Iffland-Nachlass

Niemand fühlte sich zuständig

Die Grabstätte des Dramatikers, Schauspielers und Regisseurs August Wilhelm Iffland (1759-1814) ist saniert. Das Grab liegt auf dem Friedhof nahe dem Halleschen Tor in Berlin
Grabstätte des Dramatikers, Schauspielers und Regisseurs August Wilhelm Iffland in Berlin © picture alliance / dpa / Martin Förster
Von Jürgen König · 07.01.2014
Plötzlich sind sie wieder da: Über 6000 Schriftstücke des legendären Theatermachers in Preußen, August Wilhelm Iffland. Die Sammlung umfasst seine Korrespondenz. Nach dem Zweiten Weltkrieg galt sie lange als verschollen.
Zunächst gehörte es zu den Beständen der Preußischen Staatstheater, die nach dem 1. Weltkrieg ein Theatermuseum gründeten, im "Intendanzgebäude" wurde der Iffland-Nachlass wohl aufbewahrt; vermutlich ohne Bestandsaufnahme. 1937 zog man mit dem Museum ins Berliner Schloss um; kurz vor Kriegsende wurden die Bestände in großer Eile ausgelagert, um sie vor Bombenangriffen zu schützen: protokolliert wurden diese Auslagerungen ebensowenig wie nach dem Krieg die Bergungsarbeiten. Da das Theatermuseum als Teil der Preußischen Staatstheater keinen wirklichen Rechtsnachfolger hatte, fühlte sich – vermutlich – auch für das "Korrespondenzarchiv" niemand wirklich zuständig.
Teile der Museumssammlung landen in der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, was im Ostsektor gefunden wird, bekommt zunächst die Staatsoper Unter den Linden, von dort geht es ins Archiv der Akademie der Künste der DDR. Einer ihrer Mitarbeiter ist von den 50er- bis zu den 70er-Jahren der Theaterwissenschaftler Hugo Fetting. Aus einer Untersuchung, die die Akademie der Künste 2013 anstellte und aus der die FAZ in ihrer heutigen Ausgabe zitiert, geht hervor, dass Hugo Fetting 1953 die Herausgabe von Ifflands Schriften vorbereitete. Und: dass die Akademie 1954 das Archiv der Staatsoper übernahm, dieses aber in den "Akten der Akademie später nie mehr erwähnt" wurde.
Strafanzeige gegen Unbekannt
Gegenüber der Süddeutschen Zeitung gab Hugo Fetting an, die "Korrespondenzbände" im Mai oder Juni 1953 auf einer "Müllhalde an der Berliner Oberwallstraße" gefunden zu haben. 2010 versuchte Hugo Fetting, seine Iffland-Sammlung der Akademie der Künste zu verkaufen. Dort hatte man etwa aufgrund von Besitzstempeln der Akademie den Eindruck, Teile der Sammlung würden ihr bereits gehören, lehnte den Ankauf ab, bot stattdessen einen "Finderlohn" – hatte doch Hugo Fetting laut FAZ angegeben, "den Nachlass vor Vernichtung gerettet zu haben, als ein Gebäude der Staatsoper, in deren Besitz die Bände waren, abgerissen wurde".
Diesen Finderlohn lehnte wiederum Hugo Fetting ab und verkaufte die Sammlung stattdessen an das eingangs genannte Wiener Antiquariat Inlibris – nach eigenen Angaben für 50.000 Euro. Doch dann wurde man in Wien skeptisch, setzte sich mit der Berliner Akademie in Verbindung – und einigte sich auf diese Regelung: alles, was den Besitzstempel der Akademie trägt, wird der Akademie überlassen; da sie aber ihr Eigentumsrecht am Iffland-Nachlass nicht nachweisen kann, wird dieses dem Antiquariat Inlibris zuerkannt.
Mit dieser schon unterschriebenen Vereinbarung wollte sich wiederum die Kulturverwaltung des Berliner Senats nicht abfinden. Sie bat das Wiener Antiquariat, auf den Verkauf vorerst zu verzichten – und erstattete "Strafanzeige gegen Unbekannt sowie insbesondere gegen Herrn Dr. Hugo Fetting wegen aller in Betracht kommender Delikte".
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