Interviews

Die Christenverfolgung in China

Der chinesische Schriftsteller Liao Yiwu, Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 2012, steht in Berlin im Deutschen Theater nach einer Lesung im Foyer.
Der chinesische Schriftsteller Liao Yiwu wurde 2012 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. © picture alliance / dpa
Von Philipp Gessler · 06.10.2014
In seinem Buch "Gott ist rot" schildert Friedenspreisträgers Liao Yiwu die Glaubensstärke, das Leid und die Widerstandskraft des Christentums in China. Es ist zugleich eine poetische Reise in die chinesische Provinz und deren Geschichte.
Vor zwei Jahren erhielt der chinesische Schriftsteller, Dissident, Straßenmusiker und Koch Liao Yiwu in der Frankfurter Paulskirche den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Der heute 56-Jährige hielt eine verstörende Rede, in der er das Ende des chinesischen Regimes vorhersagte - einer Diktatur, die stürzen müsse, weil sie ungerecht sei. Mit ihr dürfe man keine Geschäfte machen.
Liao gehört zu den bekanntesten und wichtigsten Autoren Chinas, aber seine regimekritischen Bücher dürfen in der Volksrepublik nicht erscheinen. In Folge der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung im Juni 1989 kam Liao wegen der "Verbreitung konterrevolutionärer Propaganda mit ausländischer Hilfe" für vier Jahre ins Gefängnis, wo er Schlägen, ja Folter ausgesetzt war. Während dieser Zeit hat ihn seine Frau mit seinem Kind verlassen. Vor drei Jahren konnte Liao nach Deutschland fliehen, wo er seitdem im Exil lebt.
Weitgehend unbekanntes Kapitel der chinesischen Geschichte
Sein jetzt auf Deutsch erschienenes Buch "Gott ist rot. Geschichten aus dem Untergrund – Verfolgte Christen in China" ist ein vielschichtiges Werk. Zum einen ist es eine bittere Abrechnung mit dem Regime der chinesischen KP, unter dem das Milliardenvolk seit bald 70 Jahren leidet. Wie schon in seinem Buch "Gespräche mit Menschen vom Bodensatz der Gesellschaft", in China 2001 in einer gekürzten Form erschienen, ist "Gott ist rot" eine Sammlung von langen Interviews mit Christen, die ihre Geschichte erzählen. Sie haben häufig unfassbar viel Leid und Verfolgung wegen ihres Glaubens erlebt. Zugleich spiegelt sich in diesen Geschichten auch die weitgehend unbekannte Geschichte des Christentums in China und das Leid der ganzen chinesischen Bevölkerung in Zeiten des Hungers Ende der 50er-Jahre und während der Kulturrevolution in den 60er- und 70er-Jahren.
"Gott ist rot" ist zugleich eine Sammlung meisterhafter Reportagen aus der chinesischen Provinz und eine Fundgrube von poetischen Gedanken über die Natur und das meist arme Leben in den chinesischen Bergregionen, dort, wo die oft lehmige Erde rot ist. Das Buch ist schließlich eine gnadenlose, dennoch auch humorvolle Auseinandersetzung Liaos mit seinen Schwächen – und dem eigenen, schwankendem Glauben. Die Widerstandskraft der chinesischen Christen gegen das Regime fasziniert Liao – und sein Plädoyer ist klar: Der Westen darf mit dem chinesischen Regime, das eines Tages fallen wird, nicht kooperieren.

Liao Yiwu: Gott ist rot: Geschichten aus dem Untergrund - Verfolgte Christen in China
Übersetzt von Hans Peter Hoffmann
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2014
352 Seiten, 21,90 Euro

Mehr zum Thema