder international renommierte Vokalisten und Musiker - auf Einladung der Pianistin und eines kleinen, aber sehr aktiven Freundeskreises. Sie proben und spielen ein umfangreiches und vielfältiges Konzertprogramm.
Alle Mitwirkenden treten ohne nennenswerte Gage auf und nehmen die Anstrengungen des dichten Proben- und Konzertmarathons aus Zuneigung zu Elena Bashkirova und den anderen Musikern auf sich.Schwerpunkt im 3. Festivaljahr sind der Jubilar Richard Strauss und die 100. Wiederkehr des Beginns des Ersten Weltkrieges. In dessen Verlauf sind einige Komponisten ums Leben gekommen wie Rudi Stephan oder Alberic Magnard, wurden viele andere Künstler um die Illusion erleichtert, es könne "gute Kriege" geben. Vor allem aber sind großartige Musikstücke entstanden wie Edward Elgars Klavierquintett oder einige der Kammermusikwerke Claude Debussys, der ja bis zum Schluss ein französischer Patriot blieb. Seine Violin- und seine Cellosonate schrieb er genau in den Kriegsjahre – auch als Zeichen stillen Protestes gegen die zerstörerische Kraft der deutschen und österreichischen Armeen, die noch Paris beschossen, als Debussy dort zu Grabe getragen wurde. Anders Elgar - der wollte von seinem staatstragenden viktorianischen Stil wegkommen hin zu innerlichen Klängen.Richard Strauss schließlich als gänzlich unpolitischer Künstler arbeitete in den Kriegsjahren in Berlin. Seiner Kreativität tat der Kampf in den Schützengräben und an der Heimatfront keinen Abbruch. Wohl aber lebte er in Sorge um sein in England geparktes Vermögen und um die Möglichkeit, seine Werke auch außerhalb des Kaiser- und des Habsburgerreiches aufführen zu können. Strauss' späte Oper "Capriccio" stammt vom Beginn des zweiten Weltkrieges und widmet sich verklausuliert den Reformopern des doppelt so alten Jubilars unserer Tage, Christoph Willibald Gluck. Das Sextett aus dieser Oper gehört zu den beliebtesten Kammermusikwerken überhaupt.
Jüdisches Museum Berlin
Aufzeichnung vom 09.05.2014

Claude Debussy
Sonate für Violine und Klavier
Mihaela Martin, Violoine
Jonathan Gilad, Klavier

Richard Strauss
Sextett aus der Oper "Capriccio" op. 85

Kathrin Rabus / Zohar Lerner, Violine
Wolfram Christ / Madeleine Carruzzo, Viola
Ludwig Quandt / Timothy Park, Violoncello

Richard Strauss
Lieder
Kurt Weill
Lieder
Angela Denoke, Sopran
Karola Theill, Klavier
ca. 21:05 Uhr Konzertpause mit Nachrichten

Claude Debussy
Sonate für Violoncello und Klavier
Frans Helmerson, Violoncello
Jonathan Gilad, Klavier

Edward Elgar
Klavierquintett op. 84
Saleem Abboud Ashkar, Klavier
Michael Barenboim / Zohar Lerner, Violine
Wolfram Christ, Viola
Gabriel Schwabe, Violoncello