Im Wirbel der Eifersucht
Belangloses Machwerk oder kühnes Experiment? Über das Richard-Strauß-Werk "Intermezzo" streiten die Kritiker. Im Regiekonzept von Christof Loy wird die unkonventionelle Form des Ehedrama über eine folgenschwere Verwechslung unkonventionell genutzt.
Mit der Umbesetzung der Hauptrolle war Regisseur Christof Loy offensichtlich nicht zufrieden. Deshalb, so erklärt es das Theater an der Wien, habe er seine Arbeit an Richard Strauß' "Intermezzo" nicht zu Ende geführt. Soile Isokoski war nämlich erkrankt und musste kurzfristig durch Carola Glaser ersetzt werden. "Nach einem Regiekonzept von Christof Loy" steht deshalb auf dem Premierenzettel. Unter "szenischer Realisation" sind die Regieassistenten Axel Weidauer und Thomas Wilhelm verzeichnet.
Sicher, Carola Glaser trumpfte weder gesanglich noch darstellerisch auf, doch zeigte sie in der Rolle der Komponistengattin Christine Storch, eine der größten Rollen von Richard Strauß, eindrucksvoll Präsenz. Ohne ihren dankenswerten Einsatz hätte man eine sehr selten gespielte Oper von Richard Strauß, und ein durchaus interessantes Regiekonzept nicht entdecken können.
Über "Intermezzo" sind die Meinungen von Publikum und Musikkritik sehr kontrovers. Ein belangloses Machwerk finden einige. Doch man kann ganz im Gegensatz dazu "Intermezzo" auch als kühnes Experiment sehen. Strauß setzt seine Zusammenarbeit mit Hofmannsthal für diese Zeitoper aus, er ist hier sein eigener Librettist, wobei er bei dem leicht entschlüsselbaren Dirigentenehepaar Robert und Christine Storch eine Anekdote aus seinem eigenem Privatleben vor dem Publikum ausbreitet: Seine Gattin Pauline Strauß wollte sich von ihm scheiden lassen, weil sie glaubte, ihn bei einem heimlichen Verhältnis ertappt zu haben.
Doch es war nur eine Verwechslung. Das Vorzeigen des Privatlebens geht dabei so weit, dass bei der Uraufführung von "Intermezzo" in Dresden 1924 die Rolle des Dirigenten Robert Storch eine Richard Strauß-Maske trug und das Bühnenbild der Villa von Strauß minutiös nachgebildet wurde.
Doch im Regiekonzept von Christof Loy sind die leicht entschlüsselbaren biografischen Details unwichtig. In all dem anekdotisch privat Biografischem schimmern nämlich auch äußerst reizvoll die großen Themen von Hofmannsthal durch: Ehe und Treue, Ehe als Symbiose oder Gegensatz, das Verlassen-Werden, die Treue im Loslassen, die Notwendigkeit der Gegensätze: "Ariadne auf Naxos", "Frau ohne Schatten", "Arabella". Und auch an Arthur Schnitzlers "Traumnovelle" (1926) - verfilmt von Stanley Kubrick in "Eyes Wide Shut" - lässt sich denken, in der ein Ehepaar durch einen geringen Vorfall in die Wirbel der Eifersucht und des Zweifels für eine Nacht gerissen wird.
Auch musikalisch ist "Intermezzo" experimentell; ausprobiert werden unterschiedliche Formen des Parlando, des Rezitativs und des Sprechgesangs, aber zum Singen schwingen sich die Figuren fast nie auf. Statt der Arien gibt es aber farbreiche orchestrale Zwischenspiele, musikalische Leckerbissen, bei dem Kirill Petrenko mit dem Radio-Sinfonie-Orchester gefühlstark auftrumpft. Derbe schuhplatterartige Weisen, sentimentale Walzer, auch viel Expressives.
Im Regiekonzept von Christof Loy wird die unkonventionelle Form dieser bürgerlichen Komödie unkonventionell genutzt, die Zwischenspiele werden tänzerisch mit Handlung gefüllt. Die Bühne (Henrik Ahr) ist bis auf ein paar Stühle vollkommen leer. Doch die Personen, die Stubenmädchen und Kommerzienräte, die Skifahrer sind selbst das Bühnenbild, bisweilen mit Requisiten (Ski, Staubsauger, Klappbett) bewaffnet.
Meist agieren sie frontal zum Publikum, wirkungsvoll etwa in der großen Skatszene, bei der sich die Männer - unter sich - über die Ehe unterhalten - und die Spiel-Karten auf der nackten Bühne über die Schulter werfen. Wie intensiv Christof Loy wohl zunächst an der Personenregie gearbeitet haben muss, sieht man an Bo Skovhus in der Richard-Strauß-Rolle des Robert Storch.
Aber sich selbst, den Mann, hat Strauß in seiner Komposition weniger bedacht als die Frau, die - nach allen Ausbruch- und Eifersuchtserfahrungen, am Ende vom Gatten im Finale als Dank eine Arie gewidmet bekommt. Szenen einer Dirigentenehe.
Intermezzo
Von Richard Strauß
Nach einem Regiekonzept von Christof Loy
Theater an der Wien
Sicher, Carola Glaser trumpfte weder gesanglich noch darstellerisch auf, doch zeigte sie in der Rolle der Komponistengattin Christine Storch, eine der größten Rollen von Richard Strauß, eindrucksvoll Präsenz. Ohne ihren dankenswerten Einsatz hätte man eine sehr selten gespielte Oper von Richard Strauß, und ein durchaus interessantes Regiekonzept nicht entdecken können.
Über "Intermezzo" sind die Meinungen von Publikum und Musikkritik sehr kontrovers. Ein belangloses Machwerk finden einige. Doch man kann ganz im Gegensatz dazu "Intermezzo" auch als kühnes Experiment sehen. Strauß setzt seine Zusammenarbeit mit Hofmannsthal für diese Zeitoper aus, er ist hier sein eigener Librettist, wobei er bei dem leicht entschlüsselbaren Dirigentenehepaar Robert und Christine Storch eine Anekdote aus seinem eigenem Privatleben vor dem Publikum ausbreitet: Seine Gattin Pauline Strauß wollte sich von ihm scheiden lassen, weil sie glaubte, ihn bei einem heimlichen Verhältnis ertappt zu haben.
Doch es war nur eine Verwechslung. Das Vorzeigen des Privatlebens geht dabei so weit, dass bei der Uraufführung von "Intermezzo" in Dresden 1924 die Rolle des Dirigenten Robert Storch eine Richard Strauß-Maske trug und das Bühnenbild der Villa von Strauß minutiös nachgebildet wurde.
Doch im Regiekonzept von Christof Loy sind die leicht entschlüsselbaren biografischen Details unwichtig. In all dem anekdotisch privat Biografischem schimmern nämlich auch äußerst reizvoll die großen Themen von Hofmannsthal durch: Ehe und Treue, Ehe als Symbiose oder Gegensatz, das Verlassen-Werden, die Treue im Loslassen, die Notwendigkeit der Gegensätze: "Ariadne auf Naxos", "Frau ohne Schatten", "Arabella". Und auch an Arthur Schnitzlers "Traumnovelle" (1926) - verfilmt von Stanley Kubrick in "Eyes Wide Shut" - lässt sich denken, in der ein Ehepaar durch einen geringen Vorfall in die Wirbel der Eifersucht und des Zweifels für eine Nacht gerissen wird.
Auch musikalisch ist "Intermezzo" experimentell; ausprobiert werden unterschiedliche Formen des Parlando, des Rezitativs und des Sprechgesangs, aber zum Singen schwingen sich die Figuren fast nie auf. Statt der Arien gibt es aber farbreiche orchestrale Zwischenspiele, musikalische Leckerbissen, bei dem Kirill Petrenko mit dem Radio-Sinfonie-Orchester gefühlstark auftrumpft. Derbe schuhplatterartige Weisen, sentimentale Walzer, auch viel Expressives.
Im Regiekonzept von Christof Loy wird die unkonventionelle Form dieser bürgerlichen Komödie unkonventionell genutzt, die Zwischenspiele werden tänzerisch mit Handlung gefüllt. Die Bühne (Henrik Ahr) ist bis auf ein paar Stühle vollkommen leer. Doch die Personen, die Stubenmädchen und Kommerzienräte, die Skifahrer sind selbst das Bühnenbild, bisweilen mit Requisiten (Ski, Staubsauger, Klappbett) bewaffnet.
Meist agieren sie frontal zum Publikum, wirkungsvoll etwa in der großen Skatszene, bei der sich die Männer - unter sich - über die Ehe unterhalten - und die Spiel-Karten auf der nackten Bühne über die Schulter werfen. Wie intensiv Christof Loy wohl zunächst an der Personenregie gearbeitet haben muss, sieht man an Bo Skovhus in der Richard-Strauß-Rolle des Robert Storch.
Aber sich selbst, den Mann, hat Strauß in seiner Komposition weniger bedacht als die Frau, die - nach allen Ausbruch- und Eifersuchtserfahrungen, am Ende vom Gatten im Finale als Dank eine Arie gewidmet bekommt. Szenen einer Dirigentenehe.
Intermezzo
Von Richard Strauß
Nach einem Regiekonzept von Christof Loy
Theater an der Wien