Im Wald in Kelsterbach

Von Christiane Kreiner |
Der Wald in Kelsterbach ist für das hessische Gedächtnis ein historischer Ort. Er grenzt an den Flughafen. Ein Hüttendorf war in den 80er-Jahren das Zentrum der Startbahnproteste. Seit ein paar Monaten stehen nun wieder Hütten im Wald, sie bilden das Camp der Gegner des Flughafenausbaus.
Ein Herbsttag im Oktober 2008. Das Laub ist gelb. Die Sonne strahlt. Nur die Bäume tragen traurige Botschaften. Aufgemalte Kreuze. Und Slogans in Leuchtschrift: Cut here! "Bald weg - aus Besitzgier!". Transparente sind gespannt "Kein Flughafenausbau." "Finger weg von den Bäumen!" "Wald Statt Co2-Schleudern!" In den Wipfeln hängen ein paar Baumhäuser, Plattformen und Planen. Am Boden sind Campingzelte aufgeschlagen, an einer Blockhütte wird gezimmert.

"Das sind die Baumhäuser. Ich schlafe auf der Plattform dahinten. Da oben in der Krone. Es schaukelt so ein bisschen, wenn es mal ein bisschen stürmischer ist. Aber das ist so wie so ein in den Schlaf wiegen."

Er möchte einfach Hans genannt werden. Er ist 19, macht gerade eine Ausbildung zum IT-Techniker und träumt von einem "freien Leben" in einem "herrschaftsfreien Raum". Seit Ende Juni hat er Bäume im Kelsterbacher Wald mitbesetzt.

"Ich würde gern will Charly heißen!"

Der Junge Mann kommt eigentlich aus Stuttgart, war in diesem Jahr schon bei zwei Genfeld-Besetzungen dabei. Hier bringt er den andern das Klettern bei. Er ist Umweltaktivist bei Robin Wood. Zurzeit leben etwa 15 bis 20 Leute hier. Manche Waldbesetzter haben ein Zelt aufgebaut, kommen aber nur am Wochenende. "Im Sommer waren es mehr", sagen die Beiden. Die Bewohner des Waldcamps kochen vegan. Sie containern. Sie holen Lebensmittel, die Supermärkte aussortieren.

"Wir kriegen des öfteren Sachen von der Bevölkerung hier vorbeigebracht. Sachen wie Sojamilch. Reis. Dann haben wir Kontakte zum Gemüsemarkt in Frankfurt. Da kriegen wir nach Markt-Ende dann meistens noch einiges an Gemüse. Und auch hier aus einer Bäckerei bekommen wir viel Brot vom Vortag."

Ein Kelsterbacher Handwerker bringt regelmäßig mit einem Anhänger Trinkwasser in großen Plastikfässern. Und manchmal kommen auch Lehrer mit Schulkassen vorbei und befragen die Camper nach ihrer Motivation. Fahrradständer sind aus Ästen gezimmert, eine provisorische Küche steht geschützt unter einer Plane. Das Wohnzimmer unter freiem Himmel - ein Tisch, eine ausrangierte Ledercouch und ein Schamottofen.

"Also erst mal steht man auf, mit einem fetten Grinsen im Gesicht, weil man weiß, dass man heute nichts tun muss, was man nicht möchte. Bei mir sieht es danach dann so aus, dass ich mich abseilfertig mache und mich von der Plattform abseile. Dann haben wir hier unten erst mal gemütlich gefrühstückt, dann wird besprochen, was gibt’s noch zu tun. Dann machen sich die Leute an die Arbeit. Oder auch nicht. Je nachdem wie sie Lust haben ... Und abends gibt es dann in gemütliches Zusammensein mit Lagerfeuer."

Zurzeit machen sie das Dorf winterfest. Die Waldbesetzter sind per Handy zu erreichen und ihr wirksamstes Medium ist ihre eigene Seite im Internet. Hier findet man auch Texte zu Klima, Flugverkehr und emanzipativem Umweltschutz. Über das Netz wollen sie auch mobilisieren. Im Falle einer Räumung.

Hier in Kelsterbach geht es um die Rodung von 250 Hektar Bannwald. Baubeginn war für Februar 2009 vorgesehen. Die Nordwestlandebahn zieht sich drei Km durch den Wald. Die Flughafen AG Fraport will sofort beginnen. Vor dem hessischen Verwaltungsgerichtshof liegen aber noch Klagen gegen das Planfeststellungsverfahren, von den umliegenden Gemeinden, und den großen Umweltverbänden. Verzögerungen, Aufschub - darauf hoffen die Ausbaugegner. Eine stabile runde große Blockhütte fällt auf. Die Hütte der Bürgerinitiativen.

"Die ist jetzt gerade noch im Bau, da muss jetzt noch das Dach endgültig dicht gemacht werden, die Fenster eingesetzt und isoliert und Boden verlegt werden. Und dann sollen da auch kulturelle Veranstaltungen von Bis drin sein, Bi Sitzungen. Dann kann man natürlich auch drin schlafen und haben für den Winter einen beheizten Raum. Das ist erstmal das wichtigste."

Die ersten Waldbesetzter kamen am 28. Mai in diesem Jahr, der Tag an dem die Flughafengesellschaft Fraport ihre Anteilseigner eingeladen hatte, um Zahlen und Zukunftspläne vorzustellen. Zukunft meint die nächsten 20 Jahre. Gesprochen wird in Superlativen: Vom Flughafen Frankfurt als die größte Baustelle Europas, von 40.000 Arbeitsplätzen. Vom Flughafen als Wirtschaftsmotor für die Region. Von der "Airport-City 2020." - Eine Stadt vor der Stadt mit Shopping-Malls, Büros und Hotels. Die Nordwestlandebahn, gegen die die Waldbesetzer protestieren, ist nur ein Bauabschnitt. Der Fluglärm kommt von der Startbahnwest. Alle zwei Minuten ein Start.

"Hier ist die Plattform, wo die Hütte der Linken draufstand. Die war auch nicht größer als dieses Quadrat. Das war ein Gartenhüttchen. So groß war die gar nicht. Es wurde da so ein großes Tohuwabohu drum gemacht. So was großes war's gar nicht."

Die Waldbewohner wissen, dass ihre Szenerie medienwirksam ist. Eine Plane flattert über einem Stangengerüst. Als einzige Partei hatte Die Linke eine Hütte ins Dorf gestellt. Das gab ein Eklat im Landesparlament. Die Hütte sollte entfernt werden. Wurde sie auch. Seitdem kommen regelmäßig Journalisten vorbei und schreiben kleine Reportagen über das Hüttenleben. Abwechselnd werden die Waldbesetzer "Weltverbesserer", "gewaltbereite Chaoten", "Berufsdemonstranten" oder "harmlose Naturromantiker" genannt:
Ein älterer Herr kommt neugierig auf die jungen Leute zu. Er will seinem Enkel die Baumhäuser zeigen.

"Was sind mer als raus, früher, als die Startbahn-West gebaut werden sollte samstags und sonntags. Was hat's gebracht? Nix. Sie bauen’s. Deshalb der ganze Widerstand hier ist ein Rauszögern, aber kein Verhindern. Mehr ist das net."

Camper: "Für mich ist ein wichtiger Aspekt, selbst, wenn klar ist, wir können hier die Landebahn nicht verhindern, dass man trotzdem zeigt, dass es nicht okay ist, dass manche Politiker oder Wirtschaftsbosse entscheiden, was mit dem Wald passiert. Weil es uns alle was angeht. Und es nicht alle einfach so hinnehmen."

Besucher: "Da gebe ich Ihnen Recht. Sicher klar. Verhindern können ses net. Verzögern mehr aber net.
Ich würd mich net hierher stelle. Aber wie gesagt, weil ich mit der Startbahn West schlechte Erfahrung gemacht habe, ach, was heißt schlechte Erfahrung, bis zum Schluss den ganze Ärger, den ganze Aufwand, was habbe dann die Leut, was sind sie mit Wasserwerfer umgespritzt worden. Da waren Reizgase drin."

Der junge Mann möchte einfach "Camper" genannt werden, er ist Mitte 20, kommt aus Freiburg und überlegt, ob er eine Karriere als "Berufsdemonstrant" einschlagen soll, sagt er und lächelt . Startbahn-West. Sagt ihm das was?

"Ich habe mich schon davor dafür interessiert, weil es einer der krassesten Konflikte war, den es so in der Ökobewegung gab. Und natürlich kamen die Leute von damals und erzählen uns was. Es gab schon mehrere Vorträge über die Startbahn West. Dass die Leute die Startbahn im Kopf haben davon leben wir auch.
Der Klimaaspekt ist heute viel stärker als damals. Es war nie so eindeutig wie jetzt wo einfach gehandelt werden muss. Lösung wär wenn alle vegan leben würden, Flächen hatten, da Aufforstung betreiben würden, so Maßnahmen muss man sich überlegen. Ne Lösung wär, wenn alle vegan leben würden. Aber es kann nicht die Lösungsein, dass mehr Flughäfen gebaut werden."

Szenenwechsel. Generationenwechsel. In den umliegenden Gemeinden sind viele Lebensläufe mit dem Protest gegen den Flughafenausbau verbunden. Seit Anfang der 80er-Jahre, seit den Protesten gegen die Startbahn-West: Eine Verabredung mit der Sprecherin des "Bündnisses der Bürgerinitiativen - Kein Flughafenausbau!" und einem seit 1980 aktiven Startbahngegner führt in die Küche von Jossy Oswald, Mitglied der Bürgerinitiative Mörfelden-Walldorf. Er hat jahrelang bei einer Spedition am Flughafen gearbeitet. An den Wänden hängen Plakate aus den 80er-Jahren. Der Hessen-Löwe mit einem Polizeihelm auf. Es gibt Tee und Kekse.

"Ende April ist das Hüttendorf Anfang 1980 gegründet, die übrigens ähnlich aussieht wie die heutige. Es war eine Rundhütte. Ne relativ große Rundhütte. Weil wir Zeichen setzten wollten der Bürgerinitiativen gegen den Bau der Startbahn West. Heute war ja erst das Widerstandscamp und dann die Rundhütte. Das ist ein kleiner unterschied, was aber nix macht. Damals bei der 18 West kamen natürlich auch anderer Hütten Baumhäuser und Zelte auch hinzu."

Das Hüttendorf im Flörsheimer Wald, ein paar Kilometer entfernt von dem heutigen Camp, war das Zentrum der Startbahnbewegung- Bewegung. Die gewaltsame Räumung und Proteste danach wurden zu einer traumatischen Erfahrung für viele. Ein Konflikt, der sich tief in das hessische Gedächtnis eingegraben hat. Riesige Demonstrationen, Prügel, Wasserwerfer. Ohnmacht und Frustration auf beiden Seiten. Eine traurige Bilanz für eine große Bürgerbewegung. Fast 30 Jahre her.

"Das war für Tausende ganz klar. Am Tag der Räumung verlassen sie ihren Arbeitsplatz. Wir kamen am 2. November als die Räumung war schon in den Wald, und in dem Wald waren schon Tausende Menschen. In Mörfelden-Walldorf haben die Glocken geläutet. Das war das Signal, dass die Menschen ihre Arbeit liegen lassen, und raus in den Wald gehen."

Sein Anliegen als Anwohner von Mörfelden-Walldorf ist nach fast 30 Jahren immer noch dasselbe: Keine Ausweitung des Flugverkehrs. Kein Ausbau des Flughafens. Einhaltung des strengen Nachtflugverbotes. Ingrid Kopp, die mit am Tisch sitzt, ist seit zehn Jahren Sprecherin des "Bündnisses der Bürgerinitiativen "Kein Flughafenausbau - Für ein Nachtflugverbot von 22 - 6 Uhr."
60 lokale Initiativen aus den Gemeinden rund um den Flughafen haben sich die sich 1998 zusammengeschlossen, als die Fraport-AG neue Planungen ankündigte.

"Es war zu diesem Zeitpunkt, Anfang der 90er-Jahre ganz klar, eigentlich für jeden hier: Für diesen Flughafen wird kein Baum mehr fallen. Man hat diesen Versprechungen geglaubt. Als dann das unfassbare passierte, dass die Fraport wieder die Finger ausstreckte nach Wald und nach ner neuen Landebahn, da sind die schlafenden Bürgerinitiativen sehr schnell wieder aktiv geworden und sehr viel neue kamen dazu. Man hat es nicht glauben wollen, dass es In der Zwischenzeit war mehr Flugverkehr. Mehr Fluglärm, der sich jetzt nicht mehr nur am Flughafen abspielte, sondern weit in die Region hinein."

Von den politischen Parteien sind sie enttäuscht. Die CDU hat den Flughafenausbau durchgesetzt. Die SPD will ihn auch. Die Grünen sind gegen Ausbau, aber politisch zu schwach.

"Ich finde das ist der größte Wortbruch in den letzten Jahren, den wir hatten vom Ministerpräsidenten. Er hat jahrelang immer wieder betont, es wird ohne Nachtflugverbot keinen Ausbau geben. Und die Leute haben sich zum Teil zurückgelehnt und sicher gefühlt.
Und dann kam das. Das nennt dann mal einer ein Nachtflugverbot, zudem die Nacht ja schon geschrumpft ist. Wir haben ja eine Mediationsnacht, die erst um 11 Uhr los geht. Die Nacht ist nun mal von 10.00 Uhr bis 6 Uhr. Da wird extra ne Nacht erfunden. Es hat hier ein Wortbruch nach dem andern gegeben."

Die aktuellen Wirren um die Regierungsbildung tangieren deshalb diejenigen, die in der Nähe des Flughafens wohnen und unter Fluglärm leiden, um ihre Gesundheit fürchten, wenig. Sie setzten auf die Klagen der Kommunen und der großen Umweltverbände. Dass die Fraport das Gelände des Chemiekonzerns TICONA aufkaufen musste, wertet Ingrid Kopp als einen Erfolg der Bis. Sie hätten die Gefährlichkeit des Werks in unmittelbarer Näher der geplanten Landebahn ins Gespräch gebracht. Jede Verzögerung des Ausbaus empfinden sie als ihr Recht.

"Es sind jetzt noch 260 Klagen anhängig, die im Januar Februar vor den Gerichten entschieden werden und die größte Klage, die Aussicht auf Erfolg hat, ist die vom BUND. Der Bannwald, das höchste zu schützende Gut in Deutschland ist ein Bannwald. Und das ist schon der zweite, der fällt für diesen Flughafen. Der erste war vor zwei Jahren - für die Wartungshalle vom A 380 ist eine Riesen-Fläche gerodet worden. Und dann ist eine halbe Halle gebaut worden, weil es hieß sie brauchen doch nicht so viel. Der Wald war aber weg."

Ende Oktober. Ein Sonntag im Kelsterbacher Wald. In einer Tonne brennt Feuer. Die Jacken der Waldbewohner werden dicker. Ein paar haben Wolldecken umgehängt. Dazwischen mischen Leuten in bunten Trekkingjacken. Mitglieder der Bürgerinitiativen den Gemeinden ringsum, haben vor der Bi-Hütte einen provisorischen Kuchenstand aufgebaut. Jeden Sonntag treffen sie sich. Heute sind es vielleicht 30 Leute. Es gibt Selbstgebackenes, Kaffee und heißen Tee in Pappbechern und veganen Kuchen für die Waldbesetzer.

"Hier ist kein Paradies auf Erden. Hier gibt es weitgehend ein Nebeneinander her. Die leben unter der Woche in diesem Hüttendorf ihr Leben, wir leben quasi in unsern Städten unser Leben. Dann kommt man halt hier sonntags zusammen und tauscht sich aus. Wir bringen unter der Woche mal was raus. Und dann kommt man sonntags hier zusammen und tauscht sich dann aus. Mal mehr oder weniger. Das ist wie in einem Hochhaus oder in einer anderen Wohnsiedlung auch."

Roger Treuting ist mit seiner Familie hier. Er ist Vertreter der Bürgerinitiative Rüsselsheim. Ute Hänsel kommt aus Neu-Isenburg. Die Mittfünfzigerin mit Brille und Pagenkopf hat den Protest an der Startbahn West miterlebt.

"Es waren ja auch damals überwiegend junge Leute, die im Dorf gewohnt haben. Und die sind sehr von den Bürgen unterstützt worden. Da hat sich ja so ne Koalition entwickelt von Langhaarigen und Grauhaarigen, das war auch so ein geflügeltes Wort."

Der Kuchenstand ist quasi historisch. Ein soziales Ritual, entstanden während der Sonntagsspaziergänge nach Räumung des Hüttendorfs 1982. Wenn man danach fragt, rührt man an Emotionen.

"Ich bin seit damals dabei. War ich schon in der Isenburger BI. Dann war ja damals Unterbrechung, das hätten wir uns damals auch nicht träumen lassen, dass wir uns alle wieder treffen wegen Flughafenerweiterung. Wenn uns das jemand erzählt hätte, als des mit der Startbahnwest vorbei war. Ich glaub da hätten wir nur mit dem Kopf geschüttelt."

"Ich war bei den Sonntagsspaziergängen dabei. Seit 82. Habe aber damals schon auch schon noch das was 80 und 81 ablief in der Schule mitbekommen. Weil stellenweise ja 50 Prozent der Schule hier draußen im Wald waren. Und die andern das sehr solidarisch auch gedacht haben."

"Und Es gab die Küchenbrigade, die eben die Leute vom Hüttendorf versorgt hat. Im evangelischen Gemeindezentrum in Walldorf haben die gekocht, in den Riesen-Töpfen, die haben damals auch gesagt: 'Wir kochen bis zum Volksentscheid.' Das war ja so ein Slogan. Dann haben die immer weiter gemacht. Und daraus entwickelten sich die Sonntagsspaziergänge und dann sie auch sonntags raus und haben den Kuchenstand gemacht. Das hat schon was mit Emotionen zu tun. Wir haben ja wirklich dagestanden, uns standen die Tränen in den Augen als die Bäume umgehauen wurden. Das war auch Bürgerkrieg. Im Prinzip schon."

"Aber ganz klar wissen wir, dass so eine Massenmobilisierung wie sie in den 80er stattgefunden hat in allen Belangen, ob es die Anti-AKW Bewegung war oder die Anti-Kriegsbewegung, andere Bewegungen - das ist derzeit nicht mehr möglich. Und es kommt noch zusätzlich hinzu es setzen sehr viele Leute noch, das ist ja eine ganz andere Geschichte als damals, auf das Verfahren, das anhängig ist vor den Gerichten, und es fühlen sich viele durch die Vertreter der Kommunen gut vertreten."

"Plenum!"

Vier Wochen später. Inzwischen ist die Regierung um Andrea Ypsilanti geplatzt - Hessen steht wieder vor der Neuwahl. Das Wald-Camp an einem Sonntagnachmittag im November. Es ist kälter geworden. Bäume haben die Blätter verloren. Dafür lassen sich die Konturen der Baumhäuser und besser erkennen. In einem werden gerade Fenster eingebaut. Der Kuchenstand steht heute mitten in der Küche der Waldcamper.

"Kuchen: Apfel, Johannisbeere, Schokomandelapfelzimt und der ist vegan."

"Es wird natürlich kühler, aber wir haben ja die offene Feuerstelle und in der BI–Hüte stehen noch zwei Gasöfen, wo man sich aufwärmen kann. Ansonsten genug Decken und dann geht das schon."

Wann geräumt wird, wissen sie nicht und Spekulationen bringen sie nicht weiter. Aber eine Meinung haben sie schon.

"Groß geändert hat sich nix. Wir warten ab. Ich glaube nicht, dass die CDU es sich erlauben wird, uns wegräumen zu lassen, vor der Wahl. Wir gehen ja auch weiterhin einen friedlichen Kurs hier. Und ich denke nicht, dass die uns deshalb Schwierigkeiten machen."

"Die SPD, der zerrissene Haufen, wie die sich geben eben, die waren ja für den Flughafenausbau, waren allerdings bereit nur das Ergebnis der Meditation zu dulden, also das Nachtflugverbot, von 23 bis 6 Uhr morgen. Des wär ach zu wenig gewesen. Es wird sich wohl nix ändern an der Situation. Die CDU wird’s weiterhin durchziehen, ich nehm an, die gewinnt die Wahlen am 18. Januar. Es wird sich hier nix ändern, irgendwann wird hier geräumt werden."

"Also für mich hat sich insofern nichts geändert, weil die Zustände sind noch dieselben: Und ob das mit der Möchtegernregierung, die durch diese Viererbande verhindert worden ist, ob sich da groß was geändert hätte, weiß ich nicht: Wir hatten ja nur den rechtsstaatlichen Anspruch, solange zu warten, bis die Gerichte entschieden haben. Und wenn die Regierung nicht in der Lage ist die Gerichte anzuerkennen, da ist mein Glauben an diesen Rechtsstaat stark erschüttert. Ich sage mir, bevor nicht die Gerichte letztendlich ein gültiges Urteil gesprochen haben, solange denke ich, sind wir hier draußen im Recht. Weil wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht. Ich bin mal gespannt was sie davon senden ..."

"Meine Sonntage sind so wie immer, ich werde mich also immer auf den Weg hierher begeben und werde die Bewohner von dem Wald-Camp unterstützen. Meine Frau und ich wir gehen gemeinsam hierher und das machen wir seit Jahren. Vorher waren wir auch jeden Sonntag an der 18 West draußen gewesen und haben unseren Protest weiterhin kundgetan."