Internationale Kunst
Das Kunst- und Kulturforum "Kunst in der Carlshütte" gibt mit der Nord Art 2010 in Büdelsdorf einen umfassenden Einblick in das Schaffen zeitgenössischer Künstler aus aller Welt. 245 Kreative aus 55 Ländern zeigen in diesem Sommer ihre Gemälde und Fotografien, Skulpturen, Installationen und Videos.
Die Faust ist vom Himmel herabgesaust und kann problemlos Menschen zermalmen oder niederhalten. Die Skulptur des chinesischen Künstlers Liu Bolin, eine geballte Faust aus silbrig glänzendem Metall, ist mehr als zwei Meter hoch und der Blickfang im Zentrum der ersten Halle. Dass es sich jedoch nicht um die Faust Gottes, sondern eher um die des Staates handelt, machen zwei weitere Silberfäuste Liu Bolins in der nächsten Halle klar.
Sie halten jeweils ein kerzengerades dünnes Menschlein, das, so in die Mangel genommen, vorschriftsmäßig grüßt: Das eine mit Hitlergruß, das andere mit dem Faustgruß der chinesischen Kommunisten.
Aber ach, mit der Freiheit des Westens im Gegensatz zum eisernen Griff aus dem Osten ist es auch nicht so weit her. Hinter Lius Silberfaust hängen große Ölbilder des in Görlitz geborenen Künstlers Daniel Sambo-Richter, nicht zu verwechseln mit seinem Namensvetter Daniel Richter aus Hamburg. Sambo-Richter hat in naturalistischer Malweise amerikanische Soldaten porträtiert.
Ein Uniformierter lacht uns an, entspannt sitzt er da, die Hände auf die Knie gestützt, und in diesen Händen hält er eine Pistole. Auch sein Kumpel scheint gerade Dienstpause zu haben, er lehnt sich ein wenig müde auf eine Panzerfaust. In diesen Bildern wirken die freien Amerikaner nur deswegen so friedlich, weil die Waffe ihnen zu einem selbstverständlichen Accessoire geworden ist.
"I’m Regu from Tarniu, Finland, and I’m going to tell you about my wishes, my deepest wishes."
Das diesjährige Leitthema der NordArt heißt "Der Mensch". Und was da so rauscht und knistert, erfüllt wohl am ehesten diese Themenvorgabe: Zwölf Menschen reden über ihre Träume und Wünsche. Solange der schaurig-schlechte Ton abgestellt ist, glaubt man, das finnische Künstlerpaar Teija und Pekka Isorättyä hätte tatsächlich ein Dutzend nackter Menschen in die Halle geholt und nebeneinander zum Kunstwerk aufgereiht, so lebensecht wirkt ihre raffinierte Videoinstallation.
In Wahrheit haben die beiden jungen Finnen jeden Probanden einzeln nackt vor die Kamera geschickt. Hinterher haben sie einen Gipsabdruck des Körpers genommen. Und auf diese nebeneinander aufgestellten Gipsskulpturen werden jetzt die zu einem Video vereinten Einzelaufnahmen projeziert. So ergibt sich von ferne der Eindruck, einer Gruppe lebender Menschen gegenüber zu stehen. Allesamt übrigens ehemalige Nachbarn von Teija und Pekka Isorättyä.
"Eine interessante Sache ist: Wir haben das 2008 gemacht. Und viele Wünsche sind mittlerweile in Erfüllung gegangen. Diese beiden da zum Beispiel wollten Künstler werden, und sie haben es jetzt an die Kunstschule in Helsinki geschafft. Aber eines ist übel an diesem Porträt: Lappland ist eine Region, die alle verlassen. Alle diese Menschen sind um die zwanzig und lebten 2008 in unserem Heimatort, Tornio. Und jetzt sind nur noch Pekka und ich übrig. Alle sind weggezogen."
"Lappland ist weit weg, die Orte sind klein. Und junge Leute wollen die Welt sehen. Aber vielleicht kommen sie wieder wie die Vögel."
Demnach ist das finnische Dorfbelebungsprogramm, das die Landflucht aufhalten soll, doch nicht so erfolgreich, wie hierzulande in den Zeitungen zu lesen war. Vieles ist eben in der Wirklichkeit ganz anders als auf dem Papier – das gilt auch für die NordArt. Blättert man im Katalog, fällt die starke Beteiligung von Künstlern aus dem Nahen Osten auf: Aus Saudi-Arabien haben sogar zwei Frauen ihre Werke eingereicht.
Doch nach ihrem speziellen Menschenbild sucht man in der Masse der Exponate vergeblich. Ähnlich ist es mit den polnischen Künstlern, in diesem Jahr zahlreich angereist, weil Polen auch das Gastland des Schleswig-Holstein-Musikfestivals ist und im Mittelpunkt des Kultursommers steht. Die Polen haben ziemlich langweilige Leinwände geliefert. Ausstellungsinitiator Wolfgang Gramm beruhigt:
"Im Laufe einer Ausstellung wechselt sich das Bild. Das ist ja auch das Schöne. Es gibt ja Favoriten auf einer Ausstellung, und da muss man auch erfahren, dass mancher das gar nicht so hält über ein Vierteljahr, und das andere viel viel besser werden. Ich denke das geht den Besuchern, die hier mehrfach herkommen, genauso. Deswegen werden wir dies Jahr auch den ersten Publikumspreis ausloben."
Dotiert mit tausend Euro, zusätzlich vergibt eine Jury erstmals den NordArt-Preis in Höhe von 10.000 Euro. Gute Chancen haben die in diesem Jahr besonders beeindruckenden chinesischen Künstler, und Chang Xugong aus Peking hat sich mit riesigen selbst gemachten Euroscheinen um die Euros beworben. Oder vielleicht auch um Chinas Aufnahme in die EU.
Er hat nämlich das Konterfei eines lachenden Chinesen dort auf den Zehner und den Hunderter gesetzt, wo sonst ein berühmter Staatsmann abgebildet ist. Von Nahem sieht der Betrachter, dass die verschönerten Scheine nicht gemalt sind, sondern gestickt mit der Nähmaschine. Und auch das macht Sinn: Fließen doch die meisten Euros in chinesische Textilfabriken.
Sie halten jeweils ein kerzengerades dünnes Menschlein, das, so in die Mangel genommen, vorschriftsmäßig grüßt: Das eine mit Hitlergruß, das andere mit dem Faustgruß der chinesischen Kommunisten.
Aber ach, mit der Freiheit des Westens im Gegensatz zum eisernen Griff aus dem Osten ist es auch nicht so weit her. Hinter Lius Silberfaust hängen große Ölbilder des in Görlitz geborenen Künstlers Daniel Sambo-Richter, nicht zu verwechseln mit seinem Namensvetter Daniel Richter aus Hamburg. Sambo-Richter hat in naturalistischer Malweise amerikanische Soldaten porträtiert.
Ein Uniformierter lacht uns an, entspannt sitzt er da, die Hände auf die Knie gestützt, und in diesen Händen hält er eine Pistole. Auch sein Kumpel scheint gerade Dienstpause zu haben, er lehnt sich ein wenig müde auf eine Panzerfaust. In diesen Bildern wirken die freien Amerikaner nur deswegen so friedlich, weil die Waffe ihnen zu einem selbstverständlichen Accessoire geworden ist.
"I’m Regu from Tarniu, Finland, and I’m going to tell you about my wishes, my deepest wishes."
Das diesjährige Leitthema der NordArt heißt "Der Mensch". Und was da so rauscht und knistert, erfüllt wohl am ehesten diese Themenvorgabe: Zwölf Menschen reden über ihre Träume und Wünsche. Solange der schaurig-schlechte Ton abgestellt ist, glaubt man, das finnische Künstlerpaar Teija und Pekka Isorättyä hätte tatsächlich ein Dutzend nackter Menschen in die Halle geholt und nebeneinander zum Kunstwerk aufgereiht, so lebensecht wirkt ihre raffinierte Videoinstallation.
In Wahrheit haben die beiden jungen Finnen jeden Probanden einzeln nackt vor die Kamera geschickt. Hinterher haben sie einen Gipsabdruck des Körpers genommen. Und auf diese nebeneinander aufgestellten Gipsskulpturen werden jetzt die zu einem Video vereinten Einzelaufnahmen projeziert. So ergibt sich von ferne der Eindruck, einer Gruppe lebender Menschen gegenüber zu stehen. Allesamt übrigens ehemalige Nachbarn von Teija und Pekka Isorättyä.
"Eine interessante Sache ist: Wir haben das 2008 gemacht. Und viele Wünsche sind mittlerweile in Erfüllung gegangen. Diese beiden da zum Beispiel wollten Künstler werden, und sie haben es jetzt an die Kunstschule in Helsinki geschafft. Aber eines ist übel an diesem Porträt: Lappland ist eine Region, die alle verlassen. Alle diese Menschen sind um die zwanzig und lebten 2008 in unserem Heimatort, Tornio. Und jetzt sind nur noch Pekka und ich übrig. Alle sind weggezogen."
"Lappland ist weit weg, die Orte sind klein. Und junge Leute wollen die Welt sehen. Aber vielleicht kommen sie wieder wie die Vögel."
Demnach ist das finnische Dorfbelebungsprogramm, das die Landflucht aufhalten soll, doch nicht so erfolgreich, wie hierzulande in den Zeitungen zu lesen war. Vieles ist eben in der Wirklichkeit ganz anders als auf dem Papier – das gilt auch für die NordArt. Blättert man im Katalog, fällt die starke Beteiligung von Künstlern aus dem Nahen Osten auf: Aus Saudi-Arabien haben sogar zwei Frauen ihre Werke eingereicht.
Doch nach ihrem speziellen Menschenbild sucht man in der Masse der Exponate vergeblich. Ähnlich ist es mit den polnischen Künstlern, in diesem Jahr zahlreich angereist, weil Polen auch das Gastland des Schleswig-Holstein-Musikfestivals ist und im Mittelpunkt des Kultursommers steht. Die Polen haben ziemlich langweilige Leinwände geliefert. Ausstellungsinitiator Wolfgang Gramm beruhigt:
"Im Laufe einer Ausstellung wechselt sich das Bild. Das ist ja auch das Schöne. Es gibt ja Favoriten auf einer Ausstellung, und da muss man auch erfahren, dass mancher das gar nicht so hält über ein Vierteljahr, und das andere viel viel besser werden. Ich denke das geht den Besuchern, die hier mehrfach herkommen, genauso. Deswegen werden wir dies Jahr auch den ersten Publikumspreis ausloben."
Dotiert mit tausend Euro, zusätzlich vergibt eine Jury erstmals den NordArt-Preis in Höhe von 10.000 Euro. Gute Chancen haben die in diesem Jahr besonders beeindruckenden chinesischen Künstler, und Chang Xugong aus Peking hat sich mit riesigen selbst gemachten Euroscheinen um die Euros beworben. Oder vielleicht auch um Chinas Aufnahme in die EU.
Er hat nämlich das Konterfei eines lachenden Chinesen dort auf den Zehner und den Hunderter gesetzt, wo sonst ein berühmter Staatsmann abgebildet ist. Von Nahem sieht der Betrachter, dass die verschönerten Scheine nicht gemalt sind, sondern gestickt mit der Nähmaschine. Und auch das macht Sinn: Fließen doch die meisten Euros in chinesische Textilfabriken.