Interaktive Badezimmerspiegel und kuschelnde Roboter

Von Stephanie Kowalewski · 25.09.2011
Auf der Messe "Rehacare International" haben knapp 750 Aussteller ihre Produkte für Menschen mit Behinderungen und chronisch Kranke präsentiert. Das Angebot reicht von faltbaren Rollstühlen über Computer, die sich per Augenbewegung steuern lassen bis hin zu barrierefreien Wohnwelten.
Bettina Schloßmacher ist eine von schätzungsweise 100 Messebesuchern, die gebannt der weltweit ersten Vorführung des sogenannten "StairWalker" zugeschaut haben. Der "StairWalker" ist ein neues System, dass den Menschen beim Treppensteigen unterstützt. Ähnlich wie bei einem herkömmlichen Treppenlift ist auch hier auf den Stufen eine Schiene samt Motor montiert. Daran befestigt ist ein gepolsterter Bügel, den sich der Benutzer einfach um den Rücken legt, erklärt Ronny Brandt vom Hersteller ThyssenKrupp:

"Dann hat man in diesem Bogen, der einen jetzt umklammert, zwei Knöpfe, die drückt man und in dem Moment wird der StairWalker aktiviert und schiebt letztendlich diesen Menschen, einmal unterstützt an den Unterarmen und einmal unterstützt am Rücken, die Treppe hinauf. Aber er geht selbst."

Treppab sorgt der Bogen, der nun vor dem Oberkörper ist, für eine sichere Führung. In den Bogen integrierte und nach unten gerichtete Lampen bringen zusätzliche Trittsicherheit. Auf diese Weise kann man sich fit halten oder man kann im Rahmen einer Physiotherapie seine Beine und Muskeln mit Hilfe dieser Unterstützung trainieren. Den StairWalker wird es voraussichtlich ab Januar im Handel geben.

So schnell wird der interaktive Badezimmerspiegel, der einem beim Zähneputzen auch die neusten Nachrichten servieren kann, nicht zu haben sein. Er ist Teil eines High-Tech-Bades und eher ein Blick in die Zukunft. Der intelligente Spiegel soll beispielsweise Demenzkranke an die Medikamenteneinnahme erinnern. Dazu verfügt der Waschtisch unter dem Spiegel – so Entwickler Klaus Scherer vom Duisburger Fraunhofer-inHaus-Zentrum - über eine intelligente Medikamentenbox:

"Die hier so als Schublade ausgebildet ist. Das man sieht, welche Medikamente sind da drin, welche müssen jetzt eingenommen werden. Und das System kontrolliert praktisch nach, ist das alles richtig gemacht worden. Wenn nicht, kommen gewisse Informationen auf den Spiegel, bitte das und das einnehmen oder man erinnert, 'haben Sie schon ihre Herztabletten genommen, bitte drei Stück jetzt zur Mittagszeit' und so weiter, und so weiter."

Auf dem Spiegel sind - wie auf einem Smartphone - einfache Symbole zu sehen. Ein Fingertipp darauf reicht, und schon verrät mir der Spiegel zum Beispiel, wie viel ich wiege und wie mein Puls gerade ist. Das erfährt er von einer Waage, die unsichtbar in den Boden integriert ist. Klaus Scherer gibt zu, dass die Forscher hier bei den Smartphones abgeguckt haben.

"Im Grunde ist es fast wie ein überdimensionales iPhone zu sehen, mit Spiegelfunktion."

In ein paar Jahren soll der interaktive Spiegel dann tatsächlich Demenzkranke auch beim Zähneputzen unterstützen, indem er in einer Art minimalistischem Zeichentrickfilm vormacht, wo die Zahnbürste überall hin muss.

Um die Volkskrankheit Demenz geht es auch im parallel zur Messe stattfindenden Kongress. In den Tagungsräumen werden neue Forschungsergebnisse ebenso diskutiert wie mögliche Therapien.

Darum geht es auch Tobias Bachhausen. Er ist Geschäftsführer der Firma "Beziehungen pflegen" aus Seelze bei Hannover. Auf seinem Arm hält er ein knapp 60 Zentimeter großes weißes, kuscheliges Stofftier mit großen schwarzen Augen, die ab und zu freundlich klimpern.

"Das ist ein sogenannter Zuwendungsroboter oder emotionaler Roboter. Wir haben jetzt den Kleinen gerade rufen hören. Und zwar ist das ein Modell eines Sattelrobbenbabys und schaut aus wie ein ganz niedliches, flauschiges Stofftier, allerdings mit einiger Technik innendrin."

Paro, so heißt das Robotertier, ist vollgestopft mit Sensoren, die - je nachdem, wie das Tier behandelt wird -, reagieren. Mal dreht er den Kopf, blinzelt mit den Augen, piepst zufrieden oder schreit, wenn die Berührung zu grob war. Der Zuwendungsroboter wurde in Japan entwickelt und wird dort zur Therapie von Demenzkranken eingesetzt. Nun sollen auch hierzulande Betroffene mit Paro kuscheln:

"Ich gehe damit in Altenpflegeeinrichtungen primär und dort besuche ich dann demenziell erkrankte Menschen, entweder in einer Gruppe oder auch in Einzelbesuchen, wenn jemand bettlägerig ist beispielsweise."

Kosten: 29,90 Euro pro Stunde.

"Und wir erreichen ganz viele Leute, die wir sonst eher schlecht erreichen oder gar nicht erreichen."

Viele Menschen genießen es, sagt Tobias Bachhausen, den plüschigen Roboter auf dem Schoß zu haben und ihn zu streicheln, manche hätten sogar nach langer Zeit des Schweigens erstmals wieder gesprochen. Christel Schulz vom Demenz-Servicezentrum Region Ruhr runzelt die Stirn, als sie das hört:

"Ich glaube nicht, dass das funktioniert. Die soll Impulse geben, die soll ablenken, die soll mich stimulieren, damit ich mich wohlfühle, und ich glaube, dass das nur eine ganz kurze Zeit möglich ist. Ich bin da sehr, sehr skeptisch. Es geht nichts über den Menschen."

Der jedoch, das zeigt die Messe Rehacare, wird zunehmend mehr von moderner Technik unterstützt.