Im Osten was Neues
Auf dem Land in Mecklenburg-Vorpommern wird es immer leerer. Weil es kaum Arbeitsplätze gibt, flüchten bekanntermaßen gerade die Jungen und Gebildeten in die Städte. Das war in Bollewick nach der Wende nicht anders. Dass sich der Trend hier gründlich umgekehrt hat, ist dem Bürgermeister Bertold Meyer zu verdanken. Zusammen mit der Stiftung Akademie für Nachhaltige Entwicklung aus Güstrow hat er den Ort bei Röbel an der Müritz zum Bio-Energiedorf entwickelt.
Hochbetrieb in der größten Feldsteinscheune Deutschlands. Im Gang vor den Läden und Werkstätten drängen sich die Menschen. Gerade sind zwei Busse mit Touristen angekommen, die an der Müritz Urlaub machen.
Die Scheune steht mitten im Straßendorf Bollewick an der Straße nach Röbel, rechts und links davon führt der Weg in die eingemeindeten Ortsteile Spitzkuhn, Kambs und Wildkuhl. Es sind nur wenige Kilometer von Bollewick bis zur Mecklenburger Seenplatte, die schöne Landschaft ist für die Pächter der Läden in der Scheune ein Standortvorteil:
"Ich komme ursprünglich aus Brandenburg, aus Eberswalde."
Ralf Peter Karl betreibt in der Scheune eine florierende Kerzenwerkstatt
"Hab‘ dann 94 von dieser Scheune hier erfahren, war eigentlich sofort begeistert von dem ganzen Projekt, und bin dann Ende der 90er-Jahre direkt nach Bollewick gezogen, um dann hier auch ein Geschäft zu eröffnen."
Vom Andenkengeschäft, das auch Mecklenburger Wurst und Sanddornsirup verkauft, zum Tischler, der Möbel aus Massivholz baut. Dazu kommen eine Gaststätte, eine Kneipe und ein Biohotel, außerdem Chocolaterie, Seidenblumen- und Glasmalwerkstatt, Friseur, Regionalmuseum, eine Galerie, zwei Bühnen und eine Kinoleinwand. Untergebracht auf einer Fläche, die zwei Drittel eines Fußballfeldes misst. Nur mit Fantasie lässt sich vorstellen, dass dies vor zwei Jahrzehnten ein Stall war, in dem 650 Kühe wiederkäuten:
"Guten Tag, guten Tag, hast du viel Arbeit, Isabella? Ich hab jetzt grad noch jemand, wie lange wird das dauern? Schon ‘ne halbe, dreiviertel Stunde."
Wer nicht auf seinen Haarschnitt warten möchte, sollte bei Isabella Pohl rechtzeitig einen Termin anmelden. Die gebürtige Badenserin hat vor über zehn Jahren ihr Geschäft in Berlin aufgegeben, um es in Bollewick zu versuchen:
Die Scheune steht mitten im Straßendorf Bollewick an der Straße nach Röbel, rechts und links davon führt der Weg in die eingemeindeten Ortsteile Spitzkuhn, Kambs und Wildkuhl. Es sind nur wenige Kilometer von Bollewick bis zur Mecklenburger Seenplatte, die schöne Landschaft ist für die Pächter der Läden in der Scheune ein Standortvorteil:
"Ich komme ursprünglich aus Brandenburg, aus Eberswalde."
Ralf Peter Karl betreibt in der Scheune eine florierende Kerzenwerkstatt
"Hab‘ dann 94 von dieser Scheune hier erfahren, war eigentlich sofort begeistert von dem ganzen Projekt, und bin dann Ende der 90er-Jahre direkt nach Bollewick gezogen, um dann hier auch ein Geschäft zu eröffnen."
Vom Andenkengeschäft, das auch Mecklenburger Wurst und Sanddornsirup verkauft, zum Tischler, der Möbel aus Massivholz baut. Dazu kommen eine Gaststätte, eine Kneipe und ein Biohotel, außerdem Chocolaterie, Seidenblumen- und Glasmalwerkstatt, Friseur, Regionalmuseum, eine Galerie, zwei Bühnen und eine Kinoleinwand. Untergebracht auf einer Fläche, die zwei Drittel eines Fußballfeldes misst. Nur mit Fantasie lässt sich vorstellen, dass dies vor zwei Jahrzehnten ein Stall war, in dem 650 Kühe wiederkäuten:
"Guten Tag, guten Tag, hast du viel Arbeit, Isabella? Ich hab jetzt grad noch jemand, wie lange wird das dauern? Schon ‘ne halbe, dreiviertel Stunde."
Wer nicht auf seinen Haarschnitt warten möchte, sollte bei Isabella Pohl rechtzeitig einen Termin anmelden. Die gebürtige Badenserin hat vor über zehn Jahren ihr Geschäft in Berlin aufgegeben, um es in Bollewick zu versuchen:
Tourismus in Bollewick
"Ich hatte ein kleines Kind und das Kind sollte auf dem Land groß werden, das war unser Wunsch und unser Ziel und deswegen sind wir hier hergekommen. Und wir bleiben auch hier. Wir sind jedes Jahr hier gewesen, es hat uns einfach gut gefallen, und als dann das Hotel fertiggestellt war und Tag der offenen Tür war, haben wir gedacht: So, jetzt müssen uns beeilen, sonst bekommen wir hier keine Räumlichkeiten mehr.
Mein Gedanke war, dass ja hier in Bollewick auch Tourismus ist, das war für mich erst mal wichtig, weil ich ja niemand kannte hier. Ich hab ja von null wieder angefangen, und musste mir erst mal eine Stammkundschaft aufbauen,"
Zur Stammkundschaft zählen inzwischen zum Glück auch viele Bollewicker, denn nur so bringt Isabella Pohl ihren Salon und auch ihre Familie durch den Winter.
"Danke, schönen Tag, bis zum nächsten Mal, tschüss."
Während die Chefin kassiert, schneidet eine junge Angestellte gerade die Haare einer Kundin:
"Ich hab hier meine Ausbildung gemacht und seitdem bin hier. Es macht mir Spaß, ich möchte nicht woanders arbeiten."
Im breiten Gang vor dem Frisiersalon hängen ein paar gerahmte Fotos über die Geschichte der Scheune an der Wand: Nach der Wende befand sie sich in einem erbärmlichen Zustand - Dach und Wände waren schwer beschädigt, der Dorfweiher zur Jauchegrube verkommen. Bertold Meyer, seit 23 Jahren Bürgermeister von Bollewick, deutet auf das erste Foto:
"Hier kann man sehr gut erkennen, wie sich die Intensivnutzung auch ausgewirkt hat. Fast zerfallen, obwohl zu der Zeit die Nutzung noch vorhanden war, das Umfeld wurde komplett missbraucht, mit Müll vollgefüllt,"
Bertold Meyer und der Gemeinderat verschafften den aus der LPG entlassenen Genossen staatlich finanzierte Jobs als Aufräumer. Arbeit gab es genug: Der Boden unter der Scheune musste über einen Meter tief ausgehoben werden, die Jauchegrube ausgebaggert:
Mein Gedanke war, dass ja hier in Bollewick auch Tourismus ist, das war für mich erst mal wichtig, weil ich ja niemand kannte hier. Ich hab ja von null wieder angefangen, und musste mir erst mal eine Stammkundschaft aufbauen,"
Zur Stammkundschaft zählen inzwischen zum Glück auch viele Bollewicker, denn nur so bringt Isabella Pohl ihren Salon und auch ihre Familie durch den Winter.
"Danke, schönen Tag, bis zum nächsten Mal, tschüss."
Während die Chefin kassiert, schneidet eine junge Angestellte gerade die Haare einer Kundin:
"Ich hab hier meine Ausbildung gemacht und seitdem bin hier. Es macht mir Spaß, ich möchte nicht woanders arbeiten."
Im breiten Gang vor dem Frisiersalon hängen ein paar gerahmte Fotos über die Geschichte der Scheune an der Wand: Nach der Wende befand sie sich in einem erbärmlichen Zustand - Dach und Wände waren schwer beschädigt, der Dorfweiher zur Jauchegrube verkommen. Bertold Meyer, seit 23 Jahren Bürgermeister von Bollewick, deutet auf das erste Foto:
"Hier kann man sehr gut erkennen, wie sich die Intensivnutzung auch ausgewirkt hat. Fast zerfallen, obwohl zu der Zeit die Nutzung noch vorhanden war, das Umfeld wurde komplett missbraucht, mit Müll vollgefüllt,"
Bertold Meyer und der Gemeinderat verschafften den aus der LPG entlassenen Genossen staatlich finanzierte Jobs als Aufräumer. Arbeit gab es genug: Der Boden unter der Scheune musste über einen Meter tief ausgehoben werden, die Jauchegrube ausgebaggert:
Kulturelles Zentrum aus der Scheune
"Wir haben dann als Kommunalvertreter gesagt, es wäre doch sinnvoll dieses Scheunen-Stallgebäude, das damals keiner haben wollte, dass wir uns darum kümmern. Unsere Altvorderen haben immer gesagt: Das ist die größte Scheune Mecklenburgs, ein historisch wertvolles Gebäude, ich hab dann mit den Liquidatoren gesprochen, die haben gesagt: Meyer, du kannst das Gebäude gerne haben, wir geben dir sogar noch 50.000 D-Mark dazu."
Zuwenig, um die Scheune wirklich in Schuss zu bringen. Meyer wollte trotzdem aus der Scheune ein kulturelles Zentrum mit Verkaufsflächen aufbauen:
"Das haben viele Menschen im Dorf damals nicht begriffen, haben sich sogar öffentlich dagegen gestellt: Das ist alles Spinnerei, geht alles nicht. Man kann nicht aus einem Kuhstall irgendwas anderes machen,"
Der Bürgermeister ließ sich nicht bange machen. Heute steht Bollewick mit seinen 670 Einwohnern weit besser da, als viele andere Dörfer in Mecklenburg. Bertold Meyer führt seine Besucher in die sogenannte Markthalle in der Scheune, ein breiter Raum am Ende des Ganges. Hier wird einmal im Monat, außerdem in der Adventszeit und zu Ostern, Markt gehalten.
In der Markthalle lässt sich am ehesten der Urzustand der 1881 von Baron Langermann zu Erlenkamp und Spitzkuhn errichteten Scheune erkennen:
"Wir sagen immer: Das ist unser Dorf unterm Dach. Sie sehen hier alte Fachwerkelemente, das ist über ein Projekt mit Lehmbau gemacht worden, Sie haben gehört: die größte Feldsteinscheune Deutschlands. Da muss man natürlich auch Feldsteine im Fußboden haben. Das ist alles modern hier rein gekommen, dieser Raum wird, wenn er jetzt auch leer scheint, sehr intensiv genutzt, alles was im Leben eines Dorfs abspielt, erleben wir hier auch, von der Geburt, die hier gefeiert wird, bis zur Trauerfeier ist alles dabei."
Zuwenig, um die Scheune wirklich in Schuss zu bringen. Meyer wollte trotzdem aus der Scheune ein kulturelles Zentrum mit Verkaufsflächen aufbauen:
"Das haben viele Menschen im Dorf damals nicht begriffen, haben sich sogar öffentlich dagegen gestellt: Das ist alles Spinnerei, geht alles nicht. Man kann nicht aus einem Kuhstall irgendwas anderes machen,"
Der Bürgermeister ließ sich nicht bange machen. Heute steht Bollewick mit seinen 670 Einwohnern weit besser da, als viele andere Dörfer in Mecklenburg. Bertold Meyer führt seine Besucher in die sogenannte Markthalle in der Scheune, ein breiter Raum am Ende des Ganges. Hier wird einmal im Monat, außerdem in der Adventszeit und zu Ostern, Markt gehalten.
In der Markthalle lässt sich am ehesten der Urzustand der 1881 von Baron Langermann zu Erlenkamp und Spitzkuhn errichteten Scheune erkennen:
"Wir sagen immer: Das ist unser Dorf unterm Dach. Sie sehen hier alte Fachwerkelemente, das ist über ein Projekt mit Lehmbau gemacht worden, Sie haben gehört: die größte Feldsteinscheune Deutschlands. Da muss man natürlich auch Feldsteine im Fußboden haben. Das ist alles modern hier rein gekommen, dieser Raum wird, wenn er jetzt auch leer scheint, sehr intensiv genutzt, alles was im Leben eines Dorfs abspielt, erleben wir hier auch, von der Geburt, die hier gefeiert wird, bis zur Trauerfeier ist alles dabei."
Ein beliebter Bürgermeister
Bertold Meyer tritt aus dem großen Scheunentor ins Freie, vor ihm liegt der renaturierte Dorfweiher. Meyer ist 56 Jahre alt, verheiratet, zwei erwachsene Kinder. Der studierte Ökonom ist ein Machertyp. Weil er nie die Bodenhaftung verliert und gerne etwas für andere tut, ist er überall beliebt.
Meyer zieht einen großen Schlüsselbund aus der Jackentasche seiner schwarzen Leinenjacke, führt zu einer Tür an der seitlichen Feldsteinwand. Dahinter ein weiß getünchter Raum mit vertikal verlaufenden grauen Rohren, dick wie Putzeimer. Eines von zwei Energieverteil-Zentren im Dorf:
"Sie sehen, hier kommt 80 Grad heißes Wasser an, wir nennen es Abwärme, aber jeder Verbrennungsmotor erzeugt Hitze, das haben wir im PKW, Bus, LKW, alles wird in die Atmosphäre abgegeben, und bei stationären Motoren, die Generatoren antreiben, zapfen wir praktisch den Motor an, kühlen das Wasser und haben selber unsere Häuser warm."
Was normalerweise als Hitze in die Luft entweicht, beheizt hier seit ein paar Monaten die Scheune, zwei Kindertagesstätten und über 50 private Haushalte. Zwei Biogasanlagen treiben die Kraft-Wärme-Kopplungsanlage an. Weil sie mehr Strom produziert, als Bollewick braucht, landet der Überschuss im öffentlichen Netz und spült zuverlässig Geld in die Gemeindekasse.
Bollewick darf sich jetzt "Bioenergiedorf" nennen. Und Bertold Meyer setzt alles daran, dass der Ort nicht das einzige Bioenergiedorf in Mecklenburg bleibt.
Von Trassen, die Strom aus Offshore-Windrädern in der Nordsee nach Süddeutschland transportieren, hält Meyer nicht viel:
"Nehmen Sie nur mal unser Dorf. Wir können so viel Wärme erzeugen, ohne dass wir unsere Ressourcen übernutzen. Das ist das Typische und auch die Zukunftsfähigkeit des ländlichen Raums. Wir brauchen die Energie von Herrn Putin nicht. Wir nehmen die aus unserem Ort. Alles was drüber hinaus hergestellt wird, im Strombereich, das teilen wir mit den Städtern.
Wenn alle Dörfer das so machen würden, dann sollten Sie sehen, wie viel Energie wir herstellen könnten. Aber ganz umgedreht wird diskutiert: Wir reden von irrsinnigen Netzen, wir reden von irrsinnigen Großanlagen, die genau das nicht machen und damit auch die Potenziale im ländlichen Raum nicht nutzen. Das finde ich eine falsche Entwicklung."
Immer wieder fährt der Traktor über einen Berg aus frisch gemähtem Gras, der auf einem Betonplatz zwischen zwei frei stehenden Wänden gelagert ist. Grassilage muss gepresst werden, damit sie möglichst wenig Luft enthält. Winterfutter für rund 200 Kühe, die Henk van der Hamm hier im Stall stehen hat. Henk van der Hamm ist Vater von vier kleinen Kindern. Vor ein paar Jahren ist er aus Holland hier hergezogen. Gerade steht er vor seiner neuen Biogasanlage - das sind zwei gigantische Rondelle mit grünem Plastikdach.
"Die Biogasanlage, die wird ja gefüttert. Da kommt ja Rindergülle rein und Mais. Das sind ja die Nährstoffe für die Bakterien, die produzieren Methan, das ist der Treibstoff für BHKW, das ist Abkürzung für Blockheizkraftwerk, das produziert Strom und Wärme. Da wird gerade Gülle durchgepumpt und das wird vermischt mit Mais, das wird wieder zurück gepumpt in den Fermenter, das hört man dann, die Pumpe."
Eine schmale Leiter führt auf eine Plattform hinauf, die genau zwischen den beiden großen Rondellen liegt. Unterhalb des Plastikdachs befinden sich kleine Bullaugen, durch die sich die Prozesse im Fermenter beobachten lassen:
"Von hier kann man wunderbar reingucken, sieht man wie das Methan hochblubbert. Das ist schon ne ganze Menge, was da rauskommt, 300 Kubik pro Stunde, fast 6000 Kubik in 24 Stunden. Dieser Fermenter ist ja ständig bis Oberkante voll, also jeden Tag 20 Kubikmeter Rindergülle, das fällt ja an von unseren Tieren und 20 Tonnen Mais."
Träge blubbert die braune Masse vor sich hin. Eigentlich müsste es hier stinken, aber man riecht kaum etwas. Mais für Biogas ist in den letzten Jahren in Verruf geraten, weil immer größere Maisfelder die Landschaft veröden und gleichzeitig die Böden auslaugen. Henk van der Hamm aus dem Bio-Energiedorf Bollewick achtet darauf, mit seinem Mais möglichst wenig Schaden anzurichten:
"Wir wollen ja alle weg vom Atomstrom, erst mal haben wir die Hälfte von Rindern vom Input her, und die Hälfte vom Acker, letztendlich, das ist ja das Wunderbare, das ist ja ein Kreislauf, das kommt direkt wieder auf den Acker.
Deshalb brauche ich viel weniger Kunstdünger. Das ist nicht nur gut für mein Portemonnaie, aber auch gut für die Natur und Umwelt. Das siehst du jetzt schon, man hat viel mehr Regenwürmer, viel mehr Humus, das hat man mit künstlichem Dünger nicht, bringt man keinen Humus auf das Feld."
Meyer zieht einen großen Schlüsselbund aus der Jackentasche seiner schwarzen Leinenjacke, führt zu einer Tür an der seitlichen Feldsteinwand. Dahinter ein weiß getünchter Raum mit vertikal verlaufenden grauen Rohren, dick wie Putzeimer. Eines von zwei Energieverteil-Zentren im Dorf:
"Sie sehen, hier kommt 80 Grad heißes Wasser an, wir nennen es Abwärme, aber jeder Verbrennungsmotor erzeugt Hitze, das haben wir im PKW, Bus, LKW, alles wird in die Atmosphäre abgegeben, und bei stationären Motoren, die Generatoren antreiben, zapfen wir praktisch den Motor an, kühlen das Wasser und haben selber unsere Häuser warm."
Was normalerweise als Hitze in die Luft entweicht, beheizt hier seit ein paar Monaten die Scheune, zwei Kindertagesstätten und über 50 private Haushalte. Zwei Biogasanlagen treiben die Kraft-Wärme-Kopplungsanlage an. Weil sie mehr Strom produziert, als Bollewick braucht, landet der Überschuss im öffentlichen Netz und spült zuverlässig Geld in die Gemeindekasse.
Bollewick darf sich jetzt "Bioenergiedorf" nennen. Und Bertold Meyer setzt alles daran, dass der Ort nicht das einzige Bioenergiedorf in Mecklenburg bleibt.
Von Trassen, die Strom aus Offshore-Windrädern in der Nordsee nach Süddeutschland transportieren, hält Meyer nicht viel:
"Nehmen Sie nur mal unser Dorf. Wir können so viel Wärme erzeugen, ohne dass wir unsere Ressourcen übernutzen. Das ist das Typische und auch die Zukunftsfähigkeit des ländlichen Raums. Wir brauchen die Energie von Herrn Putin nicht. Wir nehmen die aus unserem Ort. Alles was drüber hinaus hergestellt wird, im Strombereich, das teilen wir mit den Städtern.
Wenn alle Dörfer das so machen würden, dann sollten Sie sehen, wie viel Energie wir herstellen könnten. Aber ganz umgedreht wird diskutiert: Wir reden von irrsinnigen Netzen, wir reden von irrsinnigen Großanlagen, die genau das nicht machen und damit auch die Potenziale im ländlichen Raum nicht nutzen. Das finde ich eine falsche Entwicklung."
Immer wieder fährt der Traktor über einen Berg aus frisch gemähtem Gras, der auf einem Betonplatz zwischen zwei frei stehenden Wänden gelagert ist. Grassilage muss gepresst werden, damit sie möglichst wenig Luft enthält. Winterfutter für rund 200 Kühe, die Henk van der Hamm hier im Stall stehen hat. Henk van der Hamm ist Vater von vier kleinen Kindern. Vor ein paar Jahren ist er aus Holland hier hergezogen. Gerade steht er vor seiner neuen Biogasanlage - das sind zwei gigantische Rondelle mit grünem Plastikdach.
"Die Biogasanlage, die wird ja gefüttert. Da kommt ja Rindergülle rein und Mais. Das sind ja die Nährstoffe für die Bakterien, die produzieren Methan, das ist der Treibstoff für BHKW, das ist Abkürzung für Blockheizkraftwerk, das produziert Strom und Wärme. Da wird gerade Gülle durchgepumpt und das wird vermischt mit Mais, das wird wieder zurück gepumpt in den Fermenter, das hört man dann, die Pumpe."
Eine schmale Leiter führt auf eine Plattform hinauf, die genau zwischen den beiden großen Rondellen liegt. Unterhalb des Plastikdachs befinden sich kleine Bullaugen, durch die sich die Prozesse im Fermenter beobachten lassen:
"Von hier kann man wunderbar reingucken, sieht man wie das Methan hochblubbert. Das ist schon ne ganze Menge, was da rauskommt, 300 Kubik pro Stunde, fast 6000 Kubik in 24 Stunden. Dieser Fermenter ist ja ständig bis Oberkante voll, also jeden Tag 20 Kubikmeter Rindergülle, das fällt ja an von unseren Tieren und 20 Tonnen Mais."
Träge blubbert die braune Masse vor sich hin. Eigentlich müsste es hier stinken, aber man riecht kaum etwas. Mais für Biogas ist in den letzten Jahren in Verruf geraten, weil immer größere Maisfelder die Landschaft veröden und gleichzeitig die Böden auslaugen. Henk van der Hamm aus dem Bio-Energiedorf Bollewick achtet darauf, mit seinem Mais möglichst wenig Schaden anzurichten:
"Wir wollen ja alle weg vom Atomstrom, erst mal haben wir die Hälfte von Rindern vom Input her, und die Hälfte vom Acker, letztendlich, das ist ja das Wunderbare, das ist ja ein Kreislauf, das kommt direkt wieder auf den Acker.
Deshalb brauche ich viel weniger Kunstdünger. Das ist nicht nur gut für mein Portemonnaie, aber auch gut für die Natur und Umwelt. Das siehst du jetzt schon, man hat viel mehr Regenwürmer, viel mehr Humus, das hat man mit künstlichem Dünger nicht, bringt man keinen Humus auf das Feld."
Titel "Bio-Energiedorf" streben viele Orte an
Henk van der Hamm hält darüber hinaus auch eine Fruchtfolge ein. Um offiziell als Bio-Energiedorf anerkannt zu werden, darf die eingesetzte Biomasse nicht aus Mais-Monokulturen stammen.
85 Orte in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg wollen inzwischen Bio-Energiedorf werden. Unterstützt werden Sie dabei von der Stiftung "Akademie für Nachhaltige Entwicklung" in Güstrow, die auch Bollewick einige Jahre unter die Arme gegriffen hat. Inzwischen hat Bertold Meyer für die Stiftung das Konzept "Bio-Energiedorf-Coaching" entwickelt und arbeitet als Berater.
Er hilft den Interessenten, ihre energetischen Potenziale zu entdecken, alles durchzukalkulieren, und erklärt, welche Fördermittel dafür genutzt werden können.
"Bis man die konkreten Zahlen hat, mit denen man Verträge machen kann, ist das ein schwerer Weg, das habt ihr auch durch, oder?"
Bertold Meyer sitzt im Wohnzimmer seines Bürgermeisterkollegen Manfred Pitann aus Zepkow. Zepkow will Bio-Energiedorf werden, dafür muss Pitann die Dorfbewohner für ein Nahwärmenetz gewinnen.
213 Einwohner zählt die Gemeinde nicht weit von Bollewick. Hier gibt es einen großen Rindermastbetrieb und eine Biogasanlage, außerdem ein Storchenpaar, das jedes Jahr wieder kommt. Manfred Pitann will wissen, wie Meyer das in Bollewick mit den konkreten Zahlen angestellt hat:
"Als wir die hatten, hab ich die Leute nicht eingeladen, sondern bin zu jedem selber gegangen, hab mich ne Stunde mit denen hingesetzt. Meist auch die Frau dabei, weil die Frauen meist das Portemonnaie haben - lachen - dann hab ich das unter ihren häuslichen Bedingungen vorgerechnet: und dann gegenübergestellt, welchen geldwerten Vorteil sie in der Familie haben, und das hat eigentlich bei 90 Prozent geklappt."
Um ein Nahwärmenetz aufzubauen, entstehen hohe Investitionskosten: Straßen müssen aufgerissen und Rohre verlegt werden. Das wird anschließend über die Grundkosten abgedeckt, die Verbrauchskosten liegen dann sehr niedrig. In Zepkow hatten viele der interessierten Dorfbewohner wegen der hohen Grundgebühr einen Rückzieher gemacht, erklärt Manfred Pitann.
"Ich will eigentlich noch nicht aufgeben, und die Gemeindevertreter, zumindest die Mehrheit, steht nach wie vor dahinter. Aus dem Grund haben wir auch Machbarkeitsstudien in Auftrag gegeben, wie sich die ganze Geschichte rechnen würde bei uns und es kam ein positives Ergebnis raus. Der nächste Schritt ist jetzt wirklich, genügend Bürger mitzunehmen, damit sich die ganze Geschichte wirtschaftlich darstellt,"
Das Netz braucht eine Mindestanzahl von Abnehmern, damit sich der Bau überhaupt lohnt. Die Akademie für Nachhaltige Entwicklung will bis zu 500 Bioenergiedörfer in Mecklenburg und Brandenburg gewinnen, die längerfristig die Städte Hamburg, Berlin und Stettin versorgen könnten. "Garten der Metropolen" heißt das Konzept, erklärt Henrik Manthey von der Akademie.
85 Orte in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg wollen inzwischen Bio-Energiedorf werden. Unterstützt werden Sie dabei von der Stiftung "Akademie für Nachhaltige Entwicklung" in Güstrow, die auch Bollewick einige Jahre unter die Arme gegriffen hat. Inzwischen hat Bertold Meyer für die Stiftung das Konzept "Bio-Energiedorf-Coaching" entwickelt und arbeitet als Berater.
Er hilft den Interessenten, ihre energetischen Potenziale zu entdecken, alles durchzukalkulieren, und erklärt, welche Fördermittel dafür genutzt werden können.
"Bis man die konkreten Zahlen hat, mit denen man Verträge machen kann, ist das ein schwerer Weg, das habt ihr auch durch, oder?"
Bertold Meyer sitzt im Wohnzimmer seines Bürgermeisterkollegen Manfred Pitann aus Zepkow. Zepkow will Bio-Energiedorf werden, dafür muss Pitann die Dorfbewohner für ein Nahwärmenetz gewinnen.
213 Einwohner zählt die Gemeinde nicht weit von Bollewick. Hier gibt es einen großen Rindermastbetrieb und eine Biogasanlage, außerdem ein Storchenpaar, das jedes Jahr wieder kommt. Manfred Pitann will wissen, wie Meyer das in Bollewick mit den konkreten Zahlen angestellt hat:
"Als wir die hatten, hab ich die Leute nicht eingeladen, sondern bin zu jedem selber gegangen, hab mich ne Stunde mit denen hingesetzt. Meist auch die Frau dabei, weil die Frauen meist das Portemonnaie haben - lachen - dann hab ich das unter ihren häuslichen Bedingungen vorgerechnet: und dann gegenübergestellt, welchen geldwerten Vorteil sie in der Familie haben, und das hat eigentlich bei 90 Prozent geklappt."
Um ein Nahwärmenetz aufzubauen, entstehen hohe Investitionskosten: Straßen müssen aufgerissen und Rohre verlegt werden. Das wird anschließend über die Grundkosten abgedeckt, die Verbrauchskosten liegen dann sehr niedrig. In Zepkow hatten viele der interessierten Dorfbewohner wegen der hohen Grundgebühr einen Rückzieher gemacht, erklärt Manfred Pitann.
"Ich will eigentlich noch nicht aufgeben, und die Gemeindevertreter, zumindest die Mehrheit, steht nach wie vor dahinter. Aus dem Grund haben wir auch Machbarkeitsstudien in Auftrag gegeben, wie sich die ganze Geschichte rechnen würde bei uns und es kam ein positives Ergebnis raus. Der nächste Schritt ist jetzt wirklich, genügend Bürger mitzunehmen, damit sich die ganze Geschichte wirtschaftlich darstellt,"
Das Netz braucht eine Mindestanzahl von Abnehmern, damit sich der Bau überhaupt lohnt. Die Akademie für Nachhaltige Entwicklung will bis zu 500 Bioenergiedörfer in Mecklenburg und Brandenburg gewinnen, die längerfristig die Städte Hamburg, Berlin und Stettin versorgen könnten. "Garten der Metropolen" heißt das Konzept, erklärt Henrik Manthey von der Akademie.
Neuer Umgang von städtischen und ländlichen Räumen
"Mit ‚Garten der Metropolen‘ beschreiben wir ein neues Verhältnis zwischen ländlichen und städtischen Räumen. In der öffentlichen Wahrnehmung sind ländliche Räume oftmals leergezogene Räume, wo vielleicht nur noch der Wolf unterwegs ist, wo Menschen Transferleistung empfangen, und gerade durch Prozesse wie zum Beispiel Energiewende werden ländliche Räume zu Anbietern eines existenziell notwenigen Gutes, nämlich preiswerter Energie. Das heißt: Garten der Metropolen versucht eigentlich, neue Stadt-Land-Partnerschaften auf Augenhöhe zu etablieren."
Eine klassische Win-Win Situation könnte so entstehen, sagt die Akademie für Nachhaltige Entwicklung: Der Staat spart viel Geld für Stromtrassen und stattdessen spülen viele dezentrale Windparks, Solar- oder Biomasse-Anlagen Gelder in die derzeit so klammen Kassen kleiner Gemeinden.
Olaf Schätzchen, Anlagenbauer für erneuerbare Energien aus Rostock, ist zusammen mit Bertold Meyer und drei Landwirten Gesellschafter in der Arbeitsgemeinschaft Bioenergiedorf Bollewick:
"Wir verfolgen einen arbeitsteiligen Prozess, weil wir es einerseits mit Energielaien zu tun haben, die an der Energiewende teilhaben und mitwirken sollen, deswegen nutzen wir das Coaching der Akademie um zu motivieren, zu informieren, auch Hemmnisse abzubauen.
Eine klassische Win-Win Situation könnte so entstehen, sagt die Akademie für Nachhaltige Entwicklung: Der Staat spart viel Geld für Stromtrassen und stattdessen spülen viele dezentrale Windparks, Solar- oder Biomasse-Anlagen Gelder in die derzeit so klammen Kassen kleiner Gemeinden.
Olaf Schätzchen, Anlagenbauer für erneuerbare Energien aus Rostock, ist zusammen mit Bertold Meyer und drei Landwirten Gesellschafter in der Arbeitsgemeinschaft Bioenergiedorf Bollewick:
"Wir verfolgen einen arbeitsteiligen Prozess, weil wir es einerseits mit Energielaien zu tun haben, die an der Energiewende teilhaben und mitwirken sollen, deswegen nutzen wir das Coaching der Akademie um zu motivieren, zu informieren, auch Hemmnisse abzubauen.
Auch eine nachhaltige Fleischproduktion in Bollewick
Wir wollen, dass die Idee, die vielleicht von außen herangetragen wird, sich frühzeitig selbst im Ort verankert, verwurzelt, und daraus eine Initiative des Dorfes wird. Damit Potenziale, die ein Dorf hat, auch zum Nutzen des Dorfes eingesetzt werden und nicht nur Ressourcen abgeschöpft werden von Dritten die ansonsten mit dem Dorf nichts zu tun haben."
Die Bauaufträge für Heizzentralen und Nahwärmenetz werden dann auch von ortsansässigen, kleinen Firmen ausgeführt. So bringt die dörfliche Energiewende Wohlstand in die Region.
Weil das aber nicht ausreicht, um alle Dorfbewohner in Lohn und Brot zu bringen, bemühen sich die Bollewicker Aktivisten außerdem um eine nachhaltige Fleischproduktion.
Im Nachbarort Karbow sieht man auf einem eingezäunten Hügel lauter kleine Hütten stehen. Darin leben die Muttersauen von Helmut Solf mit ihren Ferkeln. Vor der Scheune an der Einfahrt wühlen die ausgewachsenen Jungtiere im Schlamm, gerade werden sie gefüttert:
"Wir machen seit 20 Jahren eine Sauenfreilandhaltung mit glücklichen Schweinen und einem glücklichen Tierhalter samt Familie und Mitarbeitern. Jede Sau hat hier 500 Quadratmeter, wenn Sie da oben die Straße langfahren, werden Sie die sehen, wir ziehen jedes Jahr frisch um. Das heißt, diese Sauenherde ist ähnlich einer Schafherde integriert in einer Fruchtfolge: ein Jahr Sauhaltung, drei Jahre Ackerbau."
Die Bauaufträge für Heizzentralen und Nahwärmenetz werden dann auch von ortsansässigen, kleinen Firmen ausgeführt. So bringt die dörfliche Energiewende Wohlstand in die Region.
Weil das aber nicht ausreicht, um alle Dorfbewohner in Lohn und Brot zu bringen, bemühen sich die Bollewicker Aktivisten außerdem um eine nachhaltige Fleischproduktion.
Im Nachbarort Karbow sieht man auf einem eingezäunten Hügel lauter kleine Hütten stehen. Darin leben die Muttersauen von Helmut Solf mit ihren Ferkeln. Vor der Scheune an der Einfahrt wühlen die ausgewachsenen Jungtiere im Schlamm, gerade werden sie gefüttert:
"Wir machen seit 20 Jahren eine Sauenfreilandhaltung mit glücklichen Schweinen und einem glücklichen Tierhalter samt Familie und Mitarbeitern. Jede Sau hat hier 500 Quadratmeter, wenn Sie da oben die Straße langfahren, werden Sie die sehen, wir ziehen jedes Jahr frisch um. Das heißt, diese Sauenherde ist ähnlich einer Schafherde integriert in einer Fruchtfolge: ein Jahr Sauhaltung, drei Jahre Ackerbau."
Chancen des ländlichen Raumes
Ein Konzept, das sich nicht auf jede Region übertragen lässt, aber auf den sandigen Böden rund um Bollewick viel Sinn macht. Weit über 10.000 Hektar werden in der Müritz-Region biologisch bewirtschaftet, überwiegend als Viehweiden.
Nischenprodukte wie zum Beispiel Biofleisch brauchen eigene Vermarktungsstrategien. Gleich gegenüber der Feldsteinscheune steht ein Neubau mit großen Schaufenstern. Das sind die Räume der gläsernen Landwerkstätten Bollewick. An einem der Fenster kann man frühmorgens zusehen, wie Wurst gekocht und Buletten geknetet werden.
Im Laden gleich daneben verkauft die Naturschlachterei Thönes neben anderen Bio-Produkten auch ihr Biofleisch aus der Region, hier gibt es außerdem Mittagstisch, Kaffee und Kuchen. Der Laden von Thönes dient als eine Art Kantine für die Bollewicker Kommunalverwaltung. An einem der Tische sitzt Bertold Meyer vor einer Kartoffelsuppe mit Bockwurst, daneben Jan Böttcher, Vorsitzender der Erzeugergemeinschaft Seenland Müritz.
"Da sind neun Biobauern Gesellschafter, und die Aufgabe ist, das Vieh zu vermarkten ein paar unserer Bauern, die Gemeinde und ich haben gemeinsam dieses Konzept gläserne Landwerkstätten erarbeitet, viel bei anderen Projekten geguckt, die es bundesweit gibt.
Von manchen kaufen wir fast jede Woche Tiere und vermarkten die überwiegend an unseren Partner Thönes, also die Naturfleischhandels GmbH, die hier in Bollewick die Fleischverarbeitung betreibt, aber auch an andere Kunden."
Die Versorgung der Metropolen mit nachhaltig erzeugtem Fleisch - auch das gehört zum Konzept "Garten der Metropolen". Im Büro im Obergeschoss der Scheune, das sich Olaf Schätzchen mit Bertold Meyer teilt, hängt eine Wurst aus Plastik waagegerecht über dem Schreibtisch:
"Die Wurst ist ein Synonym, dass ländlicher Raum mehr ist als Acker oder Energiewende, die Wende im ländlichen Raum ist ein kultureller Wandel, betrifft alle Bereiche der Nutzung ländlicher Räume. Landwirtschaft spielt eine große Rolle dabei, aber auch Wohnen, Erleben, Natur, Tourismus, Kultur auf jeden Fall und auch Arbeitsplätze.
Wir wollen mit einem durchgehenden Konzept wirklich die Synergien des ländlichen Raumes erkennbar machen und damit, soweit es möglich ist, Chancen nutzen, dem demografischen Wandel zu begegnen."
In Bollewick begegnet man dem demografischen Wandel zum Beispiel auch dadurch, dass man gezielt Senioren ins Dorf holt. Nur scheinbar ein Widerspruch. Zehn Baufamilien errichten derzeit auf einem Acker hinterm Dorfweiher ihren Alterswohnsitz - mit Anschluss an das dorfeigene Nahwärmenetz.
55+ nennen sie ihre Gemeinschaft, sie bringen Arbeit und Geld ins Dorf. Eine Idee, die viele Anrainer der Mecklenburger Seenplatte, die gerne auch als "Toscana des Nordens" bezeichnet wird, ohne großen Aufwand nachahmen könnten.
Umweltfreundliches Leben auf dem Land, das hilft nicht nur gegen den Klimawandel, es macht auch Freude, sagt Bertold Meyer:
"Wenn wir das Prinzip der Nachhaltigkeit zur Staatsdoktrin erheben würden, in einem Landkreis, ganz konsequent, dann würden wir, glaub ich, erleben, dass eine gewisse Anzahl von Menschen weglaufen würde. Aber ich bin mir sicher, dass viel mehr kommen würden, als weglaufen. So was würde mir Spaß machen."
Nischenprodukte wie zum Beispiel Biofleisch brauchen eigene Vermarktungsstrategien. Gleich gegenüber der Feldsteinscheune steht ein Neubau mit großen Schaufenstern. Das sind die Räume der gläsernen Landwerkstätten Bollewick. An einem der Fenster kann man frühmorgens zusehen, wie Wurst gekocht und Buletten geknetet werden.
Im Laden gleich daneben verkauft die Naturschlachterei Thönes neben anderen Bio-Produkten auch ihr Biofleisch aus der Region, hier gibt es außerdem Mittagstisch, Kaffee und Kuchen. Der Laden von Thönes dient als eine Art Kantine für die Bollewicker Kommunalverwaltung. An einem der Tische sitzt Bertold Meyer vor einer Kartoffelsuppe mit Bockwurst, daneben Jan Böttcher, Vorsitzender der Erzeugergemeinschaft Seenland Müritz.
"Da sind neun Biobauern Gesellschafter, und die Aufgabe ist, das Vieh zu vermarkten ein paar unserer Bauern, die Gemeinde und ich haben gemeinsam dieses Konzept gläserne Landwerkstätten erarbeitet, viel bei anderen Projekten geguckt, die es bundesweit gibt.
Von manchen kaufen wir fast jede Woche Tiere und vermarkten die überwiegend an unseren Partner Thönes, also die Naturfleischhandels GmbH, die hier in Bollewick die Fleischverarbeitung betreibt, aber auch an andere Kunden."
Die Versorgung der Metropolen mit nachhaltig erzeugtem Fleisch - auch das gehört zum Konzept "Garten der Metropolen". Im Büro im Obergeschoss der Scheune, das sich Olaf Schätzchen mit Bertold Meyer teilt, hängt eine Wurst aus Plastik waagegerecht über dem Schreibtisch:
"Die Wurst ist ein Synonym, dass ländlicher Raum mehr ist als Acker oder Energiewende, die Wende im ländlichen Raum ist ein kultureller Wandel, betrifft alle Bereiche der Nutzung ländlicher Räume. Landwirtschaft spielt eine große Rolle dabei, aber auch Wohnen, Erleben, Natur, Tourismus, Kultur auf jeden Fall und auch Arbeitsplätze.
Wir wollen mit einem durchgehenden Konzept wirklich die Synergien des ländlichen Raumes erkennbar machen und damit, soweit es möglich ist, Chancen nutzen, dem demografischen Wandel zu begegnen."
In Bollewick begegnet man dem demografischen Wandel zum Beispiel auch dadurch, dass man gezielt Senioren ins Dorf holt. Nur scheinbar ein Widerspruch. Zehn Baufamilien errichten derzeit auf einem Acker hinterm Dorfweiher ihren Alterswohnsitz - mit Anschluss an das dorfeigene Nahwärmenetz.
55+ nennen sie ihre Gemeinschaft, sie bringen Arbeit und Geld ins Dorf. Eine Idee, die viele Anrainer der Mecklenburger Seenplatte, die gerne auch als "Toscana des Nordens" bezeichnet wird, ohne großen Aufwand nachahmen könnten.
Umweltfreundliches Leben auf dem Land, das hilft nicht nur gegen den Klimawandel, es macht auch Freude, sagt Bertold Meyer:
"Wenn wir das Prinzip der Nachhaltigkeit zur Staatsdoktrin erheben würden, in einem Landkreis, ganz konsequent, dann würden wir, glaub ich, erleben, dass eine gewisse Anzahl von Menschen weglaufen würde. Aber ich bin mir sicher, dass viel mehr kommen würden, als weglaufen. So was würde mir Spaß machen."