Intelligente Anhängerkupplung

Von Peter Welchering · 14.05.2009
Landwirtschaft bietet schon noch echte Herausforderungen. Zum Beispiel die Deichsel eines Heuwagens an einen Traktor anzukuppeln. Dabei kommt es auf die Stellung der Deichsel an. Und genau darum haben sich Timo Joos, Nadine Müller und Lucas Wildermuth gekümmert. Die drei absolvieren gerade ihr zweites Ausbildungsjahr zum Mechatroniker und haben es mit der von ihnen entwickelten Zusatzlenkung für Anhänger in die Endausscheidung des Wettbewerbs "Jugend forscht" geschafft.
Timo Joos kam die Idee für die intelligente Anhängerkupplung beim Rückwärtsrangieren mit einem Anhänger am PKW seiner Mutter.

"Auf der einen Seite habe ich einen Führerschein mit Anhänger gemacht und habe dann selber erfahren, dass es nicht einfach ist, mit dem Anhänger rückwärts zu fahren. Und dann hab ich auch in der Familie bei meiner Muter gesehen, dass sie wirklich Angst davor hatte, mit einem Anhänger zu rückwärts zu fahren.

Und da kam von meiner Seite aus die Idee, eine Anzeige zu machen bauen, wie der Anhänger hinter dem Fahrzeug steht, so dass es einfach eine Erleichterung ist, wenn ich weiß, wie der Anhänger hinter dem Fahrzeug positioniert ist und ich dann gegen reagieren kann."

Zur gleichen Zeit tüftelten Lucas Wildermuth und Nadine Müller an einem etwas anderen Problem, bei de aber auch die Anhängerkupplung im Mittelpunkt stand. Lucas Wildermuth.

"Wir haben einfach ne Situation in der Landwirtschaft gehabt, wenn man jetzt einen Zweiachsanhänger hat, und der ist eben an der Vorderachse schwer beladen, und die Untergrundeigenschaften sind zum Beispiel auf dem Feld einfach schlecht. Dann habe ich das Problem, ich kann die Deichsel vorne nicht mehr gut bewegen.

Und wenn ich jetzt den Anhänger ankuppeln will an meinen Traktor, dann habe ich das Problem, dass ich ganz genau die Deichselspitze treffen muss. Und wir hatten dann die Idee, wie wäre es, wenn man das Anhängemaul einfach linear verschieben kann. Dann muss ich bloß noch auf die Höhe der Deichselspitze fahren, kann es verstellen, ankuppeln und eben wieder auf Mittelstellung bringen, und habe eine Ankupplungsunterstützung."

Und aus den beiden Ideen hat sich dann Projekt einer intelligenten Anhängersteuerung entwickelt, das die drei angehenden Mechatroniker im August vergangenen Jahres gestartet haben und mit dem sie inzwischen Landessieger Baden-Württemberg im Jugend-Forscht-Wettbewerb geworden sind. Nadine Müller.

"Wir haben das so gemacht. Der Timo und ich wir sind ja in Waiblingen und der Lukas ist dann nach Waiblingen gekommen. Zu Programmieren waren wir aber in Feuerbach, und haben uns in Feuerbach getroffen. Also wir waren eigentlich jeden Tag zusammen."

Herausgekommen ist bei der ganzen Entwicklungsarbeit ein Modellfahrzeug, mit dem ein Lkw simuliert werden kann. Allerdings mit Muskelkraft - zumindest beim Fahren. Nadine Müller.

"Das ist ein Erwachsenen-Kettcar. Da haben wir vorne die Batterien hingeschraubt und einen Sensor, um unsere Lenkbewegungen zu ermitteln. Hinter dem Lenkrad befindet sich ein Touch-Screen. Dann haben wir einen ganz normalen Sitz, darunter befindet sich ein Laptop, unsere Recheneinheit. Und direkt hinter unserem Sitz befindet sich die Kamera mit der Lineareinheit."

Die Lineareinheit, das ist eine Anhängerkupplung, die nach links oder nach rechts rutscht, je nachdem, wie gegengesteuert werden muss. Und wie genau beim Rückwärtsfahren gegengesteuert werden muss, das wird in Echtzeit berechnet.

Timo Joos: "Die ganze Berechnung passiert in dem Laptop. Das ist mit Labview programmiert. Das ist ein grafisches Programmiersystem. Und da kriegen wir jetzt Informationen einmal von dem Lenkeinschlag vorne, dann kriegen wir Bildinformationen von der Kamera, über die wir ermitteln, wie der Hänger hinter dem Fahrzeug steht. Dann haben wir noch einen Sensor für die Fahrtbewegung, also ob wir vorwärts oder rückwärts fahren und wie schnell.

Und alle diese Daten werden im Laptop erfasst, verrechnet und werden dann als Stellbefehl für die Lineareinheit ausgegeben, die dann den Anhänger immer so verfährt, dass der Hänger genau dorthin fährt, wo mein Fahrzeug hinfahren will. Das berechnen wir über den Lenkeinschlag, deshalb verhält sich das Ganze nicht mehr wie ein Fahrzeug mit Anhänger, sondern wie ein langes Fahrzeug."

Ein regelrechtes Fahrerassistenzsystem ist da im Azubi-Forschungszentrum des Autozulieferers Bosch in Waiblingen entstanden. Die gesamte Technik dafür ist im Kettcar untergebracht. Bei einem LKW wäre sie in der Zugmaschine.

Lucas Wildermuth: "An dem Anhänger sind vorne zwei Punkte angebracht. Die Kamera sieht diese zwei Punkte und vermisst diese Punkte im Durchmesser und errechnet draus einen Faktor, wie die Punkte zueinander stehen und draus wird dann der Winkel ermittelt, in welchem der Anhänger zum Zugfahrzeug steht."

Bei der Endausscheidung von Jugend forscht am 21. Mai rechnen sich die drei schwäbischen Tüftler gute Chancen aus. Und auch die Chancen, dass aus der Zusatzlenkung für Anhänger ein richtiges Produkt wird, sind gar nicht so schlecht.

Timo Joos: "Es wäre natürlich schon ein Traum, wenn so was später wirklich umgesetzt wird. Interesse besteht bei Abteilungen auch. Es sind Patente drauf angemeldet. Ja es wäre schon gut, wenn das umgesetzt würde."

Einstweilen laufen in Waiblingen die letzten Vorbereitungen für die Endausscheidung von Jugend forscht. Denn eines soll in der Endausscheidung unbedingt klar werden.

"Das System kann ein Laie benutzen und kann damit rückwärts fahren."