In eigener Sache

    Radio ohne Netz

    Ganz wichtig, damit das Radioprogramm wie gewohnt gesendet wird: der Schaltraum.
    Ganz wichtig, damit das Radioprogramm wie gewohnt gesendet wird: der Schaltraum. © Deutschlandradio - Andreas Buron
    Von Maurice Wojach · 26.02.2015
    Was passiert eigentlich, wenn das Hausnetzwerk ausfällt? Über ein bisschen Chaos, viel Kreativität und eine erfreuliche Nachricht: die Herdplatten in der Kantine funktionieren noch.
    "Gehen die Herdplatten bei Euch?", fragt ein Radio-Kollege beim Koch der Kantine nach. Halb im Spaß, aber auch halb im Ernst - und das sagt einiges aus, denn: Beim Deutschlandradio Kultur ist das Netzwerk zusammengebrochen. Nicht so nebenbei, für ein paar Minuten oder so. Seit gestern Mittag herrscht der Ausnahmezustand, Techniker schuften die Nacht durch, die Kollegen vom Radio schaffen neue Meisterwerke der Improvisationskunst: Weil Schaltungen scheitern, werden Interviewpartner in den Sender chauffiert, liebevoll vorproduzierte Beiträge bleiben ungesendet, der Moderator wird zum Zeremonienmeister, der eines mehr braucht denn je: Spontaneität.
    Abgekoppelt wie ein ICE nach der Zugtrennung
    Warum das alles? Der Netzwerkausfall hat uns von der digitalen Welt abgekoppelt: Das Redaktionsplanungssystem lässt sich nicht öffnen, neue Reportagen und voraufgezeichnete Interviews können während der Sendung nicht eingespielt werden. Korrespondenten können ihre Reportagen und anderen Beiträge uns nicht mehr zukommen lassen, wir können mit ihnen sprechen, doch geben können sie uns nichts. E-Mails können nicht verschickt, Audiodateien und Manuskripte nicht mehr online gestellt werden. Nicht digitalisieren, sondern improvisieren - das ist das Motto für uns Online-Redakteure.
    Immerhin: Die Kantine hat keine Probleme
    Kabel im Schaltraum vom Deutschlandradio
    Die Geheimnisse der Technik: selten waren sie so schwer zu ergründen wie zurzeit bei uns im Funkhaus.© Deutschlandradio - Andreas Buron
    Und so schaut es vor Ort aus: Die Radio-Kollegen machen aus der Not eine Tugend. Tatsächlich lässt sich sagen: So viel live war noch nie. Themen aus aller Welt werden in Gesprächen - statt wie sonst in Beiträgen - beleuchtet. Die Zeitverschiebung kümmert uns nicht, Schlaf ist in der Prioritätenliste ohnehin nach unten gerutscht. Techniker, normalerweise die unsichtbaren guten Geister, mischen sich im Newsroom zwischen die Redakteure, verlegen neue Leitungen, verteilen Notfall-Laptops, haben ein neues W-Lan in den Raum gezaubert. Der Notstand wirkt mittlerweile sehr gut geordnet, er setzt Kreativität frei und dann gibt es noch eine Nachricht, die Mut macht: Der Koch sagt, die Herdplatten funktionieren bestens. Die Kantine hat kein Netzwerkproblem.
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