"Ikea ist ein Lebensgefühl"

Moderation: Maike Albath · 31.08.2006
Nach Ansicht des Architekturkritikers Nikolaus Bernau wird die Schmiergeldaffäre dem Möbelhaus Ikea geschäftlich nicht schaden. Auch in der Vergangenheit habe das Unternehmen mit Kinderarbeit oder mit Verstrickungen des Firmengründers in der Nazi-Zeit negative Schlagzeilen gehabt, sagte Bernau. Der Erfolg basiere darauf, dass Ikea sich zu einem Lebensgefühl entwickelt habe.
Auszüge aus dem Gespräch:

Maike Albath: Ob Billy-Regale oder Ivar – wer Ikea-Möbel kauft, kauft nicht nur Möbel, sondern auch eine Lebenshaltung. Das zumindest wird in den Katalogen behauptet. Der neue Ikea-Katalog wurde jetzt in 35 Ländern ausgeliefert, allein in deutschen Haushalten landeten 31 Millionen Exemplare. Gleichzeitig machen dem Unternehmen Korruptionsvorwürfe zu schaffen. Herr Bernau, wie viel Ikea-Möbel haben denn Sie bei sich zu Hause?

Nikolaus Bernau: Einige auf jeden Fall. Das Bett, einiges an Geschirr und auch ein paar Messer. Und wenn ich das richtig sehe, befinde ich mich damit wahrscheinlich im Durchschnitt der bundesdeutschen Bevölkerung. Ich wage die Behauptung, dass es nicht einen einzigen Haushalt gibt in Deutschland, der nicht entweder irgendwann mal Ikea-Möbel hatte oder nicht irgendwo doch wenigstens ein Glas stehen hat oder ein Teelämpchen oder sonst irgendetwas.

Albath: Niemand entkommt Ikea nach ihrer These. Ikea überall. Es gibt in der Tat Umsatzsteigerungen von elf Prozent, aber eben auch diesen Korruptionsskandal. Haben Sie denn den Eindruck, dass das irgendetwas am Image ändert, kratzt das am Image?

Bernau: Nein, mit Sicherheit überhaupt gar nicht. Und zwar aus dem einfachen Grund, dass das Image von Ikea schon immer große Probleme gehabt hätte, wenn man mal genau nachgeguckt hat. Ingvar Kamprad, der Gründer von Ikea, hat eine äußerst schillernde Vergangenheit mit extrem engen Verflechtungen zur schwedischen Nazi-Szene gehabt. Das hat Ikea überhaupt nicht daran gehindert, vor allem in linken Kreisen sehr beliebt zu werden.

Ikea hat immer, zumindest in den 70er und 80er Jahren, sehr viel davon profitiert, dass es Kinderarbeit gab und dass Kinderarbeit in den westlichen Industrienationen noch nicht verpönt war. Das hat denen überhaupt nicht geschadet, als es dann verpönt wurde und Ikea das auch weitergemacht hat. Heute haben sie da eine ganz strenge Politik eingeführt und rühmen sich dessen, aber das haben sie jahrelang eben nicht gemacht. Und sie haben zum Beispiel sehr eng zusammengearbeitet mit der DDR. Sie haben damit natürlich direkt beigetragen zur Stützung der DDR. Ich erinnere mich nicht, dass das irgendwann mal kritisiert wurde. Ikea ist ein Lebensgefühl und verkauft das auch. Deutschland ist der wichtigste Markt und in Deutschland gibt es ein Vertrauen darin, dass die Schweden das schon richtig machen.

Das gesamte Gespräch mit Nikolaus Bernau können Sie für begrenzte Zeit in unserm Audio-on-Demand-Angebot nachhören.