Im Kopf des Musikers
In der Wissenschaft wird die Elektroenzephalografie – kurz EEG – zum Beispiel in der Schlafmedizin eingesetzt. Neuerdings messen auch Künstler die Hirnaktivität mit Hilfe des EEG und verwandeln die eher schnöde Apparatur in eine künstlerische Projektion. Beim „Brain-Avatar“ in Braunschweig werden so Kunst und Wissenschaft vereint.
Noch 30 Minuten bis zum Auftritt. Eigentlich kein Grund für einen Musiker, jetzt schon auf der Bühne zu stehen. Nicht so in der Braunschweiger Wichmann-Halle. Das Konzert dort soll nämlich im „Grenzraum von Kunst und Wissenschaft“ stattfinden, wie dem Programmheft zu entnehmen ist. Und deswegen lässt sich Cellist Karsten Dehning auf der Bühne schon mal verkabeln.
„Ich habe absolutes Vertrauen zu der Ärztin, die das heute macht. Da kann überhaupt nichts schief gehen.“
Zwei der Elektroden kneifen bereits in die Ohrläppchen. Sie wurden mit Metallclips befestigt. Jetzt klebt Dr. Dörte Klein noch die beiden Referenzelektroden auf die Kopfhaut des Künstlers – ein wenig Elektrolytpaste verschmiert dabei seine Haare. Langsam steigt das Lampenfieber.
„Normalerweise verkabele ich Patienten in meiner Praxis. Die kommen mit verschiedenen Symptomen, und wir machen da Biofeedback mit EEG-Wellen. Mit Künstlern habe ich eigentlich noch sehr wenig gearbeitet, außer dass sie noch besser spielen möchten. Ich weiß nicht, ob das ein genereller Trend ist, aber diese Zusammenführung von Kunst und Wissenschaft ist sehr, sehr spannend.“
Elektroden sollen die Gehirnaktivität sichtbar machen, während die Künstler Musik spielen. Möglich ist dies mit der sogenannten Elektroenzephalografie – kurz EEG – die einen elektronischen Blick ins neuronale Innenleben der Akteure liefert. Mit dabei ist auch Robyn Schulkowsky, die sich auf dem „Marimbon“, einem überdimensionalen Xylophon – erst noch warm spielt. Elektroden auf den Kopf ? Sie nimmt es gelassen …
„Ein Musiker, der etwas versteckt, ist einfach kein guter Musiker. Deshalb ist es einfach, so etwas mit Musikern zu machen als mit jemand anderes. Die Lüge gibt es nicht in der Musik.“
Musiker sind besonders empfindsam, meint auch Martin Schöne von der Hochschule für bildende Künste in Braunschweig. Seine Idee: Das Elektroenzephalogramm stellvertretend quasi „als Abbild der Gefühle“ auf eine Leinwand zu projizieren. Der Soundkünstler entwickelte dazu den sogenannten „Brain Avatar“ – ein Gerät, das die Gehirnaktivität sichtbar macht. In Echtzeit und parallel zur Musik.
„Der Brain-Avatar ist eine neue Visualisierung von Gehirnaktivität. Es ist live, also in Echtzeit, man kann es also unmittelbar sehen. Und letztlich wird der Sound der Gehirnaktivität genommen, um es in Resonanz umzusetzen, indem man es – diesen Sound – auf Wasser aufbringt. Dann entsprechend abfilmt und projiziert und für alle sichtbar macht.“
Das physikalische Musikspektakel beginnt. Karsten Dehning, der Cellist, nimmt als erster Musiker auf der Bühne Platz. Allein. Schnell noch werden die Stecker der Elektroden mit dem Brain-Avatar verbunden, dann greift er zu seinem Instrument.
Zeitgleich zur Musik arbeitet das EEG auf Hochtouren. Die elektrischen Ströme aus dem Inneren des Gehirns zeigen Schwingungen zwischen drei und dreißig Hertz. Als Ton könnten solche tiefen Frequenzen zwar kaum gehört werden, gleichwohl arbeitet der „Brain-Avatar“ mit einem Tieftonlautsprecher, der in einem separaten Raum weitab von der Bühne steht. Dort laufen sie auf – Schwingungen aus einer anderen Welt.
Da der Lautsprecher unter einer größeren Wasserschale steht, erzeugen die Membran-Schwingungen eigenartig geformte Wellenstrukturen. Die Wasseroberfläche reagiert mit bizarren Mustern, gefolgt von sternartigen Strukturen. Die schnell wechselnden Formen sind letztlich das Ergebnis der Hirnströme. Eine Videokamera, die von oben auf die Wasseroberfläche gerichtet ist, überträgt die Bilder auf die Leinwand über dem Kopf des Musikers.
„Gerade zur Musik passt diese Visualisierung ganz wunderbar. Man sieht sein inneres Spiel. Bei einem Konzert, das spielte der Musiker ganz wild und heftig, aber der Avatar war ganz, ganz ruhig. Das bedeutet eigentlich nur, er ist voll in diesem Flow drin. Er ist voll in dieser Musik drin und denkt gar nicht mehr. Und an anderen Stellen, wo er sich fast gar nicht bewegte, das spritzte das Wasser aus dem Avatar raus und war wild, weil er wahrscheinlich überlegte, was mache ich jetzt. Er war wahrscheinlich aus diesem globalen seines Gehirns raus und war an fünf Stellen gleichzeitig am denken. Wie im Alltag üblicherweise.“
Das, was ein Mensch denkt, kann der Brain-Avatar aber nicht zeigen, sagt sein Erfinder, der die Apparatur sogar patentieren ließ. Vielleicht kommen ja mal Arbeitgeber auf die Idee, die Gehirnaktivität bei Einstellungsgesprächen zu visualisieren. Das Publikum zeigt sich begeistert:
„Also ich glaube daran, dass Denken Energie ist, und dass durch diese Übertragung sichtbar wird, was Energie für eine Auswirkung hat.“
„Ich glaube, wir basteln hier gerade ein bisschen daran, den Geist und den Körper wieder ein bisschen zusammenzubringen. Und das Übergewicht der Technik – das ist das Zukunftsziel, die Vision – wieder ein bisschen zurück zu dimmern.“
Von „Zurückdimmern“ will der „Erfinderkünstler“ nichts wissen. Martin Schöne denkt an eine „internationale Plattform zur Realitätswahrnehmung“, an den Einsatz in der Bildung, ja sogar an die Dekodierung des menschlichen Gehirns: Der Brain-Avatar beflügelt die Fantasie.
„Ich habe absolutes Vertrauen zu der Ärztin, die das heute macht. Da kann überhaupt nichts schief gehen.“
Zwei der Elektroden kneifen bereits in die Ohrläppchen. Sie wurden mit Metallclips befestigt. Jetzt klebt Dr. Dörte Klein noch die beiden Referenzelektroden auf die Kopfhaut des Künstlers – ein wenig Elektrolytpaste verschmiert dabei seine Haare. Langsam steigt das Lampenfieber.
„Normalerweise verkabele ich Patienten in meiner Praxis. Die kommen mit verschiedenen Symptomen, und wir machen da Biofeedback mit EEG-Wellen. Mit Künstlern habe ich eigentlich noch sehr wenig gearbeitet, außer dass sie noch besser spielen möchten. Ich weiß nicht, ob das ein genereller Trend ist, aber diese Zusammenführung von Kunst und Wissenschaft ist sehr, sehr spannend.“
Elektroden sollen die Gehirnaktivität sichtbar machen, während die Künstler Musik spielen. Möglich ist dies mit der sogenannten Elektroenzephalografie – kurz EEG – die einen elektronischen Blick ins neuronale Innenleben der Akteure liefert. Mit dabei ist auch Robyn Schulkowsky, die sich auf dem „Marimbon“, einem überdimensionalen Xylophon – erst noch warm spielt. Elektroden auf den Kopf ? Sie nimmt es gelassen …
„Ein Musiker, der etwas versteckt, ist einfach kein guter Musiker. Deshalb ist es einfach, so etwas mit Musikern zu machen als mit jemand anderes. Die Lüge gibt es nicht in der Musik.“
Musiker sind besonders empfindsam, meint auch Martin Schöne von der Hochschule für bildende Künste in Braunschweig. Seine Idee: Das Elektroenzephalogramm stellvertretend quasi „als Abbild der Gefühle“ auf eine Leinwand zu projizieren. Der Soundkünstler entwickelte dazu den sogenannten „Brain Avatar“ – ein Gerät, das die Gehirnaktivität sichtbar macht. In Echtzeit und parallel zur Musik.
„Der Brain-Avatar ist eine neue Visualisierung von Gehirnaktivität. Es ist live, also in Echtzeit, man kann es also unmittelbar sehen. Und letztlich wird der Sound der Gehirnaktivität genommen, um es in Resonanz umzusetzen, indem man es – diesen Sound – auf Wasser aufbringt. Dann entsprechend abfilmt und projiziert und für alle sichtbar macht.“
Das physikalische Musikspektakel beginnt. Karsten Dehning, der Cellist, nimmt als erster Musiker auf der Bühne Platz. Allein. Schnell noch werden die Stecker der Elektroden mit dem Brain-Avatar verbunden, dann greift er zu seinem Instrument.
Zeitgleich zur Musik arbeitet das EEG auf Hochtouren. Die elektrischen Ströme aus dem Inneren des Gehirns zeigen Schwingungen zwischen drei und dreißig Hertz. Als Ton könnten solche tiefen Frequenzen zwar kaum gehört werden, gleichwohl arbeitet der „Brain-Avatar“ mit einem Tieftonlautsprecher, der in einem separaten Raum weitab von der Bühne steht. Dort laufen sie auf – Schwingungen aus einer anderen Welt.
Da der Lautsprecher unter einer größeren Wasserschale steht, erzeugen die Membran-Schwingungen eigenartig geformte Wellenstrukturen. Die Wasseroberfläche reagiert mit bizarren Mustern, gefolgt von sternartigen Strukturen. Die schnell wechselnden Formen sind letztlich das Ergebnis der Hirnströme. Eine Videokamera, die von oben auf die Wasseroberfläche gerichtet ist, überträgt die Bilder auf die Leinwand über dem Kopf des Musikers.
„Gerade zur Musik passt diese Visualisierung ganz wunderbar. Man sieht sein inneres Spiel. Bei einem Konzert, das spielte der Musiker ganz wild und heftig, aber der Avatar war ganz, ganz ruhig. Das bedeutet eigentlich nur, er ist voll in diesem Flow drin. Er ist voll in dieser Musik drin und denkt gar nicht mehr. Und an anderen Stellen, wo er sich fast gar nicht bewegte, das spritzte das Wasser aus dem Avatar raus und war wild, weil er wahrscheinlich überlegte, was mache ich jetzt. Er war wahrscheinlich aus diesem globalen seines Gehirns raus und war an fünf Stellen gleichzeitig am denken. Wie im Alltag üblicherweise.“
Das, was ein Mensch denkt, kann der Brain-Avatar aber nicht zeigen, sagt sein Erfinder, der die Apparatur sogar patentieren ließ. Vielleicht kommen ja mal Arbeitgeber auf die Idee, die Gehirnaktivität bei Einstellungsgesprächen zu visualisieren. Das Publikum zeigt sich begeistert:
„Also ich glaube daran, dass Denken Energie ist, und dass durch diese Übertragung sichtbar wird, was Energie für eine Auswirkung hat.“
„Ich glaube, wir basteln hier gerade ein bisschen daran, den Geist und den Körper wieder ein bisschen zusammenzubringen. Und das Übergewicht der Technik – das ist das Zukunftsziel, die Vision – wieder ein bisschen zurück zu dimmern.“
Von „Zurückdimmern“ will der „Erfinderkünstler“ nichts wissen. Martin Schöne denkt an eine „internationale Plattform zur Realitätswahrnehmung“, an den Einsatz in der Bildung, ja sogar an die Dekodierung des menschlichen Gehirns: Der Brain-Avatar beflügelt die Fantasie.