Im Netz ist der Wurm drin

Der Computerwurm "Conficker" infizierte vor rund drei Jahren Millionen Rechner weltweit und verband sie zu einem eigenen Netzwerk. Was der geheime Entwickler damit beabsichtigte? Das hat sich auch der US-Erfolgsautor Mark Bowden gefragt - und ein Buch darüber geschrieben.
Jedem Computerwurm wohnt eine gewisse Bedrohung inne, denn jeder Wurm hat zwei programmierte Ziele: Sich erstens schnell und unbemerkt weiterzuverbreiten und zweitens irgendwann zuzuschlagen, irgendeinen Schaden anzurichten. Es sind unzählige Computerwürmer in Umlauf, doch einige sind anders: Besser gemacht, ein bisschen geheimnisvoll, bedrohlich. Auf den Computerwurm "Conficker" trifft genau das zu: Erstmals im November 2009 entdeckt, hat er die Experten gleich beeindruckt: Geschickt programmiert, ist es ihm gelungen, innerhalb kürzester Zeit Millionen von Computern zu infizieren. Sein Ziel: Bis heute ungewiss.

Mark Bowden, der bekannte US-Journalist von Sachbuch-Romanen wie "Black Hawk Down", beschäftigt sich in seinem neuesten Buch "Worm: Der erste digitale Weltkrieg" ausführlich mit der Herkunft und Bekämpfung des Computerwurms "Conficker". Er beschreibt packend und anschaulich, wie sich kurz nach dem ersten Auftauchen des tückischen Wurms ein Expertenteam gebildet hat, um den Wurm zu analysieren und zu bekämpfen - und wie Regierungen und große Unternehmen die Bedrohung zunächst nicht wirklich ernst genommen haben.

Schnell wird klar: So ein Computerwurm kann heute eine ernsthafte Bedrohung sein, denn unser Lebensstil ist gefährdet, unsere Infrastruktur sowieso. Wer könnte einen solchen Wurm heute programmieren und in Umlauf bringen - und mit welchem Ziel? Gelangweilte Hacker? Online-Betrüger? Terroristen? Ein feindlicher Staat? Alles denkbar - im Fall von Conficker ist bis heute nicht klar, wer dahinter steckt. Das macht die Sache nicht besser, so viel ist nach der Lektüre von "Worm" klar.

Mark Bowden, der für das Buch ausgiebig recherchiert und unzählige Interviews geführt hat, konzentriert sich in seinem Sachbuchroman auf das Expertenteam, das den Conficker-Wurm bekämpfen will. Die Arbeit von IT-Experten ist allerdings wenig spektakulär und gleichzeitig hoch technisch - das liegt zwar in der Natur der Sache, macht es für einen Roman aber schwierig, eine mitreißende Dynamik zu entwickeln. Dennoch erfährt der Leser eine Menge über die Wirkungsweise von Würmern und die mehr und mehr reale Gefahr von Cyberangriffen.

Würmer wie Conficker sind deswegen gefährlich, weil sie infizierte Rechner zu einem unsichtbaren, aber sehr effektiven "Botnet" zusammenschließen. Ein Rechnerverbund, der ferngesteuert werden kann, etwa um sensible Systeme anzugreifen. Die Befürchtung: Kraftwerke, Flughäfen, Telefonnetze oder Banken könnten lahmgelegt werden, mit unabsehbaren Folgen. War "Conficker" nur das Werkzeug von Cyberkriminellen oder wurde hier eine reale militärische Waffe ausprobiert, mit einem enormen Zerstörungspotenzial? Mit solchen Fragen beschäftigt sich der Autor, freilich ohne eine konkrete Antwort darauf zu haben.

Mit "Worm" wollte Mark Bowden er eine ähnlich spannende Geschichte aufschreiben wie bei "Black Hawk Down". Das ist im stilistisch mitunter durchaus gelungen - doch der Stoff gibt nicht genug her. Vor allem das Ende enttäuscht. Denn, so bedrohlich das Potenzial von "Conficker" sein mag - der große Knall am Ende ist ausgeblieben. Conficker hat kaum Schaden angerichtet. Das ist gut für die Welt, aber für einen Roman nicht ganz so glücklich, denn so wirkt der Titel etwas übertrieben, ein wenig nach Panikmache. Noch immer weiß niemand, wer wirklich hinter dem Wurm steckt - und das macht das Ende des Buchs etwas unbefriedigend. Dafür kann der Autor nichts, aber dem Leseerlebnis schadet es durchaus.

Besprochen von Jörg Schieb

Mark Bowden: Worm. Der erste digitale Weltkrieg
Aus dem Amerikanischen von Thomas Pfeiffer
Berlin Verlag, Berlin 2012
320 Seiten, 19,90 Euro