Im Rausch der Macht

Von Uwe Friedrich |
Einmal nicht Bayreuth, sondern die Hansestadt Bremen war Schauplatz einer Inszenierung von Katharina Wagner. Das Bühnenbild der Wagner-Oper "Rienzi" wurde von einer riesigen Treppe beherrscht, auf der sich das Auf und Ab der Macht widerspiegelte. Die ersten Akte verliefen eher schleppend, doch dann wartete die Regisseurin mit witzigen Effekten und beeindruckenden Bildern auf.
Rienzi ist ein charismatischer Herrscher ohne Programm. Von der Unterstützung des Volks lässt er sich forttragen in einen Rausch der Macht, verjagt die Adligen aus Rom und lässt sich als Volkstribun feiern. Die Regisseurin Katharina Wagner zeigt diesen Rienzi auf dem Höhepunkt seiner Macht als einen durchgeknallten Guildo Horn mit langen, strähnigen Haaren, der mit dem Laubbläser alle und alles aus dem Weg pustet, was seiner Macht in die Quere kommen könnte.

Zu Anfang erinnerte er mit seiner Halbglatze noch an den jungen Mussolini, doch im Frisiersalon der Macht lässt er sich ein neues Toupet verpassen und hat mit dem neuen Erscheinungsbild größten Erfolg bei der römischen Bevölkerung. Das Bühnenbild wird beherrscht von einer riesigen Treppe, auf der sich das Auf und Ab der Macht abspielt.

Die ersten beiden Akte schleppen sich - auch augrund der dramaturgischen Schwächen des Werks - noch einigermaßen spannungslos über die Bühne, doch dann dreht Katharina Wagner mit allerlei amüsanten oder nur gewollt witzigen Effekten mächtig auf. Allerdings gelingen ihr auch einige beeindruckende Bilder.

Etwa wenn während des Kriegs gegen die Adligen die Treppe Blut weint und die zurückgebliebenen Frauen Roms dieses Blut mit ihren Schürzen aufwischen wollen, während Rienzi sich in einem geradezu wollüstigen Rausch in die Blutlachen stürzt. Die Toten kommen wenig später als halbverweste Leichen zurück und verfolgen die Überlebenden.

Stets auf der Bühne anwesend ist auch eine Personifizierung Roma, mal als antik anmutende Götterfigur, während des Kriegs auch als Pin-Up-Manga, das im Frieden umgehend wieder züchtig drapiert wird. Die Anspielungen auf die charismatischen Herrschaftsfiguren der dreißiger Jahre bleiben einigermaßen dezent, auch wenn es sich insgesamt nicht um einen Abend der Subtilitäten auf der Bühne handelt.

Der amerikanische Tenor Mark Duffin kommt tadellos durch die mörderisch lange und schwere Titelpartie, muss nur im Gebet des Abends ein wenig mogeln, doch wie er es macht, spricht entschieden für die musikalische Intelligenz des Sängers. Die beiden Frauen Patricia Andress (Irene) und Tamara Klivadenko (Adriano) singen ihre Partien tadellos, auch die restlichen Rollen sind aus dem Ensemble des Bremer Theaters exzellent besetzt.

Einzig das Orchester hatte einen schlechten Tag. Der Dirigent Christoph Ulrich Meyer hatte seine liebe Not, das Orchester zu motivieren, und so wackelten von der Ouvertüre an die Blechbläser, gegen Ende war das Publikum dankbar für jeden funktionierenden Horneinsatz, zwischendurch schwächelten auch die Geigen mächtig. Warum ausgerechnet "Rienzi" in Bayreuth gezeigt werden soll - und nicht die in vielerlei Hinsicht interessanteren Opern "Das Liebesverbot" und vor allen "Die Feen" - konnte auch diese Inszenierung nicht deutlich machen.