Installationen als Bilderrätsel
"The Absence of Mark Manders" ist die erste deutsche Retrospektive des 1968 geborenen Niederländers Mark Manders. Der Kunstverein Hannover zeigt seine Installationen aus Metallrohren, Klinker-Schornsteinen und Blasebälgen, mit ausgestopften Katzen und an den Golem erinnernden Tonfiguren.
Ein Torso liegt auf dem dunkelbraunen, krümeligen Erdboden in einer hohen Glasvitrine. Die Umrisse eines menschlichen Körpers, geformt aus allerlei Kugelschreibern, bunten Wäscheklammern und Klebstiften, auch Schwämmen, Tintenpatronen und Radiergummis. Mark Manders, damals 18 Jahre jung, legte sich diese "Selbstporträt als Gebäude" betitelte Arbeit 1986 zurecht - im Wortsinne: "Mit Objekten schreiben" hieß sein Programm – und bei dessen Realisierung ließ er den ganz gewöhnlichen Dingen ihren eigenen, eigenwilligen Lauf. Die Vielfalt der Farben und Formen beweist es. Hier war kein eigenmächtiger Autor am Werk, kein Regisseur, sondern ein "Macher", "a maker", wie der holländische Künstler sich selbst zurückhaltend nennt.
Und so zeigt er denn in dieser ersten deutschen Retrospektive kaum etwas von sich, dafür aber um so mehr von seiner Welt, von seinen Visionen und Vorstellungen. Nicht ausufernd, sondern in strenger räumlicher Begrenzung. Als Rebus, als Bilderrätsel entpuppen sich die Installationen aus Metallrohren, Klinker-Schornsteinen und Blasebälgen, mit ausgestopften Katzen und an den Golem erinnernden Tonfiguren. Aber nicht nur um die gedankliche Umkreisung dieser Begriffs- und Bilderfallen geht es Mark Manders, der auf "fox, mouse, belt" schaut, die lebensechte Skulptur des Fuchses, auf den mit einem Ledergürtel eine Maus geschnallt ist:
Mark Manders: " Die Art, wie jemand vor einem Werk steht, es physisch angeht, ist wichtig. Bei "Fuchs, Maus, Gürtel" etwa wollte ich wissen: Wie wird diese Arbeit in der Welt bestehen? Um das zu sehen, habe ich sie im Supermarkt aufgestellt, wo gleich ganze Gruppen darüber reden. Ich mag das Wort zwar nicht, aber da wurde es eine öffentliche Skulptur. "
Ein öffentliches Kunstwerk also, dem ganz private Intentionen zugrunde liegen – die aber nie direkt sichtbar, gar bewusst "ausgestellt" werden. Stephan Berg, Direktor des hannoverschen Kunstvereins, charakterisiert das als eine Art "Einverleibung":
" Da schluckt einer das andere, das passt im Supermarkt sehr gut. Diese Idee hat mich ohnehin an dem Werk von Mark Manders fasziniert: Dass er es schafft, mit seinen Szenen eben nicht nur den direkten Kontext, in dem sich die Arbeit befindet, zu verwandeln, sondern unsere Art, wie wir Dinge wahrnehmen, überhaupt. "
Regelrecht in die Zwickmühle, ins Niemandsland zwischen Konsum und Kontemplation schickt Manders den Betrachter einer riesigen roten Trommel, eines Resonanzkörpers, der von einem Sessel abgestützt wird. Eine Glasscheibe erlaubt den Blick ins Innere auf ein Panoptikum mit zwei ausgestopften Ratten, aber wer geruhsam in dem Fauteuil Platz nehmen würde, brächte die ganze Konstruktion zum Einsturz. Auch die dazugehörige Bildergalerie mit kleinen Gemälde-Reproduktionen von da Vinci, Cranach und Balthus lädt gewiss nicht zum beschaulichen Bummel ein.
Stattdessen sollte man ruhig einmal in die Knie gehen, auch unter die Arbeiten schauen. In einer Art Sandkasten ist eine karge Landschaft nachgebildet, darüber hängt ein Bleistift – am Galgen oder als Lot, je nach Sichtweise. Drunter aber stecken die Kleider vom Körper des Künstlers, eine aufgebauschte Jeans und ein kariertes Hemd. Ein Hauch "Persönliches", nicht zu viel und nicht zu wenig.
Berg: " Das ist eine Einmaligkeit, dass dieses Werk sich auf diesem Terrain einerseits so weit vorausgewagt hat, und auch Dinge zulässt, die viele andere nicht machen würden, weil sie sagen würden "kann kitschig werden, kann gefährlich werden, kann abdriften in die Untiefen" – dass er genau an dem Punkt ansetzt und dafür die Form findet. "
Das Rezept dafür verbirgt sich im Titel "The Absence of Mark Manders": Neben der fehlenden körperlichen Präsenz bedeutet Absence auch die Geistesabwesenheit, Zerstreutheit. Einen Zustand also, in dem der Künstler ohne zielgerichtete Absicht den Dingen Raum lässt, die Probleme sanft umkreist:
Berg: " Es ist die Suche nach Logik, nach Klarheit, nach Überprüfbarkeit, nach einer inneren Systematik, die sich eben nicht darin genügt, dass sie sagt, weil ich das so setze, funktioniert es. Sondern das Werk produziert seine eigene Logik, verwandelt Emotionalität in etwas Systematisches. "
Und damit fügt es sich, dass die Manders-Ausstellung für Stephan Berg, der im kommenden Jahr das Kunstmuseum in Bonn übernehmen wird, noch einmal wie im Brennglas jene Intentionen bündelt, die sein Programm im hannoverschen Kunstverein mit Positionen wie Stephan Huber oder Jonathan Monk geprägt haben:
Berg: " Was ich sagen kann: Dass mir immer ein Moment in der Kunst wichtig war, bei dem sich noch die persönlichen Antriebe wiederfinden lassen. Aber: so gefasst, so geformt. Und an der Stelle glaube ich schon, dass die Chancen in den letzten zehn Jahren für diese Art der Ich-Erzählung, einer Art gereinigten Ich-Erzählung, die sich nicht in erster Linie auf Minimal Art oder auf jüngere Kunstgeschichte bezieht, sondern einfach nach der eigenen Logik sucht, dass das wichtiger geworden ist."
Und so zeigt er denn in dieser ersten deutschen Retrospektive kaum etwas von sich, dafür aber um so mehr von seiner Welt, von seinen Visionen und Vorstellungen. Nicht ausufernd, sondern in strenger räumlicher Begrenzung. Als Rebus, als Bilderrätsel entpuppen sich die Installationen aus Metallrohren, Klinker-Schornsteinen und Blasebälgen, mit ausgestopften Katzen und an den Golem erinnernden Tonfiguren. Aber nicht nur um die gedankliche Umkreisung dieser Begriffs- und Bilderfallen geht es Mark Manders, der auf "fox, mouse, belt" schaut, die lebensechte Skulptur des Fuchses, auf den mit einem Ledergürtel eine Maus geschnallt ist:
Mark Manders: " Die Art, wie jemand vor einem Werk steht, es physisch angeht, ist wichtig. Bei "Fuchs, Maus, Gürtel" etwa wollte ich wissen: Wie wird diese Arbeit in der Welt bestehen? Um das zu sehen, habe ich sie im Supermarkt aufgestellt, wo gleich ganze Gruppen darüber reden. Ich mag das Wort zwar nicht, aber da wurde es eine öffentliche Skulptur. "
Ein öffentliches Kunstwerk also, dem ganz private Intentionen zugrunde liegen – die aber nie direkt sichtbar, gar bewusst "ausgestellt" werden. Stephan Berg, Direktor des hannoverschen Kunstvereins, charakterisiert das als eine Art "Einverleibung":
" Da schluckt einer das andere, das passt im Supermarkt sehr gut. Diese Idee hat mich ohnehin an dem Werk von Mark Manders fasziniert: Dass er es schafft, mit seinen Szenen eben nicht nur den direkten Kontext, in dem sich die Arbeit befindet, zu verwandeln, sondern unsere Art, wie wir Dinge wahrnehmen, überhaupt. "
Regelrecht in die Zwickmühle, ins Niemandsland zwischen Konsum und Kontemplation schickt Manders den Betrachter einer riesigen roten Trommel, eines Resonanzkörpers, der von einem Sessel abgestützt wird. Eine Glasscheibe erlaubt den Blick ins Innere auf ein Panoptikum mit zwei ausgestopften Ratten, aber wer geruhsam in dem Fauteuil Platz nehmen würde, brächte die ganze Konstruktion zum Einsturz. Auch die dazugehörige Bildergalerie mit kleinen Gemälde-Reproduktionen von da Vinci, Cranach und Balthus lädt gewiss nicht zum beschaulichen Bummel ein.
Stattdessen sollte man ruhig einmal in die Knie gehen, auch unter die Arbeiten schauen. In einer Art Sandkasten ist eine karge Landschaft nachgebildet, darüber hängt ein Bleistift – am Galgen oder als Lot, je nach Sichtweise. Drunter aber stecken die Kleider vom Körper des Künstlers, eine aufgebauschte Jeans und ein kariertes Hemd. Ein Hauch "Persönliches", nicht zu viel und nicht zu wenig.
Berg: " Das ist eine Einmaligkeit, dass dieses Werk sich auf diesem Terrain einerseits so weit vorausgewagt hat, und auch Dinge zulässt, die viele andere nicht machen würden, weil sie sagen würden "kann kitschig werden, kann gefährlich werden, kann abdriften in die Untiefen" – dass er genau an dem Punkt ansetzt und dafür die Form findet. "
Das Rezept dafür verbirgt sich im Titel "The Absence of Mark Manders": Neben der fehlenden körperlichen Präsenz bedeutet Absence auch die Geistesabwesenheit, Zerstreutheit. Einen Zustand also, in dem der Künstler ohne zielgerichtete Absicht den Dingen Raum lässt, die Probleme sanft umkreist:
Berg: " Es ist die Suche nach Logik, nach Klarheit, nach Überprüfbarkeit, nach einer inneren Systematik, die sich eben nicht darin genügt, dass sie sagt, weil ich das so setze, funktioniert es. Sondern das Werk produziert seine eigene Logik, verwandelt Emotionalität in etwas Systematisches. "
Und damit fügt es sich, dass die Manders-Ausstellung für Stephan Berg, der im kommenden Jahr das Kunstmuseum in Bonn übernehmen wird, noch einmal wie im Brennglas jene Intentionen bündelt, die sein Programm im hannoverschen Kunstverein mit Positionen wie Stephan Huber oder Jonathan Monk geprägt haben:
Berg: " Was ich sagen kann: Dass mir immer ein Moment in der Kunst wichtig war, bei dem sich noch die persönlichen Antriebe wiederfinden lassen. Aber: so gefasst, so geformt. Und an der Stelle glaube ich schon, dass die Chancen in den letzten zehn Jahren für diese Art der Ich-Erzählung, einer Art gereinigten Ich-Erzählung, die sich nicht in erster Linie auf Minimal Art oder auf jüngere Kunstgeschichte bezieht, sondern einfach nach der eigenen Logik sucht, dass das wichtiger geworden ist."