Insekten als Nahrung

Füttern oder futtern?

08:40 Minuten
Abbildung einer Soldatenfliegenkolonie im Leibniz-Institut für Nutztierbiologie.
Soldatenfliegen als Eiweißquelle für Tierfutter sind schon gut erforscht. © picture alliance / dpa / Bernd Wüstneck
Oliver Schlüter im Gespräch mit Dieter Kassel |
Audio herunterladen
Insekten könnten ein wichtiges Futtermittel in der Geflügel- und Schweinezucht werden. Lebensmittelbiologe Oliver Schlüter warnt jedoch, man müsse bei der Massentierhaltung frühere Fehler vermeiden.
Seit September 2021 sind Insektenproteine für die Verarbeitung von Geflügel- und Schweinefutter erlaubt. Damit gibt es nun auch die Möglichkeit, diese Insekten in Futtermittel einzuarbeiten. "Bislang war es nur möglich, Haustiere mit Insekten zu füttern", sagt Oliver Schlüter vom Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie.
Außerdem seien Insekten als Fischmehlersatz für Aquakulturen zugelassen. Insekten böten damit eine Alternative, das Fischfutter zumindest zu ergänzen.

"Das ist ein riesiges Potenzial"

Insekten ließen sich vermahlen und einarbeiten in Futter, es komme aber darauf an, welches Insekt man betrachte. Beschrieben seien etwa eine Million, es könnten aber auch zwei Millionen oder mehr sein. "Das ist ein riesiges Potenzial", sagt Schlüter.
Grillen, Mehlwürmer ließen sich als Ganzes verarbeiten. Da bestimmte Bestandteile wie Chitin nicht ideal für die Fütterung sei, ließen sich die Proteine auch abtrennen. Sie könnten auf diese Weise in Futtermittel eingearbeitet werden.
Bislang dürften nur "einige wenige" Insekten als Futtermittel genutzt werden, etwa Schwarze Soldatenfliegenlarven. "Das liegt daran, dass sie sehr dankbare Futterverwerter sind", sagt der Forscher.

Neue Form der Massentierhaltung

Insektenproduktion als Futtermittel im großen Stil sei jedoch eine Herausforderung. "Wir reden hier von Massentierhaltung, wenn auch im kleineren Maßstab, was das Tier betrifft", sagt Schlüter. Es gebe aber bereits sehr große Anlagen, in denen Insekten gezogen würden.
"Es ist natürlich immer eine Herausforderung, mit Tieren zu arbeiten und die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen." Man müsse zum Beispiel wissen, welche Lebenszyklen die Tiere durchlaufen. Verpuppen sie sich oder gehen sie gleich ins adulte Tierstadium über?
Auf dem Rand einer Couch stehen zwei Schalen mit Snacks: eine mit Erdnüssen, die andere mit Mehlwürmern
Vielleicht wird es irgendwann auch für Menschen normal sein, Mehlwürmer wie Erdnüsse zu essen.© picture alliance / dpa /Christin Klose
Die Schwarze Soldatenfliegenlarve – das adulte Tier – etwa brauche relative viel Bewegungsfreiheit, "das ist eine Fliege", sie müsse die Eier ablegen, die sich dann weiter entwickeln müssen. Für diese Stadien brauche man verschiedene Umgebungsbedingungen.
Bei Grillen könne man die Umgebungsbedingungen dagegen relativ konstant bei 28 Grad Celsius und einer Luftfeuchtigkeit von etwa 70 Prozent halten, "damit ist das einfacher umsetzbar".

Die Fehler der Massentierhaltung sollten vermieden werden

Seit Mitte dieses Jahres sind auch Mehlwürmer für die menschliche Ernährung zugelassen. Man müsse aber die Generationszeiten berücksichtigen: "Wie lange brauchen die, um sich zu entwickeln?" Grillen bräuchten nur etwa 30 Tage, um sich zu entwickeln, Mehlwürmer rund drei Mal so lange.
Eine mögliche Massentierhaltung bedürfe indes besonderer Umsicht, meint Oliver Schlüter: "Wir sollten aus den Fehlern der Vergangenheit lernen, auch aus anderen Tierhaltungssystemen". Die Mitforschenden seien aber einstimmig der Meinung, dass keine Antibiotika zugesetzt werden sollen und dürfen.
Die Soldatenfliegenlarve verfüge ohnehin über eigene Abwehrmechanismen. Die Schwarze Soldatenfliege etwa bilde antimikrobielle Peptide, "die dafür sorgen, dass keine Mikroorganismen wachsen." Der Ansatz sei daher, diese eigenen Abwehrmechanismen zu stärken, damit keine unerwünschten Mikroorganismen wachsen könnten.

Die Konferenz "Insecta 2021" findet in Magdeburg vom 8. bis 9. September 2021 statt.

(ros)
Mehr zum Thema