Im Schatten großer Geschichte

Von Mario Bandi · 18.03.2006
Worte und Klänge werden in dieser Sendung zu einem historischen Zeitzeugnis. Im Mittelpunkt steht die Liebesheirat der preußischen Prinzessin Charlotte mit dem russischen Großfürsten Nikolaus, die das freundschaftliche Verhältnis Preußens zu Russland vertiefte.
Ereignisse von geschichtlicher Relevanz sind verflochten mit Schilderungen aus der Privatsphäre des jungen Kaiserpaares. Baumeister, Komponisten, Dichter und Literaten der Zeit treten auf den Plan und beleben die Szenerie einer Epoche, an die uns Denkmäler und Sehenswürdigkeiten sowohl in Berlin und Potsdam als auch in Sankt Petersburg bis auf den Tag erinnern.

Der Autor Mario Bandi versetzt den Hörer in diesem dreistündigen, mit vielen authentischen und unterhaltsamen Details bereicherten Feature in die Zeit, in der Berlins Blumenfrauen Alexandersträuße zu Ehren des Zarenbesuches banden und die Tochter der Königin Luise, Prinzessin Charlotte von Preußen, als Alexandra Feodorowna getauft, an der Seite ihres kaiserlichen Gemahls in goldener Karosse über den Petersburger Newski-Projekt rollte. Familienbande, die zwei Völker - vor ihrer gemeinsamen leidvollen Geschichte - umschlossen hielten.

Kennen gelernt hatten sich Charlotte und Nikolaus am 6. März 1814, als der Großfürst bei seiner Rückkehr aus dem Frankreichfeldzug in Potsdam Zwischenstation machte. Seine Zuneigung gestand er kurz darauf dem kaiserlichen Bruder, der 1815 für ihn bei Friedrich Wilhelm III. um die Hand der Prinzessin anhielt. Charlotte äußerte sich ähnlich gegenüber ihrem Bruder Wilhelm, dem späteren ersten deutschen Kaiser, zu dem sie zeitlebens ein sehr enges Verhältnis hatte. Weiterlesen: Friederike Charlotte Wilhelmine von Preußen

Nikolaus I heiratete 1817 die Preußische Prinzessin Frederica Luisa Charlotte Wilhelmine, die nach der Annahme des Russisch-Orth. Glaubens zur Alexandra Fyodorowna umbenannt wurde. Sie hatten 7 Kinder, unter ihnen den zukünftigen Zaren Alexander II. Weiterlesen: Nikolaus I.

Wikipedia: Nikolaus I.

Auszug aus dem Manuskript:

Am 2.November 1805 verewigt der König durch einen Erlass das Andenken an seinen russischen Freund und Bündnisgenossen - von nun an heißt der sich vor den Toren der Stadt befindliche Königsplatz - der frühere Ochsenplatz – Alexanderplatz .

Trotz vieler Hoffnungen - die nächsten Jahre bringen den Verbündeten und besonders Preußen und der Königlichen Familie kein Glück. Die Schlachten gehen verloren, die Armeen werden besiegt, Napoleon hat Berlin erobert und der König wird nach Königsberg verbannt. Nach dem entwürdigenden Tilsiter Friedensvertrag ist Friedrich Wilhelm.III nun gezwungen, zum Verbündeten Frankreichs gegen Russland zu werden.

Doch statt tiefer Entfremdung vertieft sich die russisch-preußische Freundschaft durch den Besuch des Königspaares 1809 in Petersburg. Ein demonstrativ feierlicher Empfang Friedrich-Wilhelm.III und der schönen Königin Luise in Petersburg soll die verborgene Kraft dieses Bündnisses beweisen. Schon damals hatten wohl die Kaiserin Mutter - Maria Feodorowna und die Königin Luise zarte Bande geknüpft und zum ersten Mal eine mögliche neue Familienbeziehung erwogen. Die Worte der Königin Luise über ihre Tochter Charlotte klingen wie eine Prophezeiung: "Oh, das liebe, gute Kind ... wie zärtlich sie uns liebt, wie nnig und hübsch sie ihrem Gefühl Ausdruck zu geben versteht. Und doch erschient sie äußerlich oft kalt und gleichgültig. Es geht ihr wie ihrem edlen und geliebten Vater, sie trägt ihr Herz nicht auf der Zunge, aber sie trägt es warm in ihrer Brust. Scheinbar gleichgültig geht sie einher und hat doch so viel Liebe und Teilnahme in sich. Daher kommt es, dass sie etwas Vornehmes in ihrem Wesen hat. Erhält sie Gott am Leben, so ahne ich für sie eine glänzende Zukunft."

Gesprächspartnerin in der Sendung:

Die Berliner Historikerin Bettina Altendorf

Die Russische Kolonie Alexandrowka in Potsdam.
Ein preußisch-russisches Denkmal an die Freundschaft und die Befreiungskriege gegen Napoleon.
2004 Bäßler

Das Virtuelles Museum Preußen – ein Informations- und Kommunikationsportal zu Preußen
300 Jahre Preußen - Anlass für eine aufwändige, informative und zugleich höchst unterhaltsame Dokumentationsreihe in der ARD:
Preußen - Chronik eines deutschen Staates

Buchempfehlungen des Autors dieser Langen Nacht

A.Th. Grimm
Alexandra Feodorowna
Kaisern von Russland
Leipzig 1866

Schilder N.K.
"Kaiser Nikolaus.I und sein Leben und die Regierung"
St. Petersburg 1903


Memoiren der Prinzessin Charlotte
"Russkaja Starina" 1896, B.4

Theodor Schiemann
Geschichte Russlands unter Kaiser Nikolaus I.
Berlin, G. Reimer, 1904

Charlotte an ihren Bruder Wilhelm: "Wenn Dich diese Zeilen noch in Paris treffen, so bitte ich Dich ernstlich, doch wirklich mit Nikolaus darüber zu sprechen, als Freund von ihm und nicht als ob die Heirat schon soweit entschieden wäre, oder als wenn ich mit Dir darüber spreche. Aber so gut könntest Du mit ihm sprechen, und Du könntest da so viel von der Zukunft Deiner Schwester erfahren."

Auszug aus dem Manuskript:

Das große Werk ist vollbracht, Europa wird neu gestaltet, Napoleon vom Kaiserthron gestürzt, Deutschland und Europa sind frei, ein König von Frankreich und Navarra sitzt auf dem Throne zu Paris und die Französische Sprache wird mit einem russischen Wort "Bistro" was "Schnell" heißt bereichert worden. Alexander Puschkin beschrieb die Begeisterung die der Sieg über Napoleon mit sich brachte, so: "Der Krieg war indessen ruhmvoll beendet. Die Regimenter begaben sich vom Ausland zurück... Die Musik spielte die eroberten Lieder "Vive Henri-Quatre", Tiroler Walzer, Arien aus "La Gioconda". Offiziere, die noch als Knaben in den Krieg gezogen waren, kamen jetzt zurück, zum Manne in der Kriegesluft gereift, mit Kreuzen umhängt. Die Soldaten schwatzten unter sich und mischten immer wieder die deutschen und französischen Wörter in ihre Sprache."

Nikolaus: "Sie ist keine Fremde, meine Herrschaften, sie ist die Tochter unseres treuesten Verbündeten und des besten Freundes unseres Herrschers!"

Charlotte: "Am 19.Juni 1817 geschah meine feierliche Einreise in Petersburg... Beide Imperatorinnen setzten sich zu mir in einen offenen vergoldeten Landauer, ich saß an der Seite, wo die Truppen aufgestellt waren. Ich freute mich besonders, wenn ich die Garderegimenter wieder sah, das Ssemjonowski, Ismailowski, Preobraschenski... Ich habe vor Freude aufgeschrieen als ich die Gardekavallerie an der Admiralität gesehen habe – sie erinnerten mich an meinen unvergesslichen Berliner Leibwächter. Ich konnte mir damals nicht vorstellen, dass ich einmal zum Chef dieses Regimentes ernannt werden würde!"

Einfach eine interessante deutschsprachige Seite über Russland:

Institut für Slavistik der Universität Potsdam

30 km westlich von St. Petersburg am südlichen Ufer des Finnischen Meerbusens: Peterhof

Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg betreut heute die schönsten Zeugnisse der Kunst-, Kultur- und Architekturgeschichte in Brandenburg-Preußen:
Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin - Brandenburg

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Geschichte Petersburgs (russisch)