Indische Weisheiten für Manager

Reichtum, Ethik und Lust müssen sich im Gleichgewicht befinden, bilanziert Nury Vittachi. In seinem neuen Buch über ethische Grundsätze in der Unternehmensführung versucht der indische Krimiautor und Managementberater, die Quellen fernöstlicher Geschäftstüchtigkeit zu erschließen: "Das Kamasutra für Manager".
Guter Rat ist auch für Manager nicht teuer. Man muss das Firmenbudget nicht einmal mit einem der kostspieligen "Executive education Programme" von McKinsey & Co. belasten. Der aktuelle Buchmarkt hält alles bereit, was der erfolgreiche Unternehmensführer wissen muss. Dabei haben in letzter Zeit vor allem solche Business-Ratgeber Konjunktur, in denen ethische Aspekte dominieren. Angesichts des vorherrschenden moralischen Analphabetismus in der Führung deutscher Topfirmen - der Name Zumwinkel sei hier nur eisbergspitzenhalber noch einmal genannt - hat aber auch der Laie ein Interesse zu erfahren, wie wirtschaftlicher Gewinn und ethische Standards sich im Handeln der ökonomischen Elite vereinen lassen.

Eine kurzweilige Einführung in diesen komplexen Bereich verdanken wir nun dem gebürtigen Inder Nury Vittachi, der im Westen vor allem durch seine Honkong-Krimis bekannt wurde, in denen ein feng-shui-kundiger Meisterdetektiv unter anderem einer veganen Terrorgruppe das Handwerk legt.

Fernöstliche Weisheit und westliche Coolness verbindet Vittachi auch in seinen Management-Vorträgen auf eine leichtfüßig-ironische Weise, der man sich kaum entziehen kann. In Form flotter Einführungen umreißt er die Lehren großer Feldherren und Staatenlenker, um zu zeigen, dass in der uralten Kultur Indiens geschäftlicher Erfolg und gemeinnütziges Denken schon immer auf das Engste miteinander verknüpft waren. So erfahren wir etwa, wie der weise Kriegsherr Vishnugupta Chanakya vor mehr als zweitausend Jahren zwar ein äußert gewiefter Stratege war, der zur Erlangung absoluter Macht vor Giftmord und anderen gewinnbringenden Schachzügen nicht zurückschreckte, während er - so Vittachis implizite Mahnung an westliche Heuschrecken - stets die Glückseligkeit des einfachen Volkes im Auge hatte.

Wir lernen: Der erleuchtete Unternehmensstratege greift nur dann zum Äußersten, wenn es dem Allgemeinwohl dient. Dass eine solche Moralkonzeption von Bestechung bis hin zur Schutzgelderpressung ein reiches Repertoire von strategischen Optionen eröffnet, entgeht Vittachi offenbar in seiner Begeisterung für die goldenen Sentenzen des Subkontinents. So reihen sich Anekdoten aus der Bhagavadgita, auch hier fließt tüchtig Theaterblut, lose an Episoden aus dem Leben des Buddha - "Nur das Innere zählt!" - die wiederum in unmittelbare Nachbarschaft zur Lebens- und Liebeslehre des Kamasutra geraten.

Apropos Kamasutra: Anders als der Titel verspricht, spielt der hierzulande vorwiegend zum Sexhandbuch verflachte Text nur im letzten Kapitel von sieben wirklich eine Rolle. Vittachi resümiert hier noch einmal seine Vision, dass unternehmerisches Handeln nur dann zum Erfolg führt, wenn sich in ihm Artha - Reichtum -, Dharma - Ethik -, und Kama - Lust - im Gleichgewicht befinden.

Wer würde es wagen, solchen zeitlosen Wahrheiten zu widersprechen? Ähnlich harmonisch ging es seinerzeit auch in Blake Edwards unsterblicher Komödie "Der Partyschreck" zu. Dort trieb der von Peter Sellers gespielte indische Kleindarsteller Hrundi V. Bakshi die Party eines mächtigen Hollywood-Bosses in den wortwörtlichen Untergang: Stets lächelnd in einem Meer aus Schaumschlägerei.

Rezensiert von Ralf Müller-Schmid

Nury Vittachi: Das Kamasutra für Manager
Führen, Leisten und ethisch handeln

Aus dem Englischen von Michael Schmidt
O.W. Barth 2008
252 Seiten, 16,90 Euro