Initiative für ein Lieferkettengesetz

Freiwilligkeit bei Sozial- und Umweltstandards reicht nicht aus

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Ein Blick in eine Textilfabrik in Bangladesch. Ein Gang befindet sich zwischen einer Reihe von Tischen mit Nähmaschinen an denen Frauen sitzen und Kleidung herstellen.
Auch deutsche Unternehmen profitieren von globalen Lieferketten, etwa durch die Herstellung von Kleidung in Bangladesch. © Picture Alliance / dpa / Nick Kaiser
Johanna Kusch im Gespräch mit Axel Rahmlow · 10.09.2019
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Deutsche Unternehmen profitieren von der Globalisierung. Doch nur wenige kümmern sich auch darum, dass in den Lieferketten Menschenrechte geachtet und Umweltstandards eingehalten werden. Eine Initiative will das nun ändern.
Eigentlich sollen Unternehmen seit 2011 dafür sorgen, dass Mindeststandards in ihren Lieferketten eingehalten werden. Seitdem gibt es die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Doch noch immer werden sie missachtet.
Deswegen fordert nun eine Initiative von 64 Gewerkschaften, Umwelt-, Menschenrechts-, Entwicklungshilfe- und kirchlichen Organisationen: Alle in Deutschland tätigen Unternehmen müssen darauf achten, dass in ihren globalen Lieferketten die Menschenrechte und der Umweltschutz beachtet werden. Weil sie das freiwillig nicht machen, solle die Bundesregierung sie bis 2020 durch ein Lieferkettengesetz dazu verpflichten. Dann könnten Unternehmen bei Schäden an Menschen und Umwelt haftbar gemacht werden. Betroffene sollen klagen können.

Deutsche Unternehmen global tätig

Fakt sei, dass 70 Prozent der weltweiten Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten geschehen und gleichzeitig der Handel 70 Prozent seines Gewinns in Lieferketten erzielt, erklärt Johanna Kusch von der Organisation Germanwatch. Sie ist Koordinatorin und Sprecherin der Initiative Lieferkettengesetz.
Die deutschen Unternehmen seien im globalen Lieferkettengeschäft sehr aktiv, unterstreicht Kusch. Bayer verkaufe beispielsweise in Brasilien Pestizide, TÜV Süd zertifiziere ebenfalls in Brasilien Staudämme, und Textilunternehmen ließen in Bangladesch und Pakistan produzieren.
Zwar gebe es einige Label, die Verbraucher über die Einhaltung von Umwelt- und Menschenrechten bei der Produktion informierten, doch seien diese freiwillig. Das reiche nicht aus, so Kusch.

Es gibt bereits Regeln

Es sei ein Widerspruch, dass deutsche Unternehmen in einer globalisierten Welt ihre Profite machen könnten, aber nicht dazu verpflichtet seien, die Menschenrechte zu achten, sagt Kusch. Lieferketten seien mitunter kompliziert, aber bei der Sicherung der Qualität sei die Überwachung gegeben. Diese Anforderungen müssten auch bei den Produktionsbedingungen gelten, fordert Kusch.
Bereits seit 2011 seien Mindeststandards in den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte festgehalten. In dieser internationalen Übereinkunft heiße es, alle Unternehmen müssten sich über die Auswirkungen ihrer Aktivitäten auf die international anerkannten Menschenrechte bewusst seien.

Ein internationaler Trend

Mit dem geforderten Lieferkettengesetz soll dazu beigetragen werden, dass sich die Unternehmen an die bereits bestehenden Menschenrechtsstandards hielten, sagt Kusch:
"Das tun zu diesem Zeitpunkt noch nicht alle. Aber irgendwo muss der Anfang gemacht werden. Deutschland ist nicht das einzige Land. In Frankreich gibt es beispielsweise bereits ein Gesetz, das große französische Unternehmen zur Einhaltung dieser Sorgfaltspflichten verpflichtet", so Kusch. Dies sei zudem bereits ein internationaler Trend.
"Die Zeit ist reif. Die Bundesregierung hat das Thema bereits im Koalitionsvertrag angerissen", sagt Kusch. Außerdem sei es für Mitte 2020 auch auf der Agenda des Kabinetts. Dann sollen die Ergebnisse einer Prüfung vorliegen, ob Unternehmen bereits genügend für die Einhaltung der Standards getan haben.
(rzr)
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