Im Kreuzfeuer der US-Konservativen

Vorgestellt von Hans-Ulrich Pönack · 08.08.2007
"The Dixie Chicks: Shut Up & Sing" ist ein höchst spannender und zugleich großartig unterhaltender Musik-Dokumentarfilm über eine US-amerikanische Country-Band. In "Mimzy - Meine Freundin aus der Zukunft" entwickeln zwei Geschwister durch einen kleinen Stoffhasen außergewöhnliche Fähigkeiten.
The Dixie Chicks: Shut Up & Sing
USA 2006
Regie: Barbara Kopple, Cecilia Peck
Mitwirkende Natalie Maines, Martie Maguire, Emily Robison, Simon Renshaw, Rick Rubin, Adrian Pasdar, Richard Wilkins

"The Dixie Chicks: Shut Up & Sing" ist ein neuer amerikanischer Dokumentarfilm. Hergestellt von der zweifachen Oscar-Preisträgerin Barbara Kopple (für ihre Arbeitskampf-Dokumentationen "Harland County" (1976) über den längsten Bergarbeiterstreik in den USA/in Kentucky 1973/74 und "American Dream" (1991) über den Streik von Fleischverpackern in Austin/Minnesota 1985/86) sowie von Cecilia Peck, Produzentin, Schauspielerin und Regisseurin/Tochter von Gregory Peck.

Geplant war, 2003, zunächst ein Porträt über die erfolgreichste Frauen-Band überhaupt: Über die "Dixie Chicks". Die Dixie Chicks, das ist eine US-amerikanische Country-Band, gegründet im Jahr 1989 in Dallas/Texas. Zunächst aus vier Musikerinnen bestehend, seit Mitte der 90er Jahre auf drei umgepolt; seitdem sich aus den Schwestern Emily Robison (Gitarre; Dobro + Banjo) und Martie Maguire (Geige, Mandoline) und der Lead-Sängerin Natalie Maines zusammensetzend. Typisch für die Band ist der Satzgesang der drei Frauen. Ihre Mischung aus Bluegrass und Country-Musik sprach ein breites Spektrum von Country-Fans an; die Dixie Chicks verkauften mehr als 30 Millionen ihrer Alben. Zum - selbstironischen - Namen: "Dixie" ist das Synonym für die US-amerikanischen Südstaaten; "Chicks" heißt wörtlich "Hühner", ist eine oft abwertend gebrauchte Bezeichnung für junge Frauen. Südstaaten-Hühner. 2003 waren sie, wie gesagt, in den USA "Everybodys Darling", hatten nur Erfolg, durften sogar beim "Super Bowl"-Endspiel die Nationalhymne singen.

Dann kam der 10. März 2003. Es ist der Vorabend vor dem Irak-Krieg der USA. Die Dixie Chicks treten in London auf, wo am Tage eine Massen-Demonstration gegen den bevorstehenden Krieg stattfand. Abends, im ausverkauften Auditorium, lässt sich Sängerin Natalie Maines zu einer politischen Aussage gegen den bevorstehenden Krieg hinreißen. Ihr Abschlusssatz: "Wir schämen uns dafür, dass der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika aus Texas stammt". Eine beiläufige Bemerkung dieser an sich bis dato eher unpolitischen Gruppierung. Der aber immense Folgen haben soll: Maines Aussage, zunächst nur in britischen Publikationen abgedruckt, wurde von dem vor allem im Medienbereich "gut aufgestellten" ultrakonservativen Zirkel "Free Republic" aufgegriffen und instrumentalisiert und verbreitet.

Eine Hetzkampagne sondergleichen begann. In deren Verlauf die Dixie Chicks als "unpatriotische Vaterlandsverräter" und als "Saddams Schlampen" bezeichnet und gebranntmarkt wurden. Country-Radiostationen boykottierten jetzt ihre Songs, republikanische Ex-Fans ließen bei demagogischen Ritualen ihre CDs von Planierraupen überfahren beziehungsweise zerstören. Das Trio wurde mit Hass- und Drohbriefen überhäuft; Live-Auftritte mussten "Zuhause" gekänzelt werden. Sponsoren zogen sich zurück. Aus den Erfolgsladies wurden, praktisch über Nacht, die Buh-Frauen der Nation; jedenfalls für Teile der US-Medien und des Publikums. Für die beiden Filmemacherinnen war plötzlich ein neues, ein ganz "anderes" Themenfeld gegeben: Aus der eigentlich geplanten "normalen Dokumentation" wurde jetzt ein spannendes gesellschaftliches Politikum. Mit der Frage: Zerbrechen die Frauen/Künstler/Musikerinnen daran oder geben sie nicht kleinbei; können sie Paroli bieten. Und wenn ja, wie überhaupt bei dieser plötzlich völlig überhitzten Stimmungslage. Wo sich mittenmal auch der "demokratische Norden" und sogar Kanada beginnen, sich für "County" zu interessieren. Im Hinblick auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit illustrieren die Kameras fortan ein bedenkliches Szenario - frei nach dem Motto: Du darfst natürlich alles sagen, was du denkst, aber wehe du tust es tatsächlich!

Ein aufregender, ein packender, ein nahegehender, ein aufwühlender, ein zutiefst spannender, ein dabei immer auch großartig unterhaltender Musik-Dokumentarfilm. Auch und gerade für "europäische Augen": Entstehen doch zum Beispiel interessante Parallelen zum "hiesigen" Karikaturenstreit des vergangenen Jahres. Denn genau wie die islamischen Hassprediger nur auf irgendeinen Anlass gewartet haben, um gegen die "ungläubigen Europäer" zu hetzen, hat eben auch "Free Republic" damals nur auf eine Chance gelauert, um eine Kampagne gegen die Demokraten und Kriegsgegner beginnen und ausfahren zu können. Doch die Dixie Chicks schaffen es tatsächlich, erhobenen Hauptes ihren eigenen Weg weiterzugehen. Trotz vieler Rückschläge keinesfalls aufzugeben. Beruflich wie privat: Sie schaffen es sogar, in der "prägnanten Zeit", bis 2006, fünf der nunmehr insgesamt sieben Babys in die Welt zu setzen. Und weiterhin zusammenzuhalten. Um dann die befreiende Erfahrung zu machen, sich künftig musikalisch nicht mehr nur in der "County-Box" bewegen zu müssen, wo sie ja vor allem auf konservative Radiomacher "angewiesen" sind. Sie ändern ihren Stil und bewegen sich nunmehr zwischen den Stilen, jetzt also auch im Mainstream-Pop. Mit Erfolg: Im Februar 2007 gewinnt ihr Album "Taking The Long Way" den begehrtesten aller Musik-Preise, den "Oscar" der Musik, den "Grammy", für "das Album des Jahres". Ihr Song "Not Ready To Make Nice" wird zudem als "beste Single" ausgezeichnet. Die drei Musikerinnen werteten diese Entscheidung übrigens auch als politisches Statement der Juroren. Der Film "The Dixie Chicks: Shut Up & Sing" ist einer der tollsten Dokumentarfilme aller Zeiten!

Mimzy - Meine Freundin aus der Zukunft
Regie: Robert Shaye
Darsteller: Rhiannon Leigh Wryn, Chris O'Neil, Rainn Wilson, Timothy Hutton, Kathryn Hahn, Kirsten Williamson
USA 2007

"Mimzy - Meine Freundin aus der Zukunft" von Bob Shaye, einem bei uns kaum bekannten Regisseur ("Nachhilfe in Sachen Liebe"/1990), der umso mehr als Chef des führenden Independent-Studios "New Line Cinema" bekannt ist, die auch für die Erfolgstrilogie "Der Herr der Ringe" verantwortlich war.

Der kinderfreundliche Familienfilm basiert auf der 1943 veröffentlichten Science-Fiction-Kurzgeschichte "Mimsy Were The Borogoves" von Lewis Padgett (Pseudonym von Henry Kuttner und seiner Frau C.L. Moore); das Drehbuch verfassten "Oscar"-Preisträger Bruce Joel Rubin (Originaldrehbuch zu "Ghost - Nachricht von Sam") und Toby Emmerich. Moderner "E.T."-Charme ist annonciert: Die fünfjährige Emma und ihr älterer Bruder Noah entdecken eine Schatzkiste mit Spielzeug. Das erweist sich als "magisch". Denn als sich die Kiddies "damit" beschäftigen, steigt ihr Intelligenzquotient auffallend an. Ein Stoffhase wird zum Kommunikationsschlüssel, an dem sogar "das Militär" Interesse findet. Dabei geht es doch nur um die humane Botschaft aus der Zukunft: Der - erwachsenen - Menschheit gehen die wertvollsten (Überlebens-) Werte abhanden - die Fähigkeiten zu fühlen beziehungsweise zu empfinden. Ihre Gefühle verbergen sie inzwischen hinter Denkmustern der sogenannten Vernunft. Da allein die Kinder noch Offenheit, Begeisterung und Phantasie besitzen, die für ein normales und schönes Dasein erforderlich sind, werden diese angesprochen und um "Hilfe" gebeten. Ein Kind gibt der Menschheit - mit Spielzeug-Charme - ihre Menschlichkeit zurück.

Eine schöne, eher ereignisreich-leise, angenehm-unangestrengt daherkommende, fein unterhaltende Gefühlsparabel. Sozusagen: Denken / Mit- beziehungsweise Nachdenken als Prima-Film-Spaß. Mit unter anderen Joely Richardson, Timothy Hutton, Michael Clarke Duncan sowie den Kindern Rhianon Leigh Wryn und Chris O`Neill.