Induktionskochen

Guter Herd ist Goldes wert

Eine Köchin rührt im Schnell-Restaurant "Cha Cha" in Hamburg den Wok auf einem Induktionsherd.
Wichtige Regel: Die Töpfe müssen zentriert auf den Feldern stehen. © picture alliance / dpa / Ulrich Perrey
Von Udo Pollmer |
Sie sind der letzte Schrei in der Küche: Induktionsherde. Es sind Herde, bei denen die Töpfe und Pfannen nicht durch eine heiße Platte, sondern direkt per Magnetfeld erhitzt werden. Das Problem: Elektrische und magnetische Felder können auch im Körper Strom erzeugen. Ab einer bestimmten Stärke reagieren Nerven und Muskeln.
Ein Gutachten des schweizerischen Bundesamtes für Gesundheit lässt aufhorchen: Gegenstand ist eine küchentechnische Neuerung, über die es nur verdammt wenig solide Daten gibt: der Induktionskochherd. Es geht nicht darum, von Amts wegen eine neue Sau durch die Bergdörfer zu treiben, nachdem sich die Angst vor den Mikrowellenherden gelegt hat; die Gutachter wollten bei diesem nebulösen Thema endlich Klarheit.
Wir dürfen nicht vergessen: Bei den Mikrowellenherden gab es anfangs auch Probleme, weil man sie während des Betriebes öffnen konnte. Damals kam es vor, dass Köche daran erblindeten. Inzwischen sind die Geräte so konstruiert, dass wirklich nichts mehr passieren kann. Doch neue Techniken bergen neue Risiken.
Induktionsherde sind Herde, bei denen die Töpfe und Pfannen nicht durch eine heiße Platte, sondern direkt per Magnetfeld erhitzt werden. Das Aufheizen geht ruckzuck; stellt man die Kochfläche aus, ist die Energiezufuhr sofort beendet, ähnlich wie bei einem Gasherd. Energiepolitisch sind Induktionsherde der letzte Schrei in der Küche. Die Energieersparnis lag nach einer Kalkulation von Stiftung Warentest bei stolzen 5 Euro im Jahr. Heute sind das wohl ein paar Euro mehr.
Der physikalische Vorgang, um Magnetfelder in Hitze umzuwandeln, sei nur kurz erwähnt: Das Magnetfeld erzeugt im elektrisch leitenden Topfboden einen kreisförmigen Wirbelstrom. Die ferromagnetischen Materialien drängen ihn in die äußere Schicht des Bodens, was zu einer starken Erhitzung führt. Zudem treten Ummagnetisierungen auf, die ebenfalls Hitze erzeugen. So sehen das die Physiker.
Leider wird das Magnetfeld nur unvollständig vom Topf absorbiert, sodass der Herd ein Streufeld an die Umgebung abgibt. Zudem kann ein kleiner Teil des elektrischen Stroms beim Anfassen des Topfes durch den Körper fließen – der sog. Ableitstrom. Das Problem: Elektrische und magnetische Felder können prinzipiell auch im Körper Strom erzeugen. Ab einer bestimmten Stärke reagieren Nerven und Muskeln.

Vage Grenzwerte

Die Grenzwerte sind so angelegt, dass sie diese Wirkungsschwelle um den Faktor 50 unterschreiten. Genaueres weiß man nicht, denn die Ströme lassen sich im menschlichen Körper gar nicht messen – sie müssen aufgrund komplizierter Hilfsmessungen durch Simulationen berechnet werden, in der Hoffnung, dass das Ergebnis schon irgendwie passt.
Da das sogar den Physikern zu kompliziert ist, wurden aus den vagen Grenzwerten noch willkürlichere Referenzwerte abgeleitet, die aber leichter zu bestimmen sind. Vertrauenserweckend ist ein solcher Eiertanz gewiss nicht. Nun heißt es, wenn diese Referenzwerte eingehalten werden, sei alles gut, – natürlich nur vorausgesetzt, der Koch hält sich seinerseits an die Regeln der Küchenphysik: Er nimmt also nur Kochgeräte, deren Böden völlig plan sind – obwohl für diese Herde Pfannen mit ziemlich unebenen Böden verkauft werden. Außerdem müssen die Töpfe genau auf die Kochfelder passen – wie leicht wird im Eifer des Gefechtes auch mal eine kleinere Pfanne aufs Kochfeld gestellt? Die Töpfe müssen zentriert auf den Feldern stehen – doch auf der glatten Platte verrutschen sie beim Umrühren.

Belastung vor allem für Kinder und Schwangere

Weil die Schweizer wissen wollten, was passiert, wenn der Koch ausnahmsweise kein Physiker ist, haben sie handelsübliche Kochfelder in eigener Regie getestet. Ergebnis: Wenn's dumm läuft, können die Referenzwerte überschritten werden. Der höchsten Belastung sind Kinder und Schwangere ausgesetzt, der geringsten korpulente Herren. Auffällig war ein Profigerät für Restaurants, das reichlich Power bringt: Bei ihm lag die Belastung deutlich höher. Köche, die lange am Herd stehen, dürften also mit Gas oder Keramik besser bedient sein.
Liest man das Gutachten aufmerksam durch, bleibt ein komisches Gefühl zurück. Nicht weil dort explizit Bedrohliches gefunden wurde, sondern weil selbst ausgewiesene Fachleute trotz sorgfältiger Messungen letztlich spekulieren müssen.
Fazit: Nichts Genaues weiß man nicht. Aber wenn sich jemand am Induktionsherd keine Gedanken machen muss, dann ich. Mahlzeit!
Literatur:
  • Bundesamt für Gesundheit: Induktionskochherd. Bern 11. Okt. 2016
  • Empfehlung des Rates vom 12. Juli 1999 zur Begrenzung der Exposition der Bevölkerung gegenüber elektromagnetischen Feldern (0 Hz – 300 GHz). 1999/519/EG; Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften L 199/59, 30. 7. 1999
  • Zweiter Durchführungsbericht 2002-2007 der Kommission vom 1. September 2008 über die Anwendung der Empfehlung 1999/519/EG des Rates vom 12. Juli 1999 zur Begrenzung der Exposition der Bevölkerung gegenüber Elektromagnetischen Feldern (0 Hz – 300 GHz) KOM(2008) 532 endg.
  • Hirose M: Electromagnetic interference of implantable unipolar cardiac pacemakers by an induction oven. Pacing and Clincial Electrophysiology 2005; 28: 540-548
  • Anon: Heiß, die kalte Platte. Stiftung Warentest 2009; H.9 S.56-62
  • Bundesamt für Strahlenschutz: Häufig gestellte Fragen zum Thema "Elektrische und magnetische Felder bei Haushaltsgeräten"
  • Zaret MM: Cataracts following use of microwave oven. New York State Journal of Medicine 1974; 74: 2032-2048
  • Classic K: Microwave ovens. Health Physics Society 2016
  • International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection: Guidelines for limiting exposure to time-varying electric and magnetic fields (1 Hz to 100 kHz). Health Physics 2010; 99: 818–836
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