"In guten Händen"

Von Hannelore Heider |
"In guten Händen" - hinter diesem witzigen deutschen Verleihtitel verbirgt sich eine britische Komödie, die mit bestem englischen Humor und einem exzellenten Ensemble ausgestattet, höchstes Amüsement, lehrreiche Unterrichtung und prächtigen Augenschmaus bietet.
Erzählt wird die Geschichte der Erfindung des Vibrators und damit der Emanzipation der Frau in gleich mehrfacher Hinsicht nämlich als Moral-, Wissenschafts- und Liebesgeschichte. Diese trockene, aber zutreffende Einordnung hebt diese durchaus auch romantische Komödie aus dem Kinoallerlei, ebenso wie ihre Detail versessene Rekonstruktion einer Zeit, die sowohl viktorianisch prüde als auch technikbesessen war, denn die Elektrizität hielt Einzug in alle Lebensbereiche.

Ein schöner Protagonist, wenn auch nicht der Held des Filmes, ist Gentleman-Erfinder Lord Edmund St Jones-Smythe, gespielt von Rupert Everett. Sein Versuch, einen elektrischen Staubwedel zu konstruieren, wird zur segensreichen Erfindung des Vibrators führen, auf den ein Dr. Mortimer Granville Ende des 19. Jahrhunderts das Patent anmeldete.

Als nüchtern medizinisches Gerät und, wohlgemerkt, als Sternstunde für die Jahrtausende alte Therapie der Hysterie bei Frauen. Das klingt so komisch, wie es ist, denn von den alten Griechen über die Perser bis zu Ärzten der Neuzeit wurden alle "Frauenleiden" aus einem Punkt heraus kuriert – der Machospruch war medizinische Praxis, Verkrampfung und Entkrampfung das Allheilmittel zum Kurieren von Frustration, Rebellion, schlechter Stimmung und sogar dem Wunsch nach Wahlrecht.

Erfolgreich praktiziert das ein alter Frauenarzt in London, und weil die Praxis stets voll ist, bittet er den jungen Dr. Mortimer Granville (Hugh Dancy), ihm im wahrsten Sinne des Wortes zur Hand zu gehen, bis ihm eine hartnäckige Überforderung fast das Handwerk legt. Mit stoischer Mine übersehen die Doktoren dabei die entzückten Minen ihren Patientinnen auf dem altertümlichen Gynäkologenstuhl, woraus der Film einen Großteil seines Witzes zieht.

Die Frau, das unbekannte Wesen! Die älteste Tochter des Modedoktors, Charlotte (Maggie Gyllenhaal), hat derweil für die Herren Doktoren nur Verachtung übrig. Sie widmet sich im schmutzigen Londoner Eastend der ganz realen weiblichen Emanzipation und wird im Lauf der Geschichte den jungen Doktor Mortimer Mores lehren. Daraus zieht der klug um eine vergnügliche Fußnote der Geschichte herum konstruierte Film nicht nur seine soziale Erdung, sondern auch seine Liebesgeschichte. Sehenswert!


In guten Händen - Großbritannien 2011. Regie: Tanya Wexler, Darsteller: Hugh Dancy, Rupert Everett, Maggie Gyllenhaal, Jonathan Pryce u. a., Länge: 100 Minuten, freigegeben ab 12 Jahren

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