"Im Interesse der Betroffenen überhaupt nicht zu begrüßen"

03.08.2010
Die Familienanwältin und Vorsitzende des Deutschen Juristinnenbundes, Jutta Wagner, hält die aktuelle Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes für wenig praktikabel. Laut Gerichtsurteil soll Vätern unehelicher Kinder auch dann das Sorgerecht eingeräumt werden kann, wenn die Kindsmutter dies ablehnt.
Das Urteil aus Karlsruhe sei "im Interesse der Betroffenen überhaupt nicht zu begrüßen", sagte Jutta Wagner. Denn Familienanwälte und -gerichte würden nun "viel, viel Arbeit bekommen". Sie sehe viele, im Grund unnötige Gerichtsverfahren voraus, bei denen es um Fragen des Schulbesuchs, der religiösen Erziehung, Ferienreisen oder eventueller Krankenhausbesuche gehen werde. Denn laut einer Vorschrift aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch müsse, wenn die Eltern beide das Sorgerecht besäßen und sich nicht einigen könnten, ein Familiengericht die Entscheidung treffen.

"Erfreulich ist das alles nicht, und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen benötigen unsere Gerichte eigentlich auch nicht. Die haben auch so schon genug zu tun", so Jutta Wagner.

Auch Pläne des Bundesjustizministeriums, wonach unverheiratete Eltern von Geburt des Kindes an das gemeinsame Sorgerecht erhalten sollen, hält Wagner für realitätsfern, da zum Beispiel viele uneheliche Kinder "Zufallsbegegnungen entstammen, bei denen man sich das gemeinsame Sorgerecht schlecht vorstellen kann".

Für wichtig und richtig halte sie jedoch, was das Bundesverfassungsgericht derzeit als Übergangsregelung empfohlen habe, bis ein entsprechendes Gesetz vom Bundestag verabschiedet werde: Für die Väter müsse es eine Möglichkeit geben, die Entscheidung der Mutter gegen das gemeinsame Sorgerecht auf rechtlichem Weg überprüfen zu lassen. Die bisherige gesetzliche Regelung sei dort "unvollständig", so Wagner.

Sie können das vollständige Gespräch mindestens bis zum 3.1.2011 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.


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