Inhalte und Posten einer großen Koalition

Von Michael Groth |
Da kann sich der Generalsekretär der CDU noch soviel Mühe geben: Die inhaltlichen Schwerpunkte der Union für die kommenden Koalitionsverhandlungen mit der SPD – dies war sein heutiges Thema – interessieren zurzeit nur bedingt.
Der Grund liegt nicht darin, das Volker Kauder wenig Neues zu verkünden wusste – sieht man von der vorsichtigen Andeutung ab, CDU und CSU könnten – anders als im Wahlkampf verkündet – vielleicht auf eine höhere Mehrwertsteuer verzichten.

Nein, der Grund liegt darin, dass es interessanter ist über Personen zu spekulieren, als abstrakte Forderungen nach Haushaltskonsolidierungen zu vernehmen. Müntefering hat demonstriert, wie Posten schnell und relativ geräuschlos besetzt werden können.

Angela Merkel hat es nicht so leicht. Bis zum 18. September fühlte sich die Union gleichsam als Regierung, die nur noch vom Volk bestätigt werden musste. Das Ergebnis ist bekannt.

Nun gibt es zu viele Interessenten für zu wenig Ämter: genau genommen für sechs, betrachtet man die Spitze der Ministerien. Hinzu kommt der Fraktionsvorsitz, der Generalsekretär und der Kanzleramtschef. Macht sieben Positionen, die ausgewogen besetzt werden müssen.

Die Qualifikation der Bewerberin oder des Bewerbers spielt hier nicht die wichtigste Rolle. Wichtiger ist, aus welchem Landesverband sie kommt, welchem Ministerpräsidenten er nahe steht. Eine Kanzlerin Merkel ist auf die Unterstützung der Unionsministerpräsidenten angewiesen. Jeder möchte seinen Mann oder seine Frau am Kabinettstisch unterbringen. Dass es die CDU-Vorsitzende dabei nicht allen recht machen kann, liegt auf der Hand.

Vor Angela Merkel dürfte ein schwieriges Wochenende liegen. Ohne Hausmacht in der Partei riskiert sie einen Balanceakt. Ist sie bei Schäuble im Wort? Kann sie Beckstein verhindern und Seehofer verkraften? Wird sie Franz Josef Jung berücksichtigen, den Vertrauten Roland Kochs, und soll sie an Ursula von der Leyen festhalten, obwohl deren eigener Landesverband die Familienministerin in spe kritisiert?

Übermäßiges Vertrauen ist Frau Merkels Sache nicht. Bislang hat sie damit Erfolg. Es ist ein kleiner Kreis, auf den sie sich verlässt. Dazu gehören Röttgen, Pofalla und Kauder: Auch für sie soll gesorgt werden. Gerade im Fall des Generalsekretärs – er ist als Fraktionsvorsitzender im Gespräch – wird deutlich, worum es geht. Kauder trägt als Wahlkampfmanager wesentliche Verantwortung für das Desaster am 18.9.; aber der Mann ist absolut loyal, und er ist in der Fraktion nach wie vor anerkannt.

Man darf gespannt sein, wie Frau Merkel die Personalfragen am Montag beantwortet. Mit welchen Vorschlägen auch immer sie dann in die Koalitionsverhandlungen geht: Die Unzufriedenen werden sich äußern. Einer der ersten dürfte Edmund Stoiber sein, dessen ständige Maximalforderungen ein Grundproblem des Dilemmas sind.