Im Alltag läuft das Zusammenleben
Die mediale Debatte um Integration ist hitzig, im echten Leben bewerten aber Menschen mit und ohne Migrationshintergrund das Miteinander als gut. Allerdings gibt es ein Ost-West-Gefälle: Soziologin Claudia Diehl erklärt das mit einem Mangel an direktem Kontakt.
Neun Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen im Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) haben jetzt zum zweiten Mal nach 2016 eine repräsentative Studie unter dem Label "Integrationsbarometer" veröffentlicht. Ihre Studie kommt zu dem Schluss, dass die Stimmung beim Thema Integration stabil geblieben ist.
Claudia Diehl, eine der beteiligten Autorinnen, erklärt: "Man muss sagen, dass der Integrationsalltag immer noch von der Mehrheit der Befragten als ganz überwiegend positiv erlebt wird und dass sich daran auch nicht viel geändert hat, allen lauten Debatten zum Trotz."
Zufriedenheit auf beiden Seiten
Man habe allerdings auch keine großen Änderungen in der Einstellung erwartet, trotz der heftigen Debatten in der Öffentlichkeit und Aussagen wie der von Horst Seehofer, die Migration sei die Mutter aller Probleme. Die mediale Debatte sei eben oft sehr viel aufgeheizter und unterliege auch sehr viel stärker tagesaktellen Schwankungen als allgemeine Einstellungen zu Zuwanderung, so die Professorin für Mikrosoziologie an der Universität Konstanz.
Der SVR-Integrationsbarometer, so Diehl, messe die allgemeine Stimmung: "Wie läuft das Zusammenleben im Alltag – in Bereichen wie Freundschaften, Arbeitsmarkt, Schule: Und da muss man sagen, dass es sehr stabil ist und die Befragten generell zufrieden sind – und zwar sowohl die Befragten mit Migrationshintergrund als auch die ohne Migrationshintergrund."
Ost-West-Gefälle
In der Frage des Zuzugs von Flüchtlingen seien die meisten Befragten für die Aufnahme von Flüchtlingen, sie wollten diese Aufnahme aber politisch gesteuert wissen.
Auffällig sei, dass Frauen Zuwanderung und das Zusammenleben etwas positiver beurteilten als Männer – die Ursache dafür sei nicht ganz klar.
Zudem gebe es ein Ost-West-Gefälle: "Wir sehen eine Eintrübung des Integrationsklimas vor allem bei Personen in Ostdeutschland, die wenig eigene Kontakte zu Geflüchteten und zu Minderheitenangehörigen haben."
Das verwundere nicht wirklich, erklärt Soziologin Diehl: "In dem Moment, wo sie dem aufgeregten medialen Diskurs nicht eigene Alltagserfahrungen, die ja häufig positiv sind, entgegensetzen können, da beurteilen sie die Situation eher skeptisch."
(mf)