Inhaftierter Künstler in Russland im Hungersteik

Nur wenig Aufmerksamkeit für den Fall "Senzow"

Menschen in Kiew zeigen Protestplakate mit der Forderungan an die russische Regierung nach einer Freilassung des Künstlers Oleg Senzow
In Kiew ist der Protest gegen die Senzow-Inhaftierung groß, in Russland ist die Aufmerksamkeit für den Fall nur sehr gering. © imago stock&people / Sergii Kharchenkow
Thielko Grieß im Gespräch mit Moderatorin Christine Watty · 13.07.2018
Seit zwei Monaten befindet sich der in Russland inhaftierte Filmemacher Oleg Senzow im Hungerstreik. Verlässliche Infos über seinen Gesundheitszustand sind nach Einschätzung von Korrespondent Thielko Grieß kaum zu bekommen. Nun prüft der Kreml ein erneutes Gnadengesuch.
Der in Russland inhaftierte ukrainische Filmemacher Oleg Senzow ist durch seinen nun bereits zwei Monate andauernden Hungerstreik in russischer Lagerhaft deutlich geschwächt. Nach Einschätzung des Russland-Korrespondenten Thielko Grieß ist es aber schwer, realistisch einzuschätzen, wie der Gesundheitszustand des 42-Jährigen wirklich ist: "Die Informationslage darüber, wie es ihm geht, ist nicht ganz klar."
Der aktuelle Zustand derzeit sei "kritisch", hatte die Cousine des Filmemachers, Natalia Kaplan, vor wenigen Tagen nach einem Besuch in dem Gefängnis im Norden Russlands berichtet. Der 42-Jährige könne laufen und werde von Ärzten betreut. Grieß zufolge wird Senzow nun in einem medizinischen Teil der Haftanstalt betreut. Senzow hatte zuvor selber der Öffentlichkeit mitgeteilt, dass er künstlich ernährt werde und zwar mit Glukose und Vitaminen durch die Ärzte der Haftanstalt.

Eine Lösung? - So verpacken, dass es keinen Gesichtsverlust gibt

Ähnlich schwierig sei eine realistische Einschätzung, wie eine Lösung aussehen könnte, erklärte Grieß. Die sehr harte Haltung der russischen Staatsführung in diesem Fall decke sich mit dem Vorgehen in ähnlichen Fällen: Auf internationalen Druck reagiere man höchsten mittelbar. Auf die internationelen Interventionen und Einsprüche sowie auf Senzows Hungerstreik sei man vor und während der WM im Land nicht eingegangen. Möglicherweise aber reagiere der Staat nach dem Turnier: "Und das wird man dann so verpacken, dass es eben kein Gesichtsverlust sein wird", meint Grieß. Möglicherweise erfolge vielleicht dann eine Freilassung, allerdings wohl nur in Reaktion auf Gegenleistungen der Ukraine, etwa durch einen Gefangenenaustausch.
Grieß berichtet, dass die Aufmerksamkeit für den Fall des ukrainischen Künstlers, der wegen Terrorismus und der Planung terroristischer Anschläge zu 20 Jahren Lagerhaft verurteilt worden war, in Russland nur sehr gering sei: "Oleg Senzow mag in manchen Kreisen sehr bekannt sein, in der russischen Öffentlichkeit ist er das nicht." Allerdings habe nun das Gnadengesuch seiner Mutter für zumindest etwas Medienpräsenz des Falles in Russland gesorgt. Ljudmila Senzowa bat darin Staatschef Wladimir Putin um die Freilassung ihres Sohnes. Putin solle "Erbarmen" mit ihm haben und ihn begnadigen, bat Senzows Mutter in einem Brief vom 22. Juni, der am Freitag veröffentlicht wurde.

Haft in einer Anstalt am Polarkreis

Senzow - Künstler und pro-ukrainischer Aktivist - ist im Lager Labytnangi am Polarkreis inhaftiert. Verbunden mit seinem Hungerstreik in Haft hat er die Forderung nach Freilassung aller in Russland einsitzenden ukrainischen politischen Gefangenen. Internationale Bemühungen um eine Freilassung Senzows hatten bislang keinen Erfolg. Senzog stammt von der Krim. Er war nach der Annexion der Halbinsel durch Russland im Jahr 2014 von einem russischen Gericht als angeblicher Terrorist zu 20 Jahren Lagerhaft verurteilt worden.
(sru)
Mehr zum Thema