Die Tage, an denen ich pausierte, wurden immer mehr. Mein innerer Schweinehund ließ sich kaum noch überlisten. Mal war es zu früh, mal war es zu spät. Ich war zu müde, zu kaputt, hatte dringend anderes zu tun – oder aber ich hatte einfach keine Lust, mich zu quälen.
Wie ich meinen inneren Schweinehund überwunden habe
02:12 Minuten
Von Sabine Gerlach · 14.05.2023
Viele haben gute Vorsätze, wollen körperlich aktiv sein und sich fit halten. Manche haben allerdings oft bald keine Lust mehr. Sabine Gerlach schildert, wie sie ihren inneren Schweinehund überlistet hat.
Seit einiger Zeit steht ein Fahrradergometer in meinem Wohnzimmer. Hat sich zufällig so ergeben. Eine liebe Freundin hatte sich verkauft. Nach anfänglichem Elan stand das gute Stück nutzlos bei ihr herum.
Ein Fitmacher in der eigenen Wohnung
Für mich die Gelegenheit, mir endlich – wie schon lange geplant – einen Fitmacher in die Wohnung zu holen.
Die ersten Wochen lief es richtig gut. Stark motiviert schwang ich mich jeden Tag auf den Sattel und trat kraftvoll in die Pedale. Kontrollierte Herzfrequenz und Geschwindigkeit und freute mich über jeden gefahrenen Kilometer.
Dann aber erlahmte mein Ehrgeiz.
Anfangs meldete sich noch mein schlechtes Gewissen, bald aber war ich eine Meisterin darin, die mahnende innere Stimme zu überhören.
Mein innerer Schweinehund jubilierte
Mehr noch: Es gelang mir mühelos, durch den schwarzen Koloss in meinem Wohnzimmer hindurchzuschauen, so als hätte er sich in Luft aufgelöst. Mein innerer Schweinehund jubilierte.
Es sah ganz danach aus, als sollte meinem digitalen Personaltrainer das Schicksal so vieler anderer Fitnessgeräte beschieden sein, die oft – für viel Geld und mit guten Vorsätzen angeschafft – über kurz oder lang im Keller landen oder ein jämmerliches Dasein als Kleiderständer fristen.
Ganz so schlimm ist es dann doch nicht gekommen. Von meinen Enkelkindern, drei und fünf, wird das Fahrradergometer geliebt.
Es dient als Klettergerüst und der gebogene Griff als Schaukel – oder es wird kurzerhand für Reisen um die halbe Welt in ein Flugzeug umfunktioniert.
Angesteckt von Abenteuerlust
Und ich – angesteckt von so viel Abenteuerlust und Bewegungsfreude – schwinge mich inzwischen wieder regelmäßig auf den Sattel. Auch wenn ich zu müde bin, es eigentlich zu spät, zu früh… – na, Sie wissen schon…
Mein innerer Schweinehund ist übrigens ziemlich kleinlaut geworden. Er meldet sich nur noch ab und zu und dann auch nur ganz zaghaft.
