Die Rosa-Luxemburg-Stiftung zeigt die Arbeiten von Brian Stauffer erstmals in Deutschland. Die Ausstellung ist noch bis zum 26. August 2022 zu sehen.
Den Mächtigen die Wahrheit sagen

Der Künstler Brian Stauffer ist in Deutschland bisher wenig bekannt, obwohl seine Illustrationen seit Jahren die Titelbilder des "Spiegel" und des "New Yorker" schmücken. Nun ist in Berlin eine Werkschau seiner hochpolitischen Arbeiten zu sehen.
Brian Stauffers Kunst ist plakativ. Die Rosa-Luxemburg-Stiftung in Berlin zeigt 48 seiner Bilder in einer Werkschau. Zu sehen sind Plakate sowie Titelbilder von Zeitschriften und Magazinen in etwa 80 mal 120 Zentimetern Größe. Stauffer ist ein sozial engagierter Künstler, seine Arbeiten widmen sich gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten, Gewalt, Intoleranz, Rassismus und Machtmissbrauch.
Einige Beispiele: am unteren Bildrand ein schwarz-stilisierter Mensch, vor ihm ein wackliges Klettergerüst aus Stäben wie bei einem Mikado-Spiel. Es führt hinauf zu einer kleinen Wahlkabine. Der Titel: „Undemokratische Bestrebungen, Minderheiten das Wahlrecht zu verweigern“. Oder, wiederum stilisiert: Zwei Männer, die sich trotz einer Gitterwand zu umarmen suchen. Der Titel: „Antihomosexuelle Aktivisten nutzen das Einwanderungsgesetz, um Paare zu trennen“.
Auseinandersetzung mit Donald Trump
"Es hat sich während und infolge der Regierungszeit von Donald Trump vieles verändert, was uns an Werten heilig war", sagt Stauffer. "Fundamentale Rechte zum Beispiel - davon ging vieles verloren bei Trump."
Der Illustrator fand das deprimierend und musste aus seiner Wut etwas machen, beispielsweise das Titelbild des US-Magazins "New Yorker" mit Donald Trump, der eine Corona-Maske über den Augen trägt. Es ist ein Kommentar zur Coronapolitik des Ex-Präsidenten.
"Das hatte dann für mich wirklich so eine kathartische Wirkung, etwas Befreiendes und vielleicht auch für andere, die jenseits der sozialen Medien keine Stimme haben. Das verbindet."

Die Arbeiten des Illustrators Brian Stauffer sind erstmals in einer Werkschau in Deutschland zu sehen. © Rosa Luxemburg Stiftung
Stauffers Bilder vertrauen auf die Assoziationskraft des Betrachters, ihre Botschaften vermitteln sich klar. Krieg und Frieden sind häufige Themen, etwa „Schwerter zu Pflugscharen“: Unterschiedliche Waffen fliegen auf einen Punkt am unteren Bildrand zu. Aus dem Punkt wird ein Pflug, davor ein gebeugter Mann, der versucht, die schwere Waffenlast in die Erde einzupflügen. Oder „Russland fällt in die Ukraine ein“. Eine Friedenstaube im senkrechten Sturzflug, in beiden Flügeln stecken rote Raketen.
Der russische Überfall machte auch Stauffer fassungslos, eines seiner Bilder dazu machte der „Spiegel“ am 11. März zur Titelseite. Sie zeigt einen stilisierten Putin-Kopf, angefüllt von einem Waffenarsenal mit Gewehren, Panzern und Raketen.
Das Innenleben von Putins Kopf
"Es war so frustrierend, mit der russischen Invasion genau die Erfahrung noch einmal zu machen, die wir schon mit Trump gemacht hatte", sagt der Künstler. "Dass da jemand sich als Befreier ausgibt und genau das Gegenteil davon tut. Mein Bild zeigt, was wirklich in Putins Kopf ist, zeigt was er wirklich ist."
Er habe dafür das offizielle Putin-Foto des Kremls verwendet, so Stauffer. "Interessant ist, dass einen Tag, nachdem der 'Spiegel' mit meinem Titelbild erschienen war, dieses offizielle Foto auf der Seite des Kreml in den USA nicht mehr zugänglich war, obwohl es natürlich online an anderer Stelle immer zu finden war."
Das habe ihn gefreut, dass der Kreml offenbar auf seine Arbeit reagierte. Es gehe ihm darum, den „Mächtigen die Wahrheit zu sagen“ - zumal im Fall eines Wladimir Putin.
Er sei wichtig, sich klarzumachen, dass Putin von Menschen umgeben sei, die ihm sagten, was er hören und glauben wolle. "Er zeigt sich seit Jahren in Bildern, die ihn in konstruierten, heldenhaften Posen zeigen", so der Illustrator. "Umso wichtiger war es mir, dem etwas entgegenzusetzen, eine andere Wahrheit als die, in der er sich sieht."
Vorbilder und Parallelen
Als eines seiner Vorbilder nennt Stauffer den deutschen Grafiker Helmut Herzfeld, der sich 1916 aus Protest gegen den deutschen Nationalismus John Heartfield nannte. Der Kurator der Ausstellung, Gert Gampe, sieht aber noch andere Parallelen.
Stauffer habe Fähigkeiten des britischen Streetart-Künstlers Banksy: "Er beruft sich immer auf Heartfield, aber er hat viel mehr mit Banksy gemeinsam, der das auch schafft, relativ minimalistisch zugespitzt einen Konflikt darzustellen und gleichzeitig seine persönliche Haltung damit zu demonstrieren."