In ein Schlamassel geraten ...

15.02.2008
Diesmal geht es um die Redensarten: In ein Schlamassel geraten / in einem Schlamassel stecken, Schmiere stehen, Kies / Moneten haben, Fracksausen bekommen, Ich bin die Christel von der Post, Das geht aus wie das Hornberger Schießen
In ein Schlamassel geraten / in einem Schlamassel stecken

Wie so viele Ausdrücke kommt auch dieser wohl über die Juden in Deutschland in unsere Sprache, waren sie doch hier schon vor zweitausend Jahren sesshaft, kamen als Händler viel herum. Außerdem nahmen Unterschichten, Gauner, Studenten Ausdrücke aus dem jüdischen und jiddischen Sprachschatz auf, um geheim oder witzig miteinander zu sprechen. Schlamassel kommt entweder von aramäisch "che-lâ-massâl", was "Unglück" heißt und unter Juden verwendet wurde, oder setzte sich zusammen aus dem neuhebräischen Wort für "Geschick, Glücksstern" "mazol" (vergleiche "Massel haben") mit dem deutschen Wort "schlimm", also "schlimm mazol" = "schlimmes Geschick / Unstern". Natürlich spielt die negative Bedeutung des Wortes "Schlamm" mit hinein, wie ja auch "in der Tinte sitzen" in eine ähnliche Richtung weist.

Schmiere stehen

Wie "Schlamassel" gibt es auch hier eine Verbindung zum Hebräischen, den "sim ’rah" heißt "Wache". Aus dem Jiddischen gelangte der Ausdruck ins Deutsche, wo es an das schon vorhandene Wort "Schmiere" angeglichen wurde.

Kies / Moneten haben

Unendlich viele Ausdrücke gibt es für Geld. Das liegt daran, dass man über Geld wie über Sex wenn überhaupt verhüllend spricht. "Kies" kommt nun aus dem Rotwelschen, wo "Kiss" oder "Kies" einen Sack oder Beutel bezeichnet, um Diebsbeute wegzuschaffen. Das übertrug man auf gestohlenes Geld und dann auf Geld überhaupt. "Moneten" dagegen stammt aus der Studentensprache, denn dort wusste man, dass im antiken Rom die Göttin Juno einen Beinamen hatte, nämlich "moneta", zu Deutsch "die Warnerin / Mahnende". Ihr war in dieser Funktion ein Tempel auf dem Kapitol geweiht, in dem man merkwürdigerweise auch eine Münzprägestätte einrichtete. Deshalb übertrug sich ihr Beiname auf das geprägte Geld und gelangte in europäische Sprachen ("money" im Englischen, "monnaie" im Französischen oder "Münze" im Deutschen). In der Studentensprache klang "Moneten" natürlich abfällig, lustig, scherzhaft.

Der weiß, wo Barthel den Most holt: Die Redensart, mit der jemand gekennzeichnet wird, der sich überall auskennt, alle Schliche kennt, ist schon fast vierhundert Jahre im Schwange. Es gibt unzählige Anekdoten, die ihre Bedeutung erklären sollen. Besonders wahrscheinlich ist die Herkunft aus der Gaunersprache. Da heißt nämlich das Eisen und deshalb auch die Brechstange "Barsel" und "Moos" "Geld", denn "ma’oth" heißt "kleine Münze". So könnte also der Ausdruck übersetzt werden: "Wissen, wo man mit dem Eisen das Geld holen kann." Also ein verhüllender Ausdruck für "einbrechen". Weniger wahrscheinlich ist die Herleitung von einem der Beinamen des Storches, eben Bartholomäus oder Barthel, und der Überlegung, dass "Most" mit "Mäusen" als Bezeichnung für Kinder zusammenhänge könnte. So wüsste also jemand, wo die Kinder herstammen.

Gut möglich ist auch die Herkunft aus dem bäuerlichen Brauch, bei dem Heiligentage das Jahr streng regelten. Der Tag des heiligen Bartholomäus ist der 24. August, der für die Winzer besonders bedeutsam ist. Eine Personifizierung des Heiligentages kommt oft vor. Am 24. August gibt es allerdings noch keinen Weinmost. Wer also dennoch weiß, wo man an diesem Tag Most holen kann, der ist mit allen Wasser gewaschen.

Fracksausen bekommen

Der Frack war ein Kleidungsstück, das nur zu besonderen Anlässen getragen wurde. Deshalb eignete er sich besonders für witzige Bemerkungen, die im Kontrast zu dem feierlichen Frack standen. So gibt es den Ausdruck "sich einen Frack lachen" oder "einen am Frack haben" oder "einen den Frack verhauen". Beim Fracksausen spielt man mit dem Fluchtreflex, der einen in Bedrängnis überfällt. Flieht jemand, dann sprach man früher schon spöttisch von seinen "wehenden Rockschößen", der Schwalbenschwanz eines Fracks wehte natürlich noch schöner, sauste jemand am liebsten davon. Hier wie in den meisten anderen Fällen steht der Frack für die darin steckende Person.

Der Arsch geht mir auf Grundeis: Die Angst wirkt direkt auf die Gedärme, wie man weiß. Nicht umsonst heißt es "Schiss haben". In einer Angstsituation kann es also zu unwillkürlichen Bauchkrämpfen, ja zu Furzen und Durchfall kommen. Gerade das Furzen war für den Volksmund ein beliebter Anlass für derbe Scherze. Hier verglich man die Arschgeräusche in Angst mit dem Lösen des Grundeises von Seen und Flüssen, das mit krachenden Geräuschen einherging.

Ich bin die Christel von der Post

Gerne geraten Liedtexte, Gassenhauer, Schlager oder Operettenarien in den Volksmund. Die "Christel von der Post" stammt aus der Operette "Der Vogelhändler" von Carl Zeller, die seit ihrer Uraufführung Ende des 19. Jahrhunderts sehr populär war. Die Christel als patentes, schmuckes Mädel und ihre Arie eignete sich, um auf amouröse Zusammenhänge anzuspielen, auf eine gewisse Bedächtigkeit und Witz. Hier ein kurzer Ausschnitt:

"Ich bin die Christel von der Post;
Klein das Salär und schmal die Kost.
Aber das macht nichts, wenn man noch jung ist - Wenn man nicht übel, wenn man im Schwung ist.
Ohne zu klagen
Kann man's ertragen.
Wenn man dabei
Immer lustig und frei!
Bin ja die Christel von der Post!
Mein Amt ist herrlich,
Wenn auch beschwerlich.
...
Einen Kuss
Wenn ich muss.
Nur nicht gleich, nicht auf der Stell'
Denn bei der Post geht's nicht so schnell'"


Das geht aus wie das Hornberger Schießen

Die Bedeutung ist klar, aus großem Getöse und vielen Umständen kommt nichts heraus. Es gibt volkstümliche Schwänke, die in verschiedener Weise von einem Schildbürgerstreich erzählen. Die eine handelt von dem damals schwäbischen Ort Hornberg, den der Herzog besuchen wollte. Um diesen zu ehren, besorgte man ein Fass Pulver und reaktivierte ein altes Geschütz.

Als ein prächtiger Zug daherzog, schoss man Salut, doch stellte sich heraus, dass es nur die Vorhut war, so dass, als der Herzog einzog, das Pulver verschossen war. Die zweite Variante erzählt davon, Hornberg habe zu einem großen Schützenfest und Schießen landauf, landab eingelanden, doch als es losgehen sollte, stellte man fest, dass man alles, nur nicht ans Pulver gedacht hatte.

Beide Geschichten wirken aber, zumal sie nicht besonders alt sind, als wären sie nachträglich erfunden worden, um die beliebte Wendung zu erklären. Eine historisch belegte Begebenheit ist nicht nachzuweisen.